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Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)

Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)

Titel: Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)
Autoren: Jackson Pearce
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Männer mit fleckigen Händen. Und alle haben Wünsche.
    Meine neue Herrin hat pinselartiges, glattes Haar. Sie ist nicht richtig dick, aber ich habe Mädchen mit ihrer Kleidergröße schon mehr als ein Mal den Wunsch erfüllt, dünner zu sein.
    Ich kann hier nichts ausrichten, bevor sie sich beruhigt und aufhört zu zittern, also lehne ich mich nach hinten auf ihren überladenen Schreibtisch und werfe dabei ein paar Nagellackflaschen um. Sekunden vergehen. Minuten. Ich schaudere – ich kann verfolgen, wie ich hier älter werde. Hautzellen lösen sich von meinem Körper, mein Haar wächst weiter, Millimeter um Millimeter. Mein ganzer Körper zerfällt, und ich kann nichts tun, um es zu verhindern. Eine weitere Minute vergeht.
    Ich seufze ungeduldig – ich kann nicht anders.
    Auf den Seufzer hin bekomme ich immerhin eine Reaktion. »Komm bloß nicht näher!«, ruft meine Herrin mit zittriger Stimme. »Ich schreie! Meine Eltern werden reinkommen!«
    Diese Vorgehensweise soll es also sein?
    »Du hast schon geschrien«, sage ich, »und sie können ruhig reinkommen. Weil niemand außer dir mich sehen kann, wirst du einfach nur leicht verrückt wirken. Genau wie in der Schule, als du versucht hast, mich deinem Freund zu zeigen.«
    Sie knirscht mit den Zähnen. Sie weiß seit dem Mittag über meine Unsichtbarkeit Bescheid – ich habe es genau gemerkt, als sie dahintergekommen ist –, aber es aus meinem Mund zu hören macht ihr noch mehr Angst. Viel lieber wäre es ihr, wenn ich mich als ein Stalker entpuppen würde, denn das wäre für sie einfacher zu schlucken als die Tatsache, dass ich wirklich und wahrhaftig unsichtbar bin. Ich merke, was sie will, fühlt und sich wünscht, einfach indem ich die Bewegungen ihrer Augen und Hände beobachte oder wie sie das Haar zurückwirft. Sterbliche verraten sich viel zu leicht. Alles, was sie wollen, präsentiert sich wie Worte auf einer Buchseite: mühelos lesbar – wenn man nur die Sprache versteht.
    »Wer bist du?«, flüstert sie, und ihre Stimme klingt schwach und brüchig.
    »Ich habe keinen Namen«, antworte ich. »Du kannst mich nennen, wie du willst. Aber können wir die Förmlichkeiten bitte überspringen und die Sache ein bisschen beschleunigen? Ich bin jetzt schon seit mehr als sieben Stunden hier. Sieben Stunden, die ich nicht zurückbekomme.«
    Sie verschränkt die Arme vor dem Körper und lehnt sich an die Wand. » Was beschleunigen?«
    Ich fahre mir mit einer Hand durchs Haar – wenn ich es festhalte, werde ich es wie Efeu zwischen meinen Fingern wachsen fühlen. »Das mit den Wünschen. Welches ist der erste? Ich möchte gern zurück nach Caliban, wenn wir also alle drei Wünsche bis um …«
    »Welche Wünsche?« Die Worte explodieren förmlich auf ihrer Zunge. In der darauf folgenden Stille kann ich sie schwer atmen hören.
    Wow. Sie ist ausgerastet.
    In Ordnung. Anderer Ansatz. Egal welcher, wenn er nur die Wünscherei auslöst.
    »Fangen wir doch einfach noch mal von vorn an.« Mach’s leichthin, luftig, fröhlich, wie diese glitzernden Mitschülerinnen, die sie immer anstarrt. »Ich bin ein Dschinn. Ich bin hier, um dir drei Wünsche zu gewähren, weil du heute einen wirklichen, wahren Wunsch hattest, und du hast Glück gehabt. Ein Dschinn – nämlich ich – wurde beauftragt, ihn dir zu gewähren. Es war ein Wunsch, den du in der Shakespeare-Stunde hattest. Ausgerechnet. Du hast dir gewünscht, du bräuchtest dich nicht unsichtbar zu fühlen, was auch immer das heißen soll. Also, es wäre wirklich fantastisch, wenn du mir deine Wünsche nennen könntest, zum Beispiel jetzt gleich, denn bis du’s tust, hänge ich hier fest und kann nicht in meine eigene Welt zurück. Also sag mir bitte, was du dir wünschst. Du kannst das. Sag bloß ›Ich wünsche mir tolles Haar‹, und wir können diese ganze Sache ins Rollen bringen. Herrin «, füge ich ganz am Ende noch hinzu und verdrehe die Augen dabei.
    »Geh … geh weg«, flüstert sie, als versuchte sie einen üblen Traum abzuwehren.
    »Würd ich ja gern. Also, wünsch dir das drei Mal, und nach dem dritten Wunsch wirst du mich vergessen haben. Du kannst mit deinem glücklichen, kleinen wunschbefrachteten Leben weitermachen, und ich kann nach Caliban zurück. Komm schon. Fang an mit ›Ich wünsche mir‹ und setz dann etwas Passendes ein.«
    »Was ist Caliban?«, haucht sie.
    Ihre Frage fühlt sich für mich an wie ein Ruck, etwa so, als würde ich von einer Welle erfasst und an den Strand
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