Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
Vom Netzwerk:
sondern weiß wie das eines alten Mannes.
    Kay senkte die Lider, sie hatte ihn über Gebühr angestarrt. Er war einer der Zöglinge, also jemand von der Herrschaft. » Darf ich… darf ich gehen, Herr? « , fragte sie.
    Â» Wer bist du, was hast du dort gemacht? « , fragte er, und sie erkannte die Stimme. Er war derjenige, der die anderen in die Bibliothek geschickt hatte.
    Â» Ich bin eins der Hausmädchen, Herr « , sagte sie. » Ich habe aufgeräumt und Feuer gemacht. « Sie zwang sich, ihre Hände entspannt und locker hängen zu lassen. Er durfte nichts von ihrer Nervosität bemerken. Sie fühlte sich, als würde sie von einem wilden Tier belauert, das beim ersten Anzeichen von Schwäche über sie herfallen würde.
    Â» Du hast dich dort versteckt, um uns zu belauschen? « Er sprach leise und beherrscht, aber unter der kühlen Oberfläche lauerten scharfe Klingen. Kay schluckte ihre Befürchtungen hinunter, er konnte sie ja kaum dafür umbringen, dass sie sich vor Schreck verkrochen hatte.
    Â» Verzeiht, Herr. Wir haben die strikte Anordnung, die Herrschaft nicht zu belästigen. Ich wusste nicht, wie ich aus dem Zimmer kommen sollte, ohne Euch zu stören. « Sie wagte, aufzusehen und seinen Blick zu erwidern.
    Sein Gesicht war eine glatte, undurchdringliche Maske, nur in seinen hellen Raubtieraugen schimmerte eine Gefühlsregung, die sie nicht entschlüsseln konnte. Er hatte ebenmäßige Züge, ein willensstarkes Kinn, eine gerade Nase und einen schön geformten Mund, aber irgendetwas an seinem Gesicht irritierte Kay. Da war ein Zug um seinen Mund, der sie abstieß.
    Â» Hausmädchen soll man nicht sehen und nicht hören « , sagte er und klang beinahe amüsiert. » Aber du stehst hier in deiner ganzen schmutzigen Pracht vor mir, starrst mir frech ins Gesicht und wagst es, mit mir über Banalitäten wie Haushaltsdinge zu reden. Ich werde dich dafür bestrafen müssen. «
    Â» Herr « , Kay stammelte, » ich bin neu im Haus. Ich wusste nicht, dass… «
    Â» Schweig « , sagte er sanft. Er war ein junger Mann, nur wenige Jahre älter als sie, aber seine Stimme besaß eine Autorität, die ihr förmlich die Lippen versiegelte. Kay senkte den Kopf und seufzte.
    Da sirrte etwas an ihrem Ohr vorbei, ein kühler Luftzug streichelte ihre Wange. Sie riss den Kopf hoch, starrte den jungen Mann an.
    Er stand vor dem Sessel, sein Arm mit dem Rapier war ausgestreckt. Die Spitze der Waffe zielte auf ihren Kehlkopf, nur um Fingerbreite von ihrer Haut entfernt. Kay wagte nicht zu atmen. Das Licht schimmerte auf der scharfen Schneide der Waffe. Wenn sie eine hastige Bewegung machte, würde sie sich selbst aufspießen.
    Â» Lass mich nachdenken « , sagte er. » Ich habe dummerweise gerade meine Peitsche nicht zur Hand. Vielleicht sollte ich dich einfach töten, das wäre eine Lösung. «
    Kay schnappte nach Luft. Die scharfgeschliffene Spitze des Rapiers bewegte sich keinen Millimeter, stand wie festgefroren vor ihrer Kehle in der Luft. » Herr « , sagte Kay mit aller Festigkeit, die sie in ihre Stimme legen konnte, obwohl ihr Herz so heftig klopfte, dass ihr ganzer Körper zu vibrieren schien, » ich bitte Euch um Verzeihung für mein Vergehen und werde jede Strafe, die Ihr mir auferlegt, klaglos und stumm hinnehmen. Wenn Ihr mich aber töten wollt, so muss ich mich dagegen zur Wehr setzen. «
    Seine Augen weiteten sich für den Bruchteil eines Moments, dann war sein Ausdruck wieder so undurchdringlich wie zuvor. » Du wirst dich also wehren « , sagte er in nachdenklichem Ton. » Das klingt verlockend. Wollen wir beginnen? «
    Die Bewegung war so schnell, dass Kay Mühe hatte, sie wahrzunehmen. Das Rapier blitzte auf, sie spürte eine federleichte Berührung an der Schulter, kurz darauf eine zweite an der anderen Seite. Eine Locke ihres Haars sank vor ihrem verblüfften Blick zu Boden, Stoff raschelte. Kay keuchte, denn ihre Blusenärmel klappten auf und fielen ihr von den Schultern.
    Der junge Mann stand regungslos wie zuvor, als hätte er sich nicht von der Stelle bewegt. Die Waffe zielte nun nicht mehr auf ihre Kehle, sondern auf ihre Brust, verhakte sich spielerisch in der Verschnürung ihres Mieders. » Ich kann mich nicht recht entscheiden « , sagte er und tändelte an den Schnüren herum. » Ich könnte dich aufspießen wie einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher