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Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Titel: Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
Autoren: Frank Herbert
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Augen sichtbar – in Bene Gesserit-Kurzschrift auf die Tischplatte projiziert wurde.
    »Darwi Odrade«, identifizierte das Schriftbild die stehende Frau, und dann in Stichworten ihre Biografie, die Taraza bereits in allen Einzelheiten kannte. Die Platte diente mehreren Zwecken: sie versorgte die Mutter Oberin mit sicheren Informationen und erlaubte ihr hin und wieder einen Aufschub zum Nachdenken, während sie vorgab, irgendwelche Unterlagen zu überprüfen. Außerdem war sie eine Art letzter Instanz, sollte sich aus diesem Gespräch etwas Negatives entwickeln.
    Odrade hatte im Auftrag der Bene Gesserit neunzehn Kinder geboren, sah Taraza, als die Fakten vor ihren Augen dahinrollten. Jedes Kind hatte einen anderen Vater. Daran war zwar nicht viel Ungewöhnliches, aber selbst der forschendste Blick konnte erkennen, daß dieser für die Schwesternschaft lebensnotwendige Dienst ihrer Figur nicht geschadet hatte. Ihre Gesichtszüge vermittelten eine natürliche Nasen- und Wangenknochenhöhe. Sie hatte ein schmales Kinn, und ihre Lippen waren voll. Sie deuteten eine Leidenschaftlichkeit an, die sie sorgfältig zu zügeln wußte.
    Auf die Gene der Atreides kann man sich ganz und gar verlassen, dachte Taraza.
    Hinter Odrade flatterte ein Vorhang, und sie warf einen kurzen Blick darauf. Sie befanden sich in Tarazas Morgenraum, einem kleinen, elegant möblierten Zimmer, das in grünen Farben gehalten war. Nur das leuchtende Weiß von Tarazas Sitzgelegenheit hob sie vom Hintergrund ab. Die abgerundeten Fenster des Zimmers blickten nach Osten. Dahinter breitete sich ein Garten mit einem Rasen aus, und den Hintergrund bildeten die weit entfernten, schneebedeckten Gipfel der Berge der Domstiftwelt.
    Ohne aufzuschauen sagte Taraza: »Ich habe mich gefreut, als ihr, Lucilla und du, zusagtet. Es erleichtert mir meine Aufgabe sehr.«
    »Ich hätte diese Lucilla gerne kennengelernt«, sagte Odrade und sah auf Tarazas Kopf hinab. Ihre Stimme klang nach einem weichen Alt.
    Taraza räusperte sich. »Dazu lag kein Grund vor. Lucilla gehört zu unseren besten Instruktorinnen. Ihr habt natürlich beide eine identische Liberalkonditionierung erhalten, damit ihr auf alles vorbereitet seid.«
    Es war etwas beinahe Beleidigendes in Tarazas beiläufigem Tonfall, und es war nur der Gewohnheit der langen Verbindung zu verdanken, daß Odrades plötzlicher Verdruß verschwand. Es war vor allem das Wort ›liberal‹, wurde ihr klar. Nachkommen des Atreides rebellierten sofort, wenn sie es hörten. Als wären ihre gespeicherten weiblichen Erinnerungen gegenüber den unbewußten Annahmen und unerforschten Vorurteilen, die dieser Begriff verdeckte, ausfallend geworden.
    »Nur liberale Menschen denken wirklich. Nur liberal denkende Menschen sind Geistesmenschen. Nur liberal denkende Menschen verstehen die Bedürfnisse ihrer Gefährten.«
    Wieviel Gemeinheit lag in diesem Wort verborgen, dachte Odrade. Wieviel geheime Ichbezogenheit, die danach verlangte, sich über andere erhaben zu fühlen.
    Odrade erinnerte sich daran, daß Taraza dieses Wort trotz ihres beiläufig beleidigenden Tonfalls lediglich im Sinne von ›aufgeschlossen‹ verwendet hatte. Lucillas Allgemeinerziehung war sorgfältig der Odrades angepaßt worden.
    Taraza lehnte sich zurück. Sie nahm eine bequemere Position ein, hielt jedoch den Blick auf die vor ihr liegende Platte gerichtet. Das Licht aus den östlichen Fenstern fiel direkt auf ihr Gesicht und ließ unter Nase und Kinn Schatten entstehen. Obwohl sie kleiner und nur wenig älter war als Odrade, hatte auch Taraza sich einen Großteil jener Schönheit bewahrt, die sie zu einer sehr begehrten Partnerin schwieriger Herren machte. Ihr Gesicht war ein langes Oval mit sanft geschwungenen Wangen. Sie trug das schwarze Haar glatt nach hinten gekämmt und hatte eine hohe Stirn. Tarazas Mund öffnete sich, wenn sie redete, nur minimal: Sie war eine Meisterin der kontrollierten Bewegung. Wer sie ansah, konzentrierte sich unweigerlich auf ihre Augen. Sie waren völlig blau und erzeugten den Effekt, als trüge sie eine glatte Gesichtsmaske, die ihre wahren Gefühle vollständig verbarg.
    Odrade durchschaute die gegenwärtige Pose der Mutter Oberin. Gleich würde sie vor sich hinmurmeln. Und tatsächlich, wie auf ein Stichwort hin, fing Taraza damit an.
    Während die Mutter Oberin mit äußerster Sorgfalt Odrades Biografie verfolgte, dachte sie nach. Viele Dinge beschäftigten ihre Aufmerksamkeit.
    Für Odrade war dies ein beruhigender
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