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Du Durchschaust Mich Nicht

Du Durchschaust Mich Nicht

Titel: Du Durchschaust Mich Nicht
Autoren: Farid
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etwas Neues entscheiden.
    Noch nicht. Denn ab sofort schlug ich mehrmals pro Woche in der »Zauberklingl« auf, mal, um zu stöbern, mal, um mir von Maria, der Verkäuferin, einen Trick zeigen zu lassen. Danach sah sie mich jedes Mal mit hochgezogenen Brauen durch ihre Brillengläser an und wartete mein Urteil ab. Auch Maria habe ich viel zu verdanken. Selbst wenn eine ganze Tourigruppe den Laden stürmte, um irgendwelche Souvenirs zu erstehen, die es hier ebenfalls gab, unterbrach sie ihre Lehrstücke nicht, sondern führte sie umso konzentrierter durch. Und wenn ein Trick richtig gut war, dann klatschten die anderen Kunden und ich Beifall.
    Von dieser positiven Stimmung, die sich beim Zaubern zwischen den Menschen einstellt, konnte ich schon damals nicht genug bekommen. Das wollte ich am liebsten immer wieder haben. Mit anderen zusammen etwas Geheimnisvolles, Magisches zu erleben, ist ein sehr intensives Gefühl. Dafür braucht es keine große Bühne.
    Bald zauberte ich auch für Maria, und sie zeigte mir ihre Anerkennung, indem sie mir Aufgaben übertrug, für die ich mir hinterher Requisiten aussuchen durfte. So schrieb ich zum Beispiel Zauberanleitungen. Maria empfahl mich auch weiter, und so kam ich als 15 -Jähriger an meinen ersten bezahlten Auftrag: im Sultan-Kostüm bei einer Firmenfeier für McDonald’s zaubern. Lohn: McDonald’s-Gutscheine im Wert von 2000  Schilling – damals waren das etwa 280  Mark, umgerechnet also ungefähr 140  Euro. Unfassbar viel für mich zu der Zeit. Die Gutscheine haute ich mit meinen Klassenkameraden während der nächsten Wochen natürlich sofort auf den Kopf.
    Mein Auftritt war zwar ein voller Erfolg, aber er ist mir doch nicht ganz in guter Erinnerung geblieben. Ich mochte dieses pompöse Sultan-Kostüm nicht, das ich anziehen musste. In dieser Maskerade kam ich mir einfach lächerlich und falsch vor. Und das lag nicht nur an meinem pubertären Alter, es ist bis heute so geblieben, dass ich jegliche Art von Verkleidung für meinen Zauberstil ablehne. Ich ziehe einen Frack oder Smoking höchstens an, wenn es sich für eine Veranstaltung gebietet, aber sonst möchte ich weitgehend authentisch bleiben und das anziehen, was ich auch sonst trage. Farid der Magier ist keine Kunstfigur, ich brauche den Kontakt mit den Menschen und möchte ihnen auf Augenhöhe begegnen. Zaubern mitten auf der Straße, im Alltag, und die Augen der Menschen durch Magie unverhofft zum Leuchten bringen. Da stört Maskerade nur.
    Die Jugendjahre in Wien brachten mich der professionellen Magie näher, als ich es zu träumen gewagt hätte. Einmal, ich war 15 , wurde ich über Maria engagiert, um in der Wiener Staatsoper zu zaubern. Wie froh war ich, dass mir meine Mutter kurz zuvor erst für ein großes Magiertreffen mit Dinner, für das ich mich selbstbewusst angemeldet hatte, ein Paar schwarze Schuhe zum schwarzen Anzug gekauft hatte. So betrat ich den Prunkbau in angemessener Kleidung und unterhielt die Besucher im feierlich beleuchteten Foyer. Natürlich war ich aufgeregt, aber schon damals gab mir das Lampenfieber auch den nötigen Kick, um selbstbewusst auftreten und anderen Menschen ohne Scheu begegnen zu können.
     
    Die Magie war mehr als nur ein Hobby für mich, was meiner schulischen Laufbahn nicht gerade Auftrieb gab. Die Zeit, die ich für das Üben von Kunststücken nutzte, fehlte natürlich für die Hausaufgaben und zum Lernen. Im österreichischen Schulsystem musste man sich in der achten Klasse entscheiden, auf welche Art weiterführende Schule man gehen möchte.
    Empfohlen wurde uns eine, in der man nicht nur die Matura machen kann, sondern auch schon eine Berufsrichtung festlegt. Gemeinsam mit meinen Eltern beschloss ich, die Höhere Technische Bundeslehranstalt für Architektur zu besuchen, schließlich waren mein Vater und mein Onkel Diplomingenieure. Aber trotz der familiären Vorbelastung waren technische Fächer nicht wirklich mein Ding.
    Nachdem ich mich zwei Jahre lang mehr schlecht als recht auf dieser Schule durchgeschlagen hatte, nahte plötzlich unverhofft die Rettung. Das Heimweh meiner Mutter nach Hagen war so groß, dass wir unsere Zelte in Wien abbrachen und zurück nach Deutschland zogen. Hier konnte ich wieder auf die Gesamtschule, die ich schon als Kind besucht hatte, und wechselte ohne Probleme in die elfte Klasse.
    Besonders schön war, dass ich wieder mit meinen alten Freunden zusammen sein konnte, zu denen ich immer den Kontakt gehalten hatte. Doch jetzt
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