Du oder die grosse Liebe

redest, als wäre das hier das Ende.«
    »Das ist es vielleicht. Es ist jede Menge Geld im Spiel und ich stecke mittendrin. Es sind schon Menschen für weitaus weniger Geld gestorben.«
    »Ich lasse nicht zu, dass du stirbst«, verspreche ich ihm. Ich werde einen Weg finden, ihm zu helfen.
    »Ich wünschte, es wäre so einfach.« Er schließt gequält die Augen. »Ich muss los. Ich kann es nicht länger aufschieben.«
    Ich ziehe mich an und stehe auf. »Dann komme ich mit dir. Wir stehen das gemeinsam durch.«
    Er lächelt. »Ich lasse dich nicht mitkommen. Das weißt du. Ich werde dich nicht in Gefahr bringen. Ich kann nicht die Polizei rufen, ich kann meine Brüder nicht einweihen … ich bin auf mich allein gestellt.«
    Tränen laufen meine Wangen hinunter, als ich mich auf die Zehenspitzen stelle und seine Wangen küsse, seine Lider, seine warmen Lippen. »Ich habe absolutes Vertrauen in dich, und ich liebe dich, egal was passiert. Denk daran, okay?«
    Er nickt. »Du lässt mich an das Unmögliche glauben.«
    Wir halten einander eine lange Zeit umarmt, bis er mir sagt, dass er jetzt losmuss. Als ich ihn davonfahren sehe, weiß ich, was ich zu tun habe. Er glaubt vielleicht nicht, dass ich ihm helfen kann, aber ich muss es wenigstens versuchen. Ich fahre zu Marco rüber und hoffe, dass er so früh am Morgen noch zu Hause ist.
    Als er mir die Tür öffnet, guckt er überrascht. »Was willst du?«
    »Luis braucht deine Hilfe.«
    »Chuy hat befohlen, dass alle sich vom Lagerhaus fernhalten sollen, wenn er sich dort mit Luis trifft. Das heißt normalerweise, dass er keine Zeugen will. Daran kann ich nichts ändern.«
    Ich packe ihn am T-Shirt, als er mir die Tür vor der Nase zumachen will. »Du kannst nicht einfach zusehen und nichts tun, während Luis womöglich verletzt wird.«
    Er reißt sich von mir los. »Das liegt nicht in meinen Händen, Nik.«
    »Also wirst du ihm nicht helfen?«
    »Ich häng an meinem Leben, Nik. Wenn ich mich gegen Chuy stelle, bin ich tot. Ich spiele auf beiden Seiten mit und warte ab, bis einer am Boden ist. Wenn die F 5 am Ende noch stehen, mache ich bei ihnen mit. Wenn Chuy die Sache für sich entscheidet, bleibe ich ein LB.«
    Ich knall ihm eine. »Du bist ein erbärmlicher Feigling. Wie kannst du dastehen und nichts tun, obwohl du weißt, dass das Leben deines Freundes in Gefahr ist?«
    »Es ist ganz einfach. Ich passe auf die Nummer eins auf, Baby. Mich.«

49
    Luis
    Granny ist gestern Abend gar nicht abgehauen. Ich war zu spät bei Nikki, weil ich noch bei Derek war. Nachdem er mir Nikkis Brief gegeben hatte, habe ich ihn gefragt, ob ich sein Internet benutzen könnte. Nur gut, dass meine Brüder nicht wissen wollten, was ich vorhabe.
    Innerhalb einer Dreiviertelstunde hatte ich die Antwort, nach der ich gesucht hatte. Die Zahlen, die ich mir auf die Innenseite der Hand geschrieben und auswendig gelernt hatte, waren eine Bankleitzahl und eine Kontonummer. Die Bank, wo Hector das Geld geparkt hat, liegt auf den Cayman Inseln. Als ich das Passwort SCHWEIGEGELUEBDE eingegeben hatte und der Betrag auf dem Bildschirm angezeigt wurde, bin ich fast vom Stuhl gefallen.
    Sechsmillionendreihunderttausend. Dollar.
    Ich habe die Seite ein paar Mal aktualisiert, um sicherzugehen, dass es stimmt. Und mir dann noch mal den Namen angesehen, auf den das Konto läuft. Nur um sicherzugehen, dass ich richtig gelesen hatte. Luis Salvatore Martinez Fuentes.
    Ob ich Chuy das Geld gebe oder nicht, mein Leben ist so oder so in Gefahr.
    Nachdem ich Dereks Haus verlassen hatte, bin ich zu Nikki gefahren. Ich hatte nicht vor, mit ihr zu schlafen. Ich bin zu ihr gefahren, weil ich hoffte, sie überzeugen zu können, mich für immer aufzugeben. Ich wollte mich wie ein Arsch benehmen, um es ihr leichter zu machen, neu anzufangen und mich zu vergessen. Ich hatte vor, ihr zu erzählen, dass ich in Mariana verliebt bin, aber die Lüge wollte mir einfach nicht über die Lippen kommen.
    Weil ich das Mädchen liebe.
    Heute Morgen war ich versucht, sie zu bitten, mit mir davonzulaufen und niemals zurückzublicken. Aber das kann ich nicht. Ich musste Nikki zurücklassen. Ihre Mom glaubt, dass ich nicht gut genug für ihre Tochter bin. Ich möchte ihr nicht beweisen, dass sie recht hat.
    Ich bin auf dem Weg zum Lagerhaus der Latino Blood, um Chuy gegenüberzutreten. Ich bin vielleicht nicht der Mann, den Nikki verdient, aber ich bin ganz sicher auch nicht der Mann, zu dem Chuy mich gern machen will. Ich bin nicht Hector