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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1
Autoren: Elin Hirvi
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alten Karrengaul an, als würde sie ihn verfolgen. Ein letzter Blick über die Schulter sagte ihm, dass sie noch genauso dastand, wie er sie zurückgelassen hatte. Dann versperrte ihm eine Häuserecke das Blickfeld.
     
    Sie fühlte sich plötzlich einsam, während die Leute auf sie zu drängten und an ihr vorbei und ihre Gesichter waren wie aus einem Fiebertraum, unendlich viele. Alle schienen ein Ziel zu haben. An ihrem Bein gewahrte sie auf einmal eine Bewegung und etwas Warmes, Felliges streifte sie. Als sie herunterschaute, entdeckte sie eine magere Katze mit schmutzigem Pelz, die an ihrem Bein entlang strich. Behutsam nahm das Mädchen das Tier in seinen Arm und ging damit durch die Menge bis zu einer Hauswand. Dort setzte es sich hin und streichelte die Katze. Diese begann zu schnurren und sah es aus ihren grünen Augen an. Sie funkelten und waren so lebendig und ehrlich. Das gab dem Kind Trost und die Wärme des Tieres verdrängte ein bisschen die eisige Kälte in seinem Inneren. Es fühlte sich etwas weniger alleine. Lange saßen sie einfach so da, das schmutzige kleine Mädchen und die verfilzte Katze.
    Bis eine große Gestalt einen Schatten auf sie warf. Der Mann ragte hoch über den beiden Augenpaaren auf, das eine gleichgültig und das andere gereizt und bereit, sich wild zu verteidigen. Er entblößte seine schlechten Zähne und grinste.
    "Na, das ist ja eine schöne Überraschung", sagte er mehr zu sich. "Die Kleine bringt sicher einen guten Preis ein."
    Grob packte er das Mädchen am Arm, ohne sich um die zischende und fauchende Katze zu kümmern. Als das Tier ihn ansprang und kratzte, packte er es und schleuderte es auf den Boden, wo er ihm dann noch einen kräftigen Tritt verpasste, so dass es ein Stück weg taumelte und reglos liegen blieb. Das Kind wandte den Blick nicht von der Katze, während es davon gezerrt wurde. Aber obwohl seine Augen sie nicht losließen, vergrößerte sich der Abstand zwischen ihnen. Bald schon waren sie mitten im Gedränge und so sah es nicht mehr, wie die Katze sich kurz darauf wieder zu bewegen begann und mühsam davon humpelte.
     
    Der Mann trieb das Mädchen unbarmherzig weiter durch die verwinkelten Straßensysteme, ohne auf dessen Erschöpfung zu achten. Eine überfüllte Straße folgte auf die andere, der Himmel wurde von den hohen, grauen Häusern verdeckt. Die Viertel wurden immer ärmlicher, schmutziger und verrufener, das Gesindel auf den Gassen immer unflätiger. Hier lebte größtenteils nur der sogenannte Abschaum der Stadt, die Ärmsten der Armen. In einer der dunklen Seitengassen sah man mehrere schattenhafte Gestalten, die auf eine weitere einprügelten, die am Boden lag. Es kümmerte keinen der Menschen hier, so etwas geschah jeden Tag. Das kleine Mädchen wurde kurz aus seiner Gleichgültigkeit aufgeschreckt und beobachtete das Geschehen mit Entsetzen. Sein Körper durchlief ein Zittern. Der Mann hatte dafür kein Verständnis und verpasste dem Kind einen derben Stoß, so dass es nach vorne umfiel. Er riss es wieder hoch. Die Miene des kleinen Geschöpfes war wieder so leer wie zuvor. Seine Nase blutete und seine Hände waren verletzt. Nach endlosem Fußmarsch erreichten sie schließlich ein zweistöckiges, vielleicht ehemals schönes Haus, das jetzt aber kaum mehr als eine Ruine war. Von Schönheit sah man nichts mehr, die Wände waren schmutzig und verwittert. Als der Mann lautstark gegen die Tür gepocht hatte, wurde diese nach einiger Zeit geöffnet und eine alte, dicke Frau sah heraus.
    "Ach , du schon wieder", war ihre begeisterte Begrüßung.
    Sie hatte eine näselnde Stimme und strähnige, graue Haare. Aus ihren kleinen Schweinsäuglein begutachtete sie das Kind wie eine Ware auf dem Markt.
    "Sieht ganz ordentlich aus. Also, dann gib' mal das Geld."
    Der Mann zählte sorgfältig ein paar Münzen ab und gab sie der Frau.
    "Zu wenig ", maulte diese.
    "Den Rest gibt's später, wenn du deine Arbeit gemacht hast und ich das Ergebnis sehe. Hoffentlich macht die Kleine die Wucherpreise bei dir wieder wett."
    Die Alte schimpfte und packte dann den Arm des Mädchens, um sie durch den Eingang zu ziehen. Ihre Hand war schwammig und feucht, aber die Kleine bemerkte es kaum. Drinnen roch es muffig und im Halbdunkel standen abgewetzte Möbel stücke herum: Stühle, ein paar Tische, Bänke mit Decken darauf. Das Mädchen wurde eine knarrende Treppe hoch und in ein Zimmer gebracht, in dem es beißend nach Schweiß roch. Es gab nur ein winziges Fenster,
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