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Duenne Haut - Kriminalroman

Duenne Haut - Kriminalroman

Titel: Duenne Haut - Kriminalroman
Autoren: Franz Kabelka
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ausgebremst hat, ausgebremst ohne zu bremsen, haha, und wie die leeren Bierflaschen dabei einen Tanz aufführen in ihrer Kiste und greller noch klingen als die Stimmen von Maurice und Barry Gibb.
    Keine zwanzig Meter weiter bremst der BMW dann doch, um seitlich einzuparken. Der Fahrer grinst noch immer, als Hagen fast auf gleicher Höhe ist mit ihm, quatscht noch immer in sein dämliches Handy:
alles klar, Angie-Baby, alles klar
. Und Angies Lover, Sohn eines betuchten Feldkircher Rechtsanwalts, wird die nächsten paar Sekunden hilflos mit ansehen müssen, wie die Hand des ausgebremsten Opas hinter sich in die Biersteige langt und eine Flasche herauszieht, eine leere Bierflasche Marke Mohrenbräu, die, das gibt es ja gar nicht, in hohem Bogen auf seinem Autodach landet, dort eine beträchtliche Beule hinterlässt, wieder abspringt und schließlich – wundersamerweise ohne zu zersplittern – auf der Straße landet. Muss sich anhören, wie nun der Radfahrer seinerseits lacht, ein irres Lachen, wie der junge Mann später zu Protokoll geben wird, nie hätte er sich gedacht, dass ausgerechnet ein Polizist zu so etwas imstande sein könnte! Die Delle im Autodach sei ja zu verschmerzen, aber der Schock! Man stelle sich vor, wenn er in diesem Stress nicht seine Nerven im Zaum gehalten hätte! Aber eine Genugtuung, das wird er später einmal Angie oder ihrer Nachfolgerin erzählen, eine echte Genugtuung sei es ihm schon gewesen, dass der oberste Chef des Landeskriminalamts ihn persönlich gebeten habe, über dieses Vorkommnis Stillschweigen zu bewahren. Was er auch versprochen habe, als ihm versichert wurde, das Schweigen und ein außergerichtlicher Vergleich sollten sein Schaden nicht sein.
    *
    „In Anbetracht der Tatsache, dass so etwas das erste Mal vorgekommen ist“, sagt Major Ender jetzt schon zum dritten Mal. „Und angesichts Ihrer unglückseligen familiären Umstände im Vorfeld …“
    Hartmann, der Polizeipsychologe, übt sich im Dauernicken. Auch er ist peinlich berührt. Über einen Gruppenleiter, der schon doppelt so lange im Polizeidienst tätig ist wie er, ein psychologisches Gutachten erstellen zu müssen, ist weder alltäglich noch lustig. Wenigstens sind in den zwei langen Gesprächen mit Hagen genügend außergewöhnliche Stressmomente ans Tageslicht gekommen, die es angebracht erscheinen lassen,
die Sache
nicht aufzubauschen. Der Chefinspektor zeigt sich zudem einsichtig und verzichtet gegenüber seinem Vorgesetzten auf jede Rechtfertigung. Ausgerastet sei er eben, unentschuldbar, er wolle das gar nicht kleinreden. Und wenn man deshalb sein Ausscheiden aus dem Dienst verlange, werde er sich nicht dagegen sperren.
    „Aber ich bitte Sie!“ Der Major klingt für einmal fast ehrlich. „Wegen einer solchen Lappalie werden wir nicht einen verdienten Mann wie Sie … Das hätte gerade noch gefehlt. In Wien steht derzeit die halbe Führungsebene der Kripo vor Gericht, täglich werden neue Schandtaten der Polizei in den Medien breitgetreten. Angebliche, versteht sich, zu neunundneunzig Prozent pure Erfindung! Aber etwas bleibt ja immer an einem hängen, der verdächtigt wird, wer wüsste das besser als unsereins. Jedenfalls können wir da kein zusätzliches Theater brauchen. Wir stehen selbstverständlich voll hinter Ihnen, Herr Kollege. Aber ein bisschen werden Sie uns schon entgegenkommen müssen.“
    Schweigen im Raum. Düsteres Harren der Bedingungen. Aus dem Munde eines Vorgesetzten, der ihm nie besonders grün war. Wenn ihn Malin nicht protegiert hätte, aus Sympathie zu seinem verstorbenen Vater, Hagen hätte nicht einmal den Gruppenleiterposten bekommen damals, vor mittlerweile sechs Jahren. Aber vielleicht wäre das auch gescheiter gewesen so.
    „Kennen Sie eine gute Klinik, in die Sie sich für eine Weile … zurückziehen können?“
    „Eine Klinik? Zurückziehen? Wozu denn das?“
    Ender versucht sich nun in einem väterlichen Ton, was angesichts der knapp fünf Jahre, die der Major älter ist als Hagen, ein wenig eigen anmutet.
    „Ja, mein lieber Hagen, im Leben eines jeden Polizisten, der wie Sie tagaus, tagein mit den Schattenseiten des menschlichen Daseins befasst ist, gibt es einmal einen Zeitpunkt, wo die persönlichen Ressourcen erschöpft sind. Nein, schütteln Sie nicht den Kopf: Sie stehen seit Jahr und Tag an der Front, und jeder Soldat braucht einmal Fronturlaub, so viel ist sicher. Gönnen Sie sich ein paar Seelenmassagen, Sie werden sehen, wie gut Ihnen das tut. Und danach
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