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Du Durchschaust Mich Nicht

Du Durchschaust Mich Nicht

Titel: Du Durchschaust Mich Nicht
Autoren: Farid
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Magier, wie ich selbst auch, schon im Kindesalter begonnen haben, sich in ihrer Kunst zu üben, ähnlich wie viele Berufsmusiker. Dabei habe ich verschiedene wichtige Stationen auf dem Weg zum Berufsmagier passieren müssen, ich habe viele Entdeckungen gemacht und vieles ausprobiert, bis ich eine ungefähre Ahnung davon hatte, was Magie tatsächlich alles kann. Und mit jeder Entdeckung mehr war ich angestachelt, noch tiefer in diese spannende Materie einzutauchen und die Kunst der Magie tätig zu erforschen.
     
    Mit etwa 15  Jahren, als ich mit meiner Familie in Wien lebte, kaufte ich mir in den Schulferien Jochen Zmecks »Handbuch der Magie« – noch heute ein Klassiker. Ich habe das Buch damals nicht nur gelesen, sondern regelrecht durchgearbeitet und sämtliche beschriebenen Zauberkunststücke umgesetzt. Wenn ich die Requisiten nicht zu Hause hatte oder besorgen konnte, bastelte ich mir einen entsprechenden Ersatz. Statt gekaufter Bälle verwendete ich zusammengeknüllte und mit Tape umwickelte Bälle aus Alufolie oder Tempotaschentüchern. Im Laufe der Zeit baute ich mir alle möglichen Attrappen, zum Beispiel eine Handattrappe aus Knete, und ließ meine Mutter diverse Vorhänge, Tücher und Taschen mit doppeltem Boden nähen – weshalb sie dann leider als Testperson für die Tricks ausfiel.
    Die vielen Bilder in dem Zauberhandbuch, vor allem die Fotos von alten Plakaten, auf denen oft mehrere Zaubernummern in Miniatur zu sehen sind, habe ich ebenfalls intensiv studiert. Welche Illusion dort wohl abgebildet ist?, fragte ich mich. Wie sie wohl funktioniert, und welche anderen Nummern der jeweilige Zauberer wohl noch im Programm hat?
    Eine der im Zauberhandbuch abgebildeten Fotoillusionen hatte es mir besonders angetan. Das Bild zeigt den berühmten Magier Samuel Bellachini, der seinen Kopf wie ein Tablett auf seiner Hand präsentiert. Der Hund links von ihm und der runde Salontisch rechts, auf dem der Zylinder und sein Zauberstab liegen, sollen wohl von der Funktion des Vorhangs im Hintergrund ablenken. Ich vermutete damals, dass Bellachini zur Zeit der Aufnahme hinter dem Vorhang gekniet und seinen Kopf durch die Arme einer lebensgroßen Puppe, die seinem eigenen Körperbau ähnelte, hervorgestreckt hatte. Es konnte aber auch sein, dass Bellachini seinen Kopf durch ein Guckloch in einer kompletten Plakatwand, die er extra hatte anfertigen lassen, steckte.
    Solches Kombinieren machte mir nicht nur enormen Spaß, sondern brachte mich auch auf erste eigene Ideen. Ich wollte die Illusion von Bellachini, die scheinbar nur als Fotomotiv funktionierte, in ähnlicher Form real umsetzen. Ich probierte einiges aus, und kam schließlich auf die Idee, mir eine kleine Kiste mit Deckel zu bauen, in die man von unten durch eine verdeckte Öffnung seinen Finger so hineinlegen konnte, dass es aussah, als läge ein abgetrennter Finger darin. Damit habe ich dann Reza überrascht. Die Reaktion war super und genau wie erhofft: Er zuckte zunächst heftig zusammen und lachte Tränen, als er den Schock überwunden hatte.
     
    Obwohl ich meistens kaum etwas unternahm, vergingen die freien Nachmittage und Schulferien immer wie im Fluge. Ich war den ganzen Tag beschäftigt. Während der wenigen Treffen mit Schulfreunden, die ich nicht absagen konnte, oder bei Ausflügen mit meiner Familie war ich meistens nicht so richtig bei der Sache. Ich hoffte, dass die Zeit schnell verging, so dass ich wieder nach Hause konnte, um neue Kunststücke ausprobieren zu können.
    In den Jahren zwischen 12 und 16 brachte ich mir so viele verschiedene Zauberkunststücke bei, dass ich anfing, sie mir zu notieren, um ein kleines Archiv zur Hand zu haben. Ich schrieb und zeichnete dazu auf große weiße Blätter, wie man sie im Kunstunterricht zum Malen verwendet. Bald kamen mehrere Stapel dieser Blätter zusammen, so dass ich sie nach Effekten in Gruppen sortierte. Bei unserem Umzug nach Hagen warf ich sie allerdings weg. Bald hatte ich gemerkt, dass ich doch nicht in meinem »Archiv« nachschaute, wenn ich bei einer Sache nicht weiterkam oder mir Anregungen suchte. Ich wollte mir in der alten Heimat ein neues System zulegen und mehr mit Fotos arbeiten. Das systematische Sammeln nach Effekten hatte sich dennoch gelohnt, denn ich hatte mir einiges an Wissen angeeignet.

Wenn Träume wahr werden: etwas erscheinen lassen
    Zu diesen Zauberkunststücken zählen alle, bei denen ein oder mehrere Gegenstände oder Personen wie aus dem Nichts vor den Augen der
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