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Dreck

Dreck

Titel: Dreck
Autoren: Garry Disher
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elastisch ihre Bewegungen waren. Jetzt erst fühlte er sich ruhig und sicher. Er steckte die Waffe weg und umarmte sie. Sofort verflüchtigte sich ihr ironischer Gesichtsausdruck. Sie schloss die Augen, holte tief Luft und öffnete sie wieder. »Okay, also gut«, sagte sie beinahe ärgerlich.
    Am nächsten Morgen, in ihrem völlig zerwühlten Bett, erzählte sie ihm von den Lohntüten in Belcowie.
    »Ein gottverlassener kleiner Ort«, sagte sie, »in der Mitte von nirgendwo. Dort ist niemals etwas passiert, bis zu dem Tag, als die Regierung beschloss, eine Gas-Pipeline zu verlegen und die Einwohner eines Morgens plötzlich hundertfünfzig geile Bauarbeiter vor der Tür stehen hatten.«
    »In diesem Moment trittst du auf den Plan«, bemerkte Wyatt.
    »Genau. Fünfzehnhundert Dollar die Woche und außer Bier und Poker nichts, für das man sie ausgeben könnte. Ich hab Jorge ein gutes Angebot gemacht – ich bringe die Mädchen, er kriegt zehn Prozent und eine stets zufriedene Truppe.«
    Wyatt stützte sich auf seinen Ellbogen und berührte sie sanft. Eine eher unbewusste Bewegung, aber Leah verfolgte seine Hand aufmerksam, wie sie an ihrem Körper hinabglitt. »Das Geld«, sagte er.
    Sie ließ sich nach hinten fallen. »Ich war kaum zwei Wochen da, um den Mädchen beim Einrichten zu helfen, die wichtigsten Regeln festzulegen und ’n paar Dinge zu klären. Zwei Mal hab ich gesehen, wie die Löhne kamen.«
    »Einzelheiten«, sagte Wyatt.
    »Donnerstag ist Zahltag. Der Van kommt kurz vor Mittag. Die Bewachung lässt zu wünschen übrig.«
    Wyatt nickte. Er fing bereits an, dem Job in Gedanken Konturen zu geben. »Polizei?«
    »Das nächste Polizeirevier ist eine Stunde entfernt. Als ich da war, habe ich keinen einzigen Bullen gesehen.«
    »Was ist mit dem Lager? Wer ist da, wenn das Geld ankommt?«
    »Kaum jemand. Die Bautrupps hören am Donnerstag gegen halb drei mit der Arbeit auf und kommen zurück, um ihren Lohn entgegenzunehmen, aber bis dahin herrscht Ruhe.«
    »Wie viele Wachleute?«
    »Ich habe nur zwei gesehen, jedes Mal dieselben. Sie bleiben, bis die Lohntüten verteilt sind und hauen gegen drei wieder ab.«
    »Die Stadt?« fragte Wyatt. »Zeugen?«
    »Das Lager liegt am Stadtrand auf dem Gelände einer ehemaligen Pferdekoppel. So weit ich mich erinnere, ist da noch ein Bowling-Club und gegenüber sieht man ein paar Hinterhöfe, das ist alles. Ein ziemlich toter Ort.«
    Wyatt lenkte seine Aufmerksamkeit wieder ganz auf sie. Sie lachte und räkelte sich. »Das gefällt dir, hm?«
    »Ich werde es überprüfen.«
    »Ich kann Jorge bitten, dir dort einen Job zu geben.«
    Sein Gesicht hatte müde und abgespannt gewirkt, aber nun bemerkte sie, wie es sich straffte. »Nein! Keine Querverbindungen.«
    »Bleib locker«, sagte sie, dehnte sich und schloss die Augen.
    Ein paar Tage später fuhr sie ihn zu einer Bushaltestelle im Zentrum von Adelaide. Der Bus nach Broken Hill kam bis auf etwa zwanzig Kilometer an Belcowie heran und den wollte er nehmen. An einer Kreuzung in der Wüste, bei einem unscheinbaren Malleebusch, stieg er aus und ging zu Fuß weiter. Nach einer Stunde Marsch wurde er von einem Postauto mitgenommen, das ihn am Stadtrand von Belcowie absetzte. Es war früher Nachmittag. Wyatt kannte sich mit Motoren aus, er war kräftig und konnte einen Lastwagen fahren. Um vier Uhr hatte ihn Jorge Figueras für das Pipeline-Projekt und $1.500 die Woche eingestellt.

Drei
    Während er sich nun die Hände trocknete und den Lagerhund dabei beobachtete, wie er sein Bein hob und den Van anpisste, entschied Wyatt, wie es ablaufen würde. Sobald das Geld ausgeladen und das Zahlbüro fast unbeaufsichtigt war, würde er zuschlagen. Nur wenige Minuten später würde er sich mit zwei bewaffneten Männern und einhundertfünfzig Lohntüten herumschlagen müssen. Ihm blieben nun sieben Tage, um ein gutes Team zusammenzustellen und ein paar gestohlene Autos zwischen Belcowie und Adelaide in Stellung zu bringen, mit denen er fliehen konnte.
    »Hey, Gringo, Essen fassen!«
    Es war der Vorarbeiter aus der Reparaturwerkstatt. Er hieß Carlos und wartete mit einer Gruppe anderer Chilenen auf Wyatt.
    Aber Wyatt musste scharf nachdenken. Er starrte durch die Chilenen hindurch. Die zuckten die Achseln, drehten sich um und gingen über den staubigen Hof in Richtung Kantine.
    Wyatt sah auf seine Uhr. Fünfzehn Minuten später verließ er den Schuppen und machte die Runde am Büro vorbei bis zum vorderen Tor. Er konzentrierte sich, prägte
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