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Dreck

Dreck

Titel: Dreck
Autoren: Garry Disher
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bildeten ein festes Knäuel.
    »Sieht aus wie ’ne Razzia«, sagte Trigg.
    Während sie dem Ganzen draußen folgten, löste sich eine große Gestalt aus dem Schatten eines Schuppens, kletterte behende über den Zaun und ließ sich auf die andere Seite fallen. Noch bevor er die Erde berührt hatte, war er schon losgerannt. Seine Bewegungen hatten etwas Entschlossenes und äußerst Geschmeidiges.
    Venables und Trigg stießen die altmodische Schwingtür des Pubs auf. Die Straße war menschenleer. Vom Baulager drangen noch Rufe und Kampfgeräusche herüber, aber der Mann von eben war bereits verschwunden.
    Dann hörten sie das Starten eines Wagens, der unmittelbar darauf mit leichten Schleuderbewegungen in die Straße einbog. Die Kotflügel berührten den Kies, und er beschleunigte mit laut aufheulendem Motor. Es war ein großer, angestaubter Ford, und einen Moment lang war ihnen, als könnten sie die intensive Anspannung und die Entschlossenheit des Mannes hinter dem Steuer körperlich spüren.
    Trigg platzte vor Wut und stampfte mit seinen kleinen Füßen auf. »Dreckskerl! Er hat den LTD geklaut.« Er reckte die Fäustchen in die Luft und drohte der sich entfernenden Staubwolke hinterher. »Du bist Asche, Kumpel.«

Fünf
    Im LTD steckte der Schlüssel. Deshalb hatte Wyatt ihn gewählt, anstatt kostbare Zeit damit zu vergeuden, eine der Rostlauben vom Gebrauchtwagengelände kurzzuschließen. Er fuhr von Belcowie nach Norden in mörderischem Tempo und spürte, wie der Ford bockte und schlingerte, wenn er in Schlaglöcher fuhr. Einmal verlor er die Kontrolle, die Reifen drehten auf dem Kies durch und er schleuderte gegen den Pfosten einer Hochspannungsleitung. Danach drosselte er die Geschwindigkeit. Ein Kotflügel war verbogen, schabte gegen den Vorderreifen, und Wyatt war gezwungen, Richtung Terowie einzubiegen, einer kleinen Stadt an der Straße nach Broken Hill. Hier hatte schon General MacArthur 1942 kurz angehalten – mehr wusste Wyatt über diesen Ort auch nicht.
    Binnen fünf Minuten hatte er einen neuen Wagen gestohlen. Diesmal fuhr er nach Süden und blieb auf der Hauptstraße. Je näher Adelaide rückte, desto zivilisierter wurde die Landschaft. Die Städte lagen dichter beisammen, die Farmen wirkten weniger verwittert. Doch Wyatt befürchtete, in eine Straßenkontrolle zu geraten. Bei Tarlee bog er ab nach Nuriootpa und kurvte durch die kleinen Ortschaften, Weingüter und verschlafenen Touristenstraßen des Barossa Valley. Dann – er wollte sie glauben machen, sein Ziel sei Melbourne – fuhr er Richtung Südosten zur Murray Bridge. Dort ließ er den Wagen stehen und nahm den Zug nach Adelaide. In Adelaide Hills stieg er aus.
    Die letzten zehn Kilometer zu Leahs Haus ging er zu Fuß. Er nahm kleine Seitenwege, die von Brombeerbüschen gesäumt waren. Langsam hörte sein Herz auf zu pochen. Die Hügel erinnerten ihn an die kleine Farm an der Küste Victorias, die er vor ein paar Wochen hatte verlassen müssen. Die gleichen Obstplantagen und dickwolligen, weißen Schafe, die gleichen geometrischen Muster aus Straßen, Pferdekoppeln, Hecken und Ortschaften. Nur das Meer fehlte. Er holte tief Luft, spürte wieder Leben.
    Die Spannung wich aus seinem Körper, und er machte sich Gedanken über die Risse, die die Steelgard-Operation nun leider durchzogen hatten. Wyatt war nicht so töricht, unnötig Risiken einzugehen. Ein Überfall auf den Belcowie-Lohntransport war nun gefährlicher als vorher, aber er hielt das Risiko für kalkulierbar. Er fühlte sich leicht frustriert, aber mit Frustrationen hielt er sich in der Regel nicht lange auf.
    Wyatt war vierzig. Anständige Männer in seinem Alter zählten bereits die Jahre bis zur Rente. Die Hartgesottenen unter ihnen waren entweder tot oder hinter Gittern. Wyatt war anders. Nie hatte ihn auch nur der blasseste Zweifel gestreift; Unsicherheit oder persönliche Grenzen waren ihm fremd. Er operierte auf der Grundlage eiskalter Überlegung. Bei einem Job konnte er alles auf das Wesentliche reduzieren, seine Arbeit verriet eine präzise, harte Handschrift.
    Das Wesentliche war hier offenkundig – die Steelgard-Geschichte war riskant, besonders nach seiner Flucht aus Belcowie. Die Wachleute schienen naiv und phlegmatisch, die Lieferung lief immer nach demselben Muster ab und die Sicherungsvorkehrungen waren miserabel. Dennoch musste das Wie und Wo geändert werden. In Belcowie, insbesondere im Brava-Baulager, würde in den nächsten Wochen eine angespannte Atmosphäre
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