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Du stirbst zuerst

Du stirbst zuerst

Titel: Du stirbst zuerst
Autoren: Dan Wells
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einfällt, die ihre menschliche Familie vermisst. »Denn dies ist mittlerweile ein Teil von euch. Als Geister oder Felder oder was auch immer kanntet ihr keine Emotionen, doch nun erlebt ihr sie. Euer ganzes Volk. Jeder, der sich an einen menschlichen Wirt gebunden hat. Ihr alle seid unter Menschen aufgewachsen und fühlt euch mit uns verbunden.« Ich gehe einen Schritt auf sie zu. »Werden die anderen Ihnen wirklich folgen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist und Sie den Befehl zu unserer Vernichtung geben?«
    Ellie zögert, wieder schwankt der Arm. Ich beobachte sie genau und balle vor Aufregung die Fäuste. Leg die Waffe weg! Sie schüttelt den Kopf.
    »Dafür habe ich keine Zeit«, sagt sie. »Der Killer ist hier. Ich muss mich mit ihm befassen, und ich muss Ihre Flucht verhindern. Was immer es für unseren Plan bedeutet und welche Veränderungen ich auch vornehmen muss … So oder so kann ich Sie nicht am Leben lassen.«
    »Halt!«, rufe ich verwirrt. »Der Wellnesskiller? Als ich die Rufe hörte, dachte ich, es geht um mich.«
    »Sie?«, fragt Ellie. »Sie sind nicht der Killer. Es ist Ihr …«
    Mit einem ohrenbetäubenden Krachen explodiert ihre Brust, das Blut spritzt bis an die Wand. Sie sackt zu Boden und starrt mit leerem Gesicht zur Decke hinauf. Während sie niedersinkt, wabert die glatte Fläche vor ihrem Gesicht. Licht und Farben verwischen sich, lösen sich auf und verblassen, bis mich Lucys totes Gesicht anstarrt, es ist nur älter und voller Falten.
    »Nein!«, schreit Vanek.
    Jemand betritt den Raum. Zuerst erblicke ich eine Schrotflinte, dann steigen zwei schwarz bekleidete Beine über die Tote hinweg, schließlich erkenne ich das Gesicht. Es ist mein Vater. Er richtet die Flinte auf mich.
    »Bist du einer von ihnen?«
    Mein Vater. Ich betrachte die tote Ellie, dann wieder ihn. »Bist du es wirklich?«
    »Antworte mir, Michael.« Er hebt die Waffe an die Wange und zielt auf mich. »Bist du einer von ihnen?«
    »Sie haben es versucht.« Ich werfe einen Blick zu Vanek hinüber. »Aber ich bin immer noch ich.«
    Er rührt sich nicht, der Finger verharrt am Abzug.
    »Vater?«
    »Beweis es!«, verlangt er.
    »Du kannst dich nicht einmal gegen deinen Vater behaupten«, höhnt Vanek. »Überlass mir die Kontrolle und benimm dich wenigstens einmal wie ein Mann.«
    »Antworte mir!«, brüllt mein Vater.
    Ich schüttle den Kopf und nehme meinen ganzen Mut zusammen. »Nein, Dad. Jetzt antwortest du mir ! Du hast mir das Auto überlassen, die Polizei angerufen und mich verraten.« Mit gerunzelter Stirn halte ich inne. »Du wolltest, dass sie mich hier oder in der Umgebung fassen. Du hast mir geraten, über diese Straße zu fahren. War das eine Falle?«
    »Pass auf, was du sagst, Junge.«
    »Du hast das Handy im Auto gelassen. Falls du der Wellnesskiller bist, ist dies ein Beweisstück.«
    »Ich sagte, du sollst mir antworten!«
    Ich starre das Gewehr an, bin gleichzeitig verängstigt und fühle mich frei. Noch nie habe ich mich gegen ihn gestellt, noch nie habe ich den Mut dazu aufgebracht. Inzwischen habe ich noch viel Schrecklicheres erlebt, während er nur ein Mann mit einem Gewehr ist. »Was hast du sonst noch ins Auto gesteckt, Dad? Im Kofferraum habe ich nicht nachgesehen – befanden sich dort weitere Beweisstücke? Die Waffe, mit der du sie um­gebracht hast, oder das Messer, das du benutzt hast, um ihnen die Gesichter zu zerschneiden?«
    Das Gesicht meines Vaters bleibt starr und ausdruckslos, der Mund ist eine schmale, gespannte Linie. »Die Poli­zei hat dich sowieso schon gesucht, deshalb dachte ich, du kannst ruhig auch dafür die Verantwortung übernehmen. Das hätte mich aus der Schusslinie gebracht, und ich hätte in Ruhe weitermachen können.«
    »Aber was hast du getan?«
    »Ich wollte herausfinden, was sie sind«, sagt er. »Du hast gerade die Frau sterben sehen – sie haben irgend­etwas im Kopf, es steckt hinter den Gesichtern. Bisher konnte ich aber nichts entdecken.«
    Ich schlucke schwer. »Willst du es wirklich wissen?«
    Er umklammert die Schrotflinte. »Ich will wissen, wie man sie umbringen kann.«
    »Wir müssen sie nicht umbringen. Du hast gerade eine Anführerin erschossen, und der andere sitzt in …« Ich unterbreche mich und mustere die Flinte. »Er ist gefangen. Nur diese beiden stecken hinter den schrecklichen Ereignissen. Die anderen trifft keine Schuld, sie sind praktisch noch Kinder, genau wie es der Name ihrer Gruppe sagt.«
    »Sag mir, wie man sie umbringen kann!«,
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