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Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Titel: Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)
Autoren: Jochen Missfeldt
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Unabhängigkeit, wirtschaftlicher Stabilität und Freiheit).
    Auch Theodor Storm gehört in die Reihe der großen Künstlerpersönlichkeiten von der schleswig-holsteinischen Westküste. Sein manchmal von Eigensinn nach Starrsinn verrückter Kopf war geprägt von strengem, unnachgiebig-rechthaberischem Denken, von eisernem Unabhängigkeitswillen und ichbezogenem Freiheitsempfinden. Das konnte er in den Herzogtümern Schleswig und Holstein, die seit Jahrhunderten durch den Vertrag von Ripen (1460) »up ewig ungedeelt« verbunden waren und locker am Zügel des dänischen Staates hingen, ohne Gefahr für seine beruflich-bürgerliche Existenz leben. Zu Ende ging diese alte Zeit mit den neuen nationalen Ideen des 19. Jahrhunderts, mit den Kriegen, Niederlagen und Siegen, die um 1850 auf dem Fuße folgten, mit Besatzung und Unterdrückung. Diese Zeit hat Storm für sein ganzes Leben geprägt, sie hat ihm das Exil aufgezwungen und die Heimatliebe wach gehalten.

Sonntagskind
    Ob der 14. September 1817, Storms Geburtstag, in Husum ein schwüler Tag gewesen ist? Kann gut sein, denn In der Mitternachtsstunde zwischen dem 14. und 15. September 1817 war ein stark Gewitter über Husum, schreibt der Dichter in seinen Erinnerungen »Aus der Jugendzeit«. Entweder hatte dieses Naturereignis seine Ursache in einer von West nach Ost durchziehenden Kaltfront – eher unwahrscheinlich für diese Jahreszeit –, oder es hatte sich eingenistet in den tagsüber aufquellenden, größer und größer werdenden Haufenwolken, die schließlich, von Wasser dunkelblau gefärbt, wie gebannt über der Stadt gestanden haben müssen, möglicherweise am oberen Wolkenrand mit Ambosskopf, der seinen Platz unterm Himmel in neun Kilometern Höhe hatte.
    Über allem glänzte der Sternenhimmel mit dem Sommerdreieck Wega, Deneb, Atair. Der zunehmende Mond stand als dünne Sichel drei Tage vor dem ersten Viertel. Die Milchstraße zog sich vom Südwesthorizont bei Tönning herkommend steil über den Zenit und den Husumer Marktplatz, dann legte sie sich hoch oben ins Kreuz und verschwand über das kleine Olderup hinweg, dem nordöstlichen Horizont zu.
    Deutlich sichtbar und beachtlich hoch steht im September das Sternenviereck »Pegasus« und sieht von oben herab. Das geflügelte Ross war auf seinem Flug zum Olymp zu tief gekommen und hatte Bodenberührung. Kurz darauf sprudelte eine Quelle hervor, die Unfallstelle wurde zur heiligen Stätte. Aus dem Quellwasser schöpfen die Dichter immer noch ihre Verse, Pegasus ist das Sinnbild für Dichter und Dichtung geblieben, er lebt immer noch auf dem Olymp und hatte auch am 14. September 1817 seine Hand im Spiel.
    Wer jetzt, kurz vor Mitternacht, als neuer Erdenbürger ins Leben trat, der wurde geboren im Sternzeichen der Jungfrau, mit dem Krebs als Aszendenten, mit dem Mond im Zeichen des Skorpion. Diese Zeichenkombination gilt als »nicht sehr vorteilhaft« und beschreibt die Persönlichkeit als stolz, selbstsicher, willensstark, hartnäckig, gelehrsam, ernsthaft und klug, als einen Charakter, der kaum jemals die Vorstellungen anderer Menschen akzeptiert und bei Kränkung zu heftigen Reaktionen neigt. Der neue Erdenbürger ist leicht verletzbar und launisch, gleicht das aber mit seiner inneren Weichheit aus. Familie, Haus und Garten sind für ihn von großer Bedeutung. Die Privatsphäre ist ihm heilig. Kindererziehung bedenkt er in ungewöhnlicher Weise. Geschäftsverbindungen pflegt er intensiv. Mit der Liebe geht er zärtlich, phantasievoll und einfallsreich um. Seine Gefühle sind stark und ständig auf der Suche nach Erfüllung. In der Sexualität zeigt er seine leidenschaftliche Natur. Hier haben Beziehungen, die nicht der Norm entsprechen, für ihn einen besonderen Reiz. Seine Schwächen sind: Depression, Angst und Härte. So weit das amtliche Horoskop.
    In Husum war nachmittags um 15.30 Uhr Hochwasser, Niedrigwasser abends um 21.40 Uhr. Nun lief das Wasser also wieder auf zum nächsten Hochwasser, das am frühen Morgen des 15. September um 3.55 Uhr erwartet wurde.
    Jetzt öffneten die dicken blauen Wolken ihre Schleusentore und schütteten das Wasser auf Husums Markt und Straßen; auch das Haus »Markt 9«, das Storms Vater 1816 gekauft hatte, wurde kräftig begossen. Da lag im ersten Stock, im letzten Zimmer links, Lucie Storm, geborene Woldsen, in Wehen und brachte ihr erstes Kind zur Welt, den Sohn Hans Theodor Woldsen Storm. Der Ehemann und werdende Vater Johann Casimir Storm hatte in seiner Angst um Frau,
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