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Dramen

Titel: Dramen
Autoren: Frank Wedekind
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gesehen?
    Moritz
    Ja!
    Melchior
    Aber ganz?!
    Moritz
    Vollständig!
    Melchior
    Ich nämlich auch! – Dann werden keine Illustrationen nötig sein.
    Moritz
    Während des Schützenfestes, in Leilichs anatomischem Museum! Wenn es aufgekommen wäre, hätte man mich aus der Schule gejagt. – Schön wie der lichte Tag, und – o so naturgetreu!
    Melchior
    Ich war letzten Sommer mit Mama in Frankfurt – Du willst schon gehen, Moritz?
    Moritz
    Arbeiten machen. – Gute Nacht.
    Melchior
    Auf Wiedersehen.
Dritte Szene
    Thea, Wendla und Martha kommen Arm in Arm die Straße herauf.
    Martha
    Wie einem das Wasser ins Schuhwerk dringt!
    Wendla
    Wie einem der Wind um die Wangen saust!
    Thea
    Wie einem das Herz hämmert!
    Wendla
    Gehn wir zur Brücke hinaus! Ilse sagte, der Fluß führe Sträucher und Bäume. Die Jungens haben ein Floß auf dem Wasser. Melchi Gabor soll gestern abend beinah ertrunken sein.
    Thea
    O der kann schwimmen!
    Martha
    Das will ich meinen, Kind!
    Wendla
    Wenn der nicht hätte schwimmen können wäre er wohl sicher ertrunken!
    Thea
    Dein Zopf geht auf, Martha; dein Zopf geht auf!
    Martha
    Puh – laß ihn aufgehn! Er ärgert mich so Tag und Nacht. Kurze Haare tragen wie du darf ich nicht, das Haar offen tragen wie Wendla darf ich nicht, Ponyhaare tragen darf ich nicht, und zu Hause muß ich mir gar die Frisur machen – alles der Tanten wegen!
    Wendla
    Ich bringe morgen eine Schere mit in die Religionsstunde. Während du »Wohl dem, der nicht wandelt« rezitierst, werd' ich ihn abschneiden.
    Martha
    Um Gottes willen, Wendla! Papa schlägt mich krumm, und Mama sperrt mich drei Nächte ins Kohlenloch.
    Wendla
    Womit schlägt er dich, Martha?
    Martha
    Manchmal ist es mir, es müßte ihnen doch etwas abgehen, wenn sie keinen so schlecht gearteten Balg hätten wie ich.
    Thea
    Aber Mädchen!
    Martha
    Hast du dir nicht auch ein himmelblaues Band durch die Hemdpasse ziehen dürfen?
    Thea
    Rosa Atlas! Mama behauptet, Rosa stehe mir bei meinen pechschwarzen Augen.
    Martha
    Mir stand Blau reizend! – Mama riß mich am Zopf zum Bett heraus. So – fiel ich mit den Händen vorauf auf die Diele. – Mama betet nämlich Abend für Abend mit uns…
    Wendla
    Ich an deiner Stelle wäre ihnen längst in die Welt hinausgelaufen.
    Martha
    … Da habe man's, worauf ich ausgehe! – Da habe man's ja! – Aber sie wolle schon sehen – o sie wolle noch sehen! Meiner Mutter wenigstens solle ich einmal keine Vorwürfe machen können…
    Thea
    Hu – Hu –
    Martha
    Kannst du dir denken, Thea, was Mama damit meinte?
    Thea
    Ich nicht. – Du, Wendla?
    Wendla
    Ich hätte sie einfach gefragt.
    Martha
    Ich lag auf der Erde und schrie und heulte. Da kommt Papa. Ritsch – das Hemd herunter. Ich zur Türe hinaus. Da habe man's. Ich wolle nun wohl so auf die Straße hinunter…
    Wendla
    Das ist doch gar nicht wahr, Martha.
    Martha
    Ich fror. Ich schloß auf. Ich habe die ganze Nacht im Sack schlafen müssen.
    Thea
    Ich könnte meiner Lebtag in keinem Sack schlafen!
    Wendla
    Ich möchte ganz gern mal für dich in deinem Sack schlafen.
    Martha
    Wenn man nur nicht geschlagen wird.
    Thea
    Aber man erstickt doch darin!
    Martha
    Der Kopf bleibt frei. Unter dem Kinn wird zugebunden.
    Thea
    Und dann schlagen sie dich?
    Martha
    Nein. Nur wenn etwas Besonderes vorliegt.
    Wendla
    Womit schlägt man dich, Martha?
    Martha
    Ach was – mit allerhand. – Hält es deine Mutter auch für unanständig, im Bett ein Stück Brot zu essen?
    Wendla
    Nein, nein.
    Martha
    Ich glaube immer, sie haben doch ihre Freude – wenn sie auch nichts davon sagen. – Wenn ich einmal Kinder habe, ich lasse sie aufwachsen wie das Unkraut in unserem Blumengarten. Um das kümmert sich niemand, und es steht so hoch, so dicht – während die Rosen in den Beeten an ihren Stöcken mit jedem Sommer kümmerlicher blühn.
    Thea
    Wenn ich Kinder habe, kleid' ich sie ganz in Rosa, Rosahüte, Rosakleidchen, Rosaschuhe. Nur die Strümpfe – die Strümpfe schwarz wie die Nacht! Wenn ich dann spazierengehe, laß ich sie vor mir hermarschieren. – Und du, Wendla?
    Wendla
    Wißt ihr denn, ob ihr welche bekommt?
    Thea
    Warum sollten wir keine bekommen?
    Martha
    Tante Euphemia hat allerdings auch keine.
    Thea
    Gänschen! – weil sie nicht verheiratet ist.
    Wendla
    Tante Bauer war dreimal verheiratet und hat nicht ein einziges.
    Martha
    Wenn du welche bekommst, Wendla, was möchtest du lieber, Knaben oder Mädchen?
    Wendla
    Jungens! Jungens!
    Thea
    Ich auch Jungens!
    Martha
    Ich auch.
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