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Dreifach

Titel: Dreifach
Autoren: Ken Follett
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sein.«
    Cortone konnte es nicht fassen. »Die Araber bringen eure Leute dort um. Mensch, Nat, du bist doch gerade erst den Deutschen entwischt!«
    »Ich habe mich noch nicht entschieden«, wiederholte Dickstein. Er schüttelte gereizt den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich tun soll.« Offenbar wollte er nicht darüber sprechen.
    Ihre Gangart war flott. Cortones Gesicht fror, aber er schwitzte unter seiner Winteruniform. Die beiden anderen begannen, über einen Vorfall zu diskutieren: Ein Mann namens Mosley – der Name sagte Cortone nichts – war überredet worden, in einem Lastwagen nach Oxford zu fahren und am Märtyrer-Ehrenmal eine Rede zu halten. Mosley war ein Faschist, schloß er einen Moment später. Rostow argumentierte, der Vorfall beweise, daß die Sozialdemokratie dem Faschismus näher stehe als dem Kommunismus. Dagegen behauptete Dickstein, daß die Studenten, die die Sache organisiert hatten, sich nur »schokkierend« hatten aufführen wollen.
    Cortone hörte zu und beobachtete die beiden Männer. Es war ein seltsames Paar: der hochgewachsene, mit langen Schritten dahinstürmende Rostow mit dem Schal, der wie eine gestreifte Bandage wirkte, und den wie Fahnen flatterden, zu kurzen Hosenbeinen, und der winzige Dickstein mit seinen großen Augen und runden Brillengläsern, der einen typischen Nachkriegsanzug trug und aussah wie ein dahineilendes Skelett. Cortone war kein Akademiker, aber er war sich sicher, daß ihm Redequatsch in keiner Form entgehen würde. Er wußte, daß die Worte keines der beiden ehrlich waren: Rostow plapperte irgendein offizielles Dogma nach, und Dicksteins spröde Gleichgültigkeit verdeckte eine andere, tiefergehende Einstellung. Wenn Dickstein über Mosley lachte, hörte es sich an, als wenn ein Kind nach einem Alptraum lachte. Beide debattierten geschickt, aber ohne Emotion – es war wie ein Gefecht mit stumpfen Säbeln. Schließlich schien Dicksteinzu merken, daß Cortone nicht in die Diskussion einbezogen war, und fing an, über ihren Gastgeber zu sprechen. »Stephen Ashford ist ein bißchen exzentrisch, aber ein bemerkenswerter Mann«, sagte er. »Er hat den größten Teil seines Lebens im Nahen Osten verbracht. Er machte ein kleines Vermögen und verlor es wieder, wie man hört. Er tat immer wieder verrückte Dinge, zum Beispiel durchquerte er die Arabische Wüste auf einem Kamel.«
    »Das ist vielleicht die am wenigsten verrückte Methode, sie zu durchqueren«, entgegnete Cortone.
    »Ashford hat eine libanesische Frau«, warf Rostow ein. Cortone schaute Dickstein an. »Sie ist ...
    »Sie ist jünger als er«, unterbrach Dickstein hastig. »Er brachte sie kurz vor dem Krieg mit nach England und wurde hier Professor für Semitische Literatur. Wenn er einem Marsala statt Sherry anbietet, weiß man, daß es Zeit ist, sich zu verabschieden.«
    »Kennt denn jeder den Unterschied?« fragte Cortone.
    »Das hier ist sein Haus.«
    Cortone hatte fest mit einer Villa im maurischen Stil gerechnet, aber das Haus der Ashfords war im imitierten Tudorstil gebaut, weiß bemalt mit grünem Holzwerk. Der Vorgarten bestand aus einem Sträucherdschungel. Die Haustür war offen; sie betraten einen kleinen quadratischen Flur. Irgendwo im Haus lachten Menschen: Die Party hatte begonnen. Eine Doppeltür schwang auf, und die schönste Frau der Welt kam heraus.
    Cortone war wie gebannt. Er stand da und starrte sie an, während sie über den Teppich schritt, um die Männer zu begrüßen. Er hörte Dickstein sagen: »Das ist mein Freund Al Cortone«, und plötzlich berührte er ihre lange, braune Hand, warm und trocken und feingliedrig. Am liebsten hätte er sie nie wieder losgelassen.
    Sie wandte sich um und geleitete ihre Gäste zum Salon. Dickstein tippte Cortones Arm an und grinste. Ihm war nicht entgangen, was in seinem Freund vorging.
    Cortone faßte sich so weit, daß er hervorbrachte: »Eine Wucht!«
    Kleine Sherrygläser waren mit militärischer Präzision auf einem kleinen Tisch aufgereiht. Sie reichte Cortone eines, lächelte und sagte: »Übrigens, ich bin Eila Ashford.«
    Cortone musterte sie eingehend, während sie die Drinks verteilte. Sie trug keinen Schmuck, ihr bezauberndes Gesicht war ohne Make-up, ihr schwarzes Haar war glatt, sie hatte ein weißes Kleid und Sandalen an – doch die Wirkung war so, als wäre sie nackt. Die sinnlichen Gedanken, die Cortone durch den Kopf schossen, während er sie betrachtete, ließen ihn verlegen werden.
    Er zwang sich dazu, sich abzuwenden und
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