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Duenne Haut - Kriminalroman

Duenne Haut - Kriminalroman

Titel: Duenne Haut - Kriminalroman
Autoren: Franz Kabelka
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Nichts Außergewöhnliches, die Klinik liegt ja nah genug am Waldrand. Auch die Natur sagt mir, ich sollte mich fürchten, denkt er. Wieso kann ich mich nicht einfach fürchten?
    Das Stanley in ihrer Rechten zittert nicht im Mindesten, als sie die Klinge noch ein Stück weiter ausfährt.

2 D IE S ACHE
    Es herbstelt, ohne Zweifel. Von den Bergen winkt bereits der erste Schnee, der Dornbirner Marktplatz aber strotzt noch vor satten, fast südländischen Farben: das Rote Haus röter noch als gewöhnlich, dahinter die Gelb- und Ockertöne der Kastanienbäume, rechts das bunte Giebelmosaik von St. Martin und der grüne Spitzhelm des Ostturms, der sich in den tiefblauen Himmel bohrt. Alles in allem ein scharfer Kontrast zu Hagens Gemütsverfassung und Grund genug, um erstmals seit Monaten Zeitausgleich in Anspruch zu nehmen. Ein kurzer Anruf im Landeskriminalamt, und Punkt vierzehn Uhr ist der Arbeitstag für den Chefinspektor ad acta gelegt.
    „Tuas gnüßa“, hat ihm Claudia, die Sekretärin des Majors, gewünscht, „ab morn ischt eh Reaga agset.“ Er klopft sich auf die Schulter: Endlich, endlich hat er sich einmal überwunden und seiner Lust nachgegeben – seiner Unlust, genau genommen. Sollen doch Gfader und Winder den restlichen Zeugen der Messerstecherei in Hatlerdorf hinterherhecheln! PKK-Anhänger gegen Graue Wölfe, das alte Lied.
    Auf dem Weg zum Parkplatz lässt ihn ein Geruch schwach werden: Maroni! Er gönnt sich ein Viertelkilo, dabei hat er doch eben erst ein dreigängiges Menü vertilgt. Aber wie willst du dich wehren gegen den Duft der Maroni, der herüberströmt aus jener verflossenen Zeit, als geröstete Kastanien, verpackt in einer schlichten Tüte aus Zeitungspapier, den Gipfel kindlicher Glückseligkeit darstellten?
    Die Tüte ist noch nicht zerknüllt, da ist es mit der nostalgischen Wonne schon wieder vorbei. Ein Schalensplitter, der sich beim Schälen unter seinem Fingernagel verspießt hat, nervt Hagen ebenso wie die Tatsache, nicht recht zu wissen, wozu er sich eigentlich freigenommen hat. Er pickt ein Strafmandat von der Windschutzscheibe, das zweite in dieser Woche, und zerknüllt es. Rast auf der A14 heim nach Levis, wirft sich auf die Couch, studiert die Fernsehzeitung. Vergeblich: Unter zig Programmen keine einzige Sendung, die einen reizen würde, auf den Knopf zu drücken. Außerdem muss er nach einem Blick in die Speisekammer erkennen, mit vergorenem Hopfen und Malz nicht mehr ausreichend gerüstet zu sein, um idiotische TV-Shows um fünf bis sechs Prozent erträglicher zu gestalten. Also wieder auf, Hagen, keine Müdigkeit vorschützen! Er holt das Fahrrad aus der Garage und packt die Kiste mit den leeren Bierflaschen hinten drauf.
    Dem üblichen Stau auf der Reichstraße weicht er über die verkehrsberuhigte Mutterstraße am Fuß des Ardetzenbergs aus. In der Wiese blöken ein paar Schafe. Eigentlich wohne ich in einer rechten Idylle, denkt Hagen. Mitten in der Stadt und doch am Land. Es sind große, weiße Schafe, weitaus größere als jene, die er letzten Sommer in Irland gesehen hat, und bedeutend träger. Die unseren könnten sich auf den steilen Pfaden der Twelve Pins kaum halten, nein, sicher nicht, geschweige denn, dass sie über die Moorgräben drüberkämen. Dafür geben sie wahrscheinlich mehr Wolle, sind leichter zu halten, angepasster an die Menschen hierzuländle. Scheiße! Wollte er diese Gedanken nicht streichen, ein für alle Mal – wie alles, was mit der grünen Insel zusammenhängt? Aber wenn doch jedes blöde Schaf es schafft, ihn wieder hineinzureißen; hinein in diesen Graben, diesen Morast, hüfttief gefüllt mit Wasser und Schlamm. Ein Moorbad, von dem absolut keine Heilwirkung ausgeht …
    Aus einer Quergasse sieht er einen blassblauen BMW auftauchen, etwas schnell unterwegs vielleicht, aber er, der Radler, hat ja Vorrang, was soll’s. Die leeren Flaschen hinter ihm veranstalten einen Höllenlärm, man muss sich fast schämen, als Polizist so unterwegs zu sein, sichtbar und hörbar, das nächste Mal wird auch er wie jedermann den Wagen benützen. Der blaue BMW biegt jetzt in seine Straße ein. Verdammt, wieso bremst der nicht? Trotz der getönten Scheiben ist zu erkennen, wie der Fahrer, ein junger Spund, ins Handy spricht, lacht, dazu eine Bee-Gees-Nummer für die ganze Welt, und der Kerl lacht noch immer, während er ihn schneidet, wahrscheinlich schildert er der Tussi am anderen Ende der Leitung gerade, wie er einen Opa auf dem Fahrrad eben ein wenig
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