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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise
Autoren: Manfred Rebhandl
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Idee!“
    Das alles klang verdammt nach Hausfrauentratsch, den er mir da auftischte. Ich wollte damit also wirklich nichts zu tun haben, sagte dann aber, kurz bevor ich auflegen wollte, doch noch genau das Gegenteil, weil ich wieder an diese verdammte Nacktbar denken musste: „Also gut, dann komm doch einfach am Nachmittag bei mir vorbei und wir besprechen das alles in Ruhe, jetzt muss ich nämlich hinunter zu Lemmy, dem hab ich versprochen, dass ich ihn zur Samenspende in die Klinik bringe.“
    Da fragte Ku: „Kriegt der Freak denn überhaupt noch einen hoch?“
    Und ich sagte: „Aber das ist doch gerade das Spannende!“
    ***
    Mein Kumpel Lemmy hatte am Wiener Brunnenmarkt in einem Souterrain-Laden seinen Drogengroßvertrieb Quattro Stazzione untergebracht, getarnt als Plattenladen und benannt immer noch nach einer Pizzeria, die da früher mal drinnen gewesen war. Und ich wohnte oberhalb in einer Bude, die er mir vermietete, denn das ganze Haus gehörte mittlerweile ihm.
    Ich hatte ihm das Versprechen, ihn zur Samenspende zu bringen, natürlich nicht ganz freiwillig gegeben, vielmehr war es das Ergebnis einer langen, von Schnaps und Drogen und wilden Vorwürfen durchtränkten Session gewesen, während der er mich wieder mal daran erinnert hatte, dass ich mit der Miete schon seit Jahren im Rückstand war und ich halt dann schauen müsste, wie ich bis Weihnachten noch einen neuen Stall finden würde, wenn ich ihn dort nicht hinbringe, man kennt das ja aus der Zeitung:
    S KANDAL! V OR W EIHNACHTEN DELOGIERT!
    Mit seinem Vermieter sollte man aber besser nicht spaßen, also hatte ich mich breitschlagen lassen, meinen Winterschlaf für einen kurzen Ausflug zu unterbrechen. Wie ein verdammter Star wollte er dort hingebracht werden, nur weil er mittlerweile 800facher Vater oder so was war. In der Klinik holte er sich dann einen runter, während ich wartete, und kriegte dafür einen Schokoriegel und 30 Eier cash in die Hand gedrückt, das war’s.
    Aber Lemmy machte das natürlich nicht wegen dem Schokoriegel, und er machte es erst recht nicht wegen dem Spaß, denn so lange, wie das bei ihm dauerte, bis er endlich einen stehen hatte, konnte das gar keinen Spaß machen. Oft genug war er danach ganz wund an seinem Spätzchen, und manchmal blutete er sogar, und zuhause im Bett kann man, das lehrt die Erfahrung, wesentlich angenehmer wichsen, wenn man es darauf anlegt. Es sprach also nichts dafür, es dort zu machen, außer man hatte das Gefühl, einen Auftrag erledigen zu müssen, so wie das bei Lemmy der Fall war, so eine Art Mission. Irgendwann war ihm nämlich das insgesamt Sinnlose in seinem Leben aufgefallen, denn das einzig Sinnvolle war die Produktion seiner Drogen und der anschließende Verkauf derselben, aber das nahm nur einen Bruchteil seiner Zeit in Anspruch, den Rest seines Lebens vertrödelte er zugedröhnt auf einer kaputten Couch liegend vor dem Fernseher. Das ist zwar irgendwie cool, solange man noch jung ist und es darauf anlegt, dem lieben Herrgott den Tag zu stehlen, aber es wird natürlich umso deprimierender, je älter man ist und je unfreiwilliger man auf der Couch liegt. Also fing Lemmy irgendwann an, aus Langeweile auf seiner Couch an sich herumzuspielen, und dabei musste ihm aufgefallen sein, dass da vorne bei seinem Lümmel etwas herauskam. Einer seiner verlausten Kunden erzählte ihm dann, dass man sich mit Wichsen in der Klinik Springflower ein kleines Zubrot verdienen konnte, weil die Chinesen für Spitzensamen mittlerweile Höchstpreise bezahlten. Und heute ist Lemmy dort einer der handverlesenen Premium-Spender, und wäre er ein Zuchtstier auf einer Landwirtschaftsmesse, dann würde ich ihn regelmäßig mit Schleifen an seinen Hörnern und goldenen Glocken um seinen Hals als Sieger nach Hause schleppen.
    Mein Lemmy!
    Trotzdem fragte ich mich natürlich jedes Mal: Geht’s nicht auch morgen?
    Das ist der Lieblingssatz aller Faulenzer und Depressiven, und ich war so was wie der König von denen.
    Aber morgen würde bei Lemmy natürlich leider gar nichts mehr gehen, denn das weiße Gold musste ja auch heraus aus seinem Rohr, und deswegen schluckte er seit Wochen Unmengen von Viagra und Vitamintabletten, um rechtzeitig einen hochzukriegen, pünktlich um 13 Uhr sollte die Rakete heute stehen, ein paar Minuten später sollte sie zünden, und dann Nirwana.
    Ich hüpfte also aus den Federn, zog mir passend zur grauen Jogginghose schnell den grauen Kapuzensweater über und wickelte mir ein weißes
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