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Dreifach

Titel: Dreifach
Autoren: Ken Follett
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Zukunft seines Landes von rein theoretischemInteresse sei; Dickstein hatte die Arme fest verschränkt, die Schultern hochgezogen und beugte konzentriert den Kopf, so daß seine Stellung die Leidenschaftslosigkeit seiner Bemerkungen Lügen strafte. Cortone hörte den Ausspruch: Die Briten haben den Juden Palästina versprochen, und die Antwort: Man hüte sich vor den Geschenken eines Diebes. Er drehte sich wieder den Ashfords zu und sprach weiter.
    »Es war in Sizilien, in der Nähe von Ragusa, einem Bergstädtchen. Ich war mit einem Erkundungstrupp um die Außenbezirke gefahren. Nördlich der Stadt trafen wir auf einen deutschen Panzer in einer kleinen Mulde, am Rande einer Baumgruppe. Der Panzer sah verlassen aus, aber ich warf eine Granate hinein, um sicherzugehen. Als wir vorbeifuhren, knallte ein Schuß – nur einer –, und ein Deutscher mit einem Maschinengewehr fiel aus einem Baum. Er hatte sich dort oben versteckt, um uns in Ruhe abzuknallen. Nat Dickstein hatte ihn erschossen.« Eila schien aufgeregt – ihre Augen glänzten –, aber ihr Mann war bleich geworden. Offenbar hatte der Professor keinen Geschmack an Geschichten von Leben und Tod. Cortone dachte: Wenn dich das schon nervös macht, alter Knabe, hoffe ich, daß dir Dickstein nie eine von seinen Geschichten erzählt.
    »Die Briten hatten die Stadt von der anderen Seite umgangen«, fuhr Cortone fort. »Nat hatte wie ich den Panzer gesehen und eine Falle gerochen. Er hatte den Scharfschützen entdeckt und hielt nach weiteren Ausschau, als wir auftauchten. Wenn er nicht so verdammt clever gewesen wäre, wäre ich jetzt tot.«
    Die beiden anderen schwiegen einen Moment lang, dann faßte Ashford sich. »Es ist noch gar nicht lange her, aber man vergißt so schnell.«
    Eila erinnerte sich an ihre Gäste. »Ich möchte mich noch etwas mit Ihnen unterhalten, bevor Sie gehen«, sagte sie zu Cortone. Danach durchquerte sie das Zimmer und nähertesich Hassan, der versuchte, eine Flügeltür zu öffnen, die zum Garten hinausführte. Ashford strich sich nervös über den Haarflaum hinter den Ohren. »Die Öffentlichkeit hört von den großen Schlachten, aber ich nehme an, daß sich der Soldat an diese kleinen persönlichen Vorfälle erinnert.«
    Cortone nickte. Ashford hatte offensichtlich keine Vorstellung vom Krieg. War die Jugend des Professors wirklich so abenteuerlich gewesen, wie Dickstein behauptet hatte? »Später nahm ich ihn mit, als ich meine Cousins besuchte – meine Familie kommt aus Sizilien. Wir aßen Pasta, tranken Wein, und sie feierten Nat als Helden. Wir waren nur ein paar Tage zusammen, aber wir fühlten uns wie Brüder.«
    »Wirklich?«
    »Als ich hörte, daß er gefangengenommen worden war, glaubte ich, daß ich ihn nie wiedersehen würde.«
    »Wissen Sie, was mit ihm passierte?« fragte Ashford. »Er spricht nicht viel ...
    Cortone zog die Schultern hoch. »Er hat die Lager überlebt.«
    »Er hat Glück gehabt.«
    »Meinen Sie?«
    Ashford blickte Cortone einen Augenblick lang verwirrt an, wandte sich ab und sah sich im Zimmer um. Dann sagte er: »Dies ist keine sehr typische Party für Oxford, wissen Sie. Dickstein, Rostow und Hassan sind etwas ungewöhnliche Studenten. Sie sollten Toby kennenlernen – er ist das Urbild unserer Schüler.« Er machte einen rotgesichtigen Jungen mit Tweedanzug und einer sehr breiten, getupften Krawatte auf sich aufmerksam. »Toby, darf ich Sie mit Dicksteins Waffengefährten bekannt machen – Mr. Cortone.«
    Toby schüttelte ihm die Hand und fragte abrupt: »Haben Sie einen Tip aus erster Hand? Wird Dickstein gewinnen?«
    »Was gewinnen?«
    »Dickstein und Rostow werden eine Partie Schach spielen. Beiden sollen unheimlich gut sein«, erklärte Ashford. »Toby glaubt, daß Sie Geheiminformationen haben könnten. Wahrscheinlich will er eine Wette abschließen.«
    »Ich habe immer geglaubt, daß Schach ein Spiel für alte Männer ist«, gab Cortone zurück.
    »Ah!« machte Toby ziemlich laut und leerte sein Glas. Er und Ashford schienen verblüfft über Cortones Bemerkung.
    Ein kleines Mädchen von vier oder fünf Jahren kam aus dem Garten; es trug einen alten grauen Kater. Ashford stellte es mit dem scheuen Stolz eines Mannes vor, der im mittleren Alter Vater geworden ist.
    »Das ist Suza.«
    »Und das ist Hezekiah«, sagte das Mädchen.
    Suza hatte die Haut und das Haar ihrer Mutter; auch sie würde schön werden. Cortone fragte sich, ob sie wirklich Ashfords Tochter war. Nichts an ihrem Äußeren
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