Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Duenenmord

Duenenmord

Titel: Duenenmord
Autoren: Katharina Peters
Vom Netzwerk:
erinnerte sie sich. Der Gedanke des bunten Treibens in dem düsteren Bauwerk gefiel ihr gut, die zahlreichen Ausstellungen und Projekte, die das Nazi-Machwerk und seine spätere Nutzung beleuchteten, auch.
    »Haben Sie sich vergewissert, dass Ihre Frau den Termin auch tatsächlich wahrgenommen hat?«, hob Romy wieder an.
    »Ja, natürlich. Monika war sogar nur bis circa Viertel nach sechs, halb sieben dort, wie man mir gestern Abend sagte. Die Besprechung war schneller als erwartet beendet …«
    »Können Sie uns einen Ansprechpartner nennen?«
    »Ja, fragen Sie Dieter Keil. Der arbeitet in der Jugendherberge.«
    Romy registrierte, dass Kasper sich den Namen notierte. Einen Moment herrschte Schweigen. »Herr Sänger, ich muss Sie fragen, was Sie gestern Abend gemacht haben und ob es Zeugen dafür gibt.«
    Der Mann nickte müde. »Ich war zu Hause. Gegen sechs kam mein Schachfreund Olaf Leihm – wir treffen uns seit zwanzig Jahren einmal im Monat, manchmal auch zweimal. Um kurz nach acht Uhr ist er wieder aufgebrochen. Ach ja, und meine Tochter Lotte war auch hier.«
    »Ihre Tochter lebt noch bei Ihnen?«
    »Nein, nein.« Sänger schüttelte den Kopf. »Sie studiert in Neubrandenburg und bereitet sich zurzeit auf Prüfungen vor. In ihrem Studentenwohnheim wird gerade renoviert, und ich habe ihr vorgeschlagen, ihr altes Kinderzimmer für ein paar Wochen zu beziehen. Wir haben ja genug Platz hier … und viel Ruhe, und bei all der Lernerei tut ihr die Seeluft gut.«
    »Und wo ist Ihre Tochter jetzt?«
    »Sie schläft noch, es ging ihr gestern nicht gut …«
    Ein Geräusch an der Tür erregte Romys Aufmerksamkeit. Eine junge Frau im Bademantel, die ganz offensichtlich gerade erst aufgestanden war, sah ihnen entgegen. Das dunkle volle Haar war zerwühlt, der Schmollmund leicht geöffnet. Michael Sänger stand auf und eilte zu ihr. Er legte die Arme um sie. »Es ist etwas Fürchterliches passiert«, flüsterte er.
    Romy wandte den Blick ab. Kasper setzte ein fragendes Gesicht auf. »Wir können später noch einmal wieder kommen, oder?«
    Sie standen gleichzeitig auf und verließen das Haus.
    Fine hatte für frischen, starken Kaffee und Honigkuchen vom Blech gesorgt. Es war erst später Vormittag, doch Romy hatte das Gefühl, bereits einen ganzen Tag im Einsatz zu sein. Sie nahm am Besprechungstisch Platz und lauschte Kaspers zusammenfassendem Bericht, den er mit sonorer Stimme vortrug. Max hatte sich mit seinem Laptop dazugesetzt und schrieb die wesentlichen Informationen in einem Memo mit. Wie immer glänzte sein langes, seidiges Haar, als sei es poliert worden. Romy war sicher, dass er den Grundriss der Datenbank, die für diesen Fall in Frage kam, längst im Kopf hatte.
    Obwohl sie sich am Anfang durchaus darüber amüsiert hatte, dass Max seinen Fokus derartig einseitig ausrichtete, und immer wieder verblüfft war, wie er in die Struktureneintauchte, mit deren Hilfe er Informationen sammelte und bündelte, war sie weit davon entfernt, sich lustig über ihn zu machen. Im Kai-Richardt-Fall hatte genau dieser Fokus Sachverhalte zutage gefördert, ohne die sich der entscheidende Zusammenhang gar nicht erst erschlossen hätte. Oder ohne die ihr die folgenschwersten Fragen nicht eingefallen wären. In diesem Team hat jeder seine ganz persönliche Stärke, dachte sie und blickte auf, als Fine ihr einen Teller mit einem üppigen Stück Kuchen unter die Nase hielt. »Iss! Bei der Kälte braucht man was im Magen.«
    Fine war grundsätzlich der Meinung, dass man etwas im Magen brauchte, egal, welche Großwetterlage gerade herrschte, doch Romy hielt es für keine gute Idee, ihr diese Einschätzung unter die Nase zu reiben. Fine mochte es auch nicht, wenn sie aufgrund ihrer großen wuchtigen Gestalt und resoluten Persönlichkeit sowie ihres rotblonden Teints mit einer Wikingerfrau verglichen wurde, obschon sich dieser Eindruck förmlich aufdrängte, nicht nur bei Romy.
    »Wir haben es also mit einem richtig fiesen Gewaltverbrechen zu tun«, resümierte Kasper. »Ich hoffe sehr, dass wir ein paar Hinweise aus der unmittelbaren Umgebung bekommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Buhls Leute eindeutige Täterspuren sichern können, halte ich für ziemlich gering.« Er biss von seinem Kuchen ab. »Die Blutspuren am Strand stammen mit großer Wahrscheinlichkeit vom Opfer.«
    »Lass uns nicht vorgreifen, solange Möller sich nicht gemeldet hat und zudem auch noch unklar ist, welche weiteren Verletzungen sie unter Umständen davongetragen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher