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Du findest mich am Ende der Welt

Du findest mich am Ende der Welt

Titel: Du findest mich am Ende der Welt
Autoren: Nicolas Barreau
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strahlend und mit verräterisch geröteten
Wangen und rückte den breiten Haarreif in ihren langen blonden Haaren zurecht.
    Â»Marion, irgendwann fliegst du raus!« erklärte ich. »Solltest du
nicht schon vor einer Stunde hier sein?«
    Lächelnd zupfte sie eine weiße
Fluse von meinem dunklen Jackett. »Aaah, Jean-Luc, komm, bleib locker. Ist
alles im Plan.« Sie gab mir ein Küßchen auf die Wange und murmelte: »Nicht böse
sein, aber es ging wirklich nicht eher.«
    Dann gab sie den Mädchen vom Catering-Service noch ein paar
Anweisungen, fragte: »Was habt ihr denn da gemacht?«, und zupfte an dem
riesigen Blumenstrauß im Eingangsbereich herum, bis er ihrem ästhetischen
Feingefühl entsprach.
    Als ich die ersten Gäste die Rue de Seine entlangschlendern
sah, drehte ich mich zu Julien um.
    Â» Showtime «, sagte ich, »es geht los.«
    Die Mädchen vom Catering-Servive gossen den Champagner in die
Gläser, und ich rückte mein seidenes Halstuch zurecht, das ich so viel
angenehmer finde als diese beengenden Krawatten, ein Accessoire, das mir bei
meinen Freunden den Spitznamen Jean-Duc eingebracht hat. Nun, damit kann ich
leben.
    Ich sah mich um. Julien stand an der hinteren Wand der Galerie,
Hände in den Hosentaschen, seine unvermeidliche Kappe tief im Gesicht.
    Â»Na, komm schon her«, sagte ich. »Ist deine Party.«
    Er zog die Schultern hoch und schlenderte herüber, ganz James Dean.
    Â»Und bitte, nimm endlich diese Kappe ab.«
    Â»Was hast du gegen meine Cap, Mann?«
    Â»Mußt du dich verstecken? Du bist kein Vorortsprayer mehr und gehst
auch nicht zum Streetball.«
    Â»Hey, was soll das? Bist du jetzt plötzlich so ein verdammter
Spießer, oder was? Beuys hatte schließlich auch seinen …«
    Â»Beuys sah lange nicht so gut aus wie du«, unterbrach ich ihn.
»Komm, tu’s einfach! Mir zuliebe, deinem alten Mäzen.«
    Widerwillig nahm er die Kappe ab und feuerte sie hinter ein
Sofa.  Ich öffnete die verglaste Tür,
atmete die laue Mailuft ein und begrüßte die ersten Gäste.
    Zwei Stunden später wußte ich, daß die
Vernissage ein Erfolg war. Die Galerie war voll von Menschen, die sich bestens
amüsierten, Champagner trinkend in den Sofas hingen oder vor den Exponaten ihre
Meinung kundtaten, um sich dann mit spitzen Fingern ihre Häppchen in den Mund
zu stecken. Die ganze Mischpoke der Kunstinteressierten war gekommen, drei Kulturredakteure,
einige gute Kunden – und ein paar neue Gesichter waren auch dabei.
    Das
animierte Stimmengewirr in den beiden Räumen der Galerie war ohrenbetäubend, im
Hintergrund sang Amy Winehouse » I told you, I was
trouble «, und die Dame von Le Figaro hatte ganz offensichtlich einen
Narren an Julien gefressen.
    Es gab bereits Anfragen für »Le Grand Rouge« und »L’heure Bleu«,
einen monumentalen Frauenakt, der sich erst auf den zweiten Blick aus der
tiefblauen Gesamtkomposition herauslöste.
    Die Stimmung war gut, lediglich Bittner, ein sehr einflußreicher
Sammler, der in Düsseldorf selbst eine Galerie hatte und die Art Cologne mit
organisierte, krittelte herum. Typisch!
    Wir kannten uns schon viele Jahre, und ich hatte, wie immer, wenn er
nach Paris kam, für ihn im Duc de Saint-Simon reserviert und dafür Sorge
getragen, daß er auch sein Lieblingszimmer bekam. Da ich des öfteren Kunden aus
dem Ausland in diesem Hotel unterbrachte, hatte ich einen guten Draht zur
Rezeption, besonders seit Luisa Conti dort arbeitete, die Nichte des Besitzers,
deren Familie in Rom lebte.
    Â»Monsieur Kört Wittenär?« hatte sie in den Hörer gerufen, als
handele es sich um einen Außerirdischen.
    Â»Karl«, entgegnete ich seufzend, »Karl. Und er heißt Bittner mit
einem ›B‹!« Ich hatte mich erst daran gewöhnen müssen, daß Luisa Conti, die mit
ihrem dunklen Kostüm und der schwarzen Chanel-Brille trotz ihrer jungen Jahre
ein Beispiel makelloser Eleganz war, die liebenswerte Schwäche hatte, des
öfteren die Namen der Hotelgäste zu verwechseln oder zu verdrehen.
    Â»Aaah, entendu ! Monsieur Charles Bittenär!
Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?« Ich hörte den leisen Vorwurf in ihrer
Stimme und verkniff mir eine Bemerkung. »Das blaue Zimmer … Moment … eh bien, das läßt sich machen.«
    Ich sah Mademoiselle Conti im Geist hinter dem
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