Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenzauber

Drachenzauber

Titel: Drachenzauber
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
seltsam lilablauen, Hurog-blauen Augen beinahe identisch, was das Äußere anging, aber nicht im Geiste. Beckram war verwegen und charismatisch, was Erdrick dazu verdammte, ein Leben als sein Hände ringender Schatten zu führen.
    Ich schaute zum Fluss hin, zu den Bäumen und zu der Öffnung des Abflusskanals unserer Burg. Als mein Blick auf Letztere fiel, holte Erdrick tief Luft, also sah ich sie mir genauer an. Das Gitter, das dafür sorgen sollte, Tiere fernzuhalten, schloss nicht mehr richtig. Ein kleiner Fuß war im Schlamm am Eingang zum Abfluss bis zum Knöchel eingesunken.
    Ich ging hinüber zu dem Gitter und starrte es eine Weile an. Erdrick bebte vor Anspannung. Ich griff nach oben und riss an dem Gitter. Es ließ sich leicht ein Stück zurückziehen - weit genug, dass meine schlanke Schwester hätte hineinschlüpfen können.
    Nach einer langen Pause wandte ich mich Beckram zu. »Ist Ciarra hier hineingegangen? Das da ist ihr Fußabdruck.«
    Er ging in seinem Kopf mehrere Antworten durch, bevor er sagte: »Das dachten wir ebenfalls. Wir wollten gerade nach ihr suchen.«
    »Ciarra!«, rief ich in den Gang. »Komm raus, Racker!«
    Ich nannte sie bei ihrem Spitznamen, für den Fall, dass die Akustik des Ganges meine Stimme verzerrte. Ich war der Einzige, der sie Racker nannte. Mein Brüllen hallte in den Tiefen des Tunnels wider wie das eines Drachen. Es kam keine Antwort, aber das war verständlich.
    Ich brauchte die schlammigen Spuren nicht, um zu wissen, dass sie irgendwo da drinnen war. Das Einzige, was mir - außer ein paar Tricks - von der magischen Begabung geblieben war, die ich als Kind gehabt hatte, war die Fähigkeit, Personen und Dinge auf magische Weise zu finden. Ciarra war irgendwo da drin, ich konnte sie spüren. Ich schaute nach dem Sonnenstand. Wenn sie zu spät zum Abendessen kam, würde der Hurogmeten, unser Vater, sie schlagen. Ich setzte den Rucksack ab, in dem ich die Armbrustbolzen und ein bisschen Proviant mitgenommen hatte.
    »Was habt ihr mit ihr gemacht?«, fragte ich.
    »Ich habe versucht, sie zu warnen. Ich sagte ihr, dass es da drin gefährlich ist«, flehte Erdrick, bevor Beckram ihn aufhalten konnte.
    »Ach?« Ich richtete mich auf und trat einen Schritt näher zu Beckram.
    »Sie ist ein albernes Huhn«, stotterte Beckram, der nun doch die Nerven verlor und zurückwich. »Ich wollte ihr nicht wehtun. Es war nur eine harmlose Tändelei.«
    Ich schlug ihn. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich ihn umbringen oder zumindest seinen Kiefer brechen können. Aber ich hielt mich zurück und verpasste ihm nur ein wunderschönes blaues Auge. Es betäubte ihn lange genug, dass ich meine Aufmerksamkeit Erdrick zuwenden konnte.
    »Wirklich, Ward, er hat ihr nur gesagt, wie schön ihr Haar ist«, sagte er.
    Ich starrte ihn einfach nur weiterhin an.
    Schließlich begann Erdrick sich zu winden und murmelte: »Aber du weißt, wie er ist - es geht nicht darum, was er sagt, sondern wie er es tut. Sie ist davongerannt wie eine verschreckte Hirschkuh und ins Freie gelaufen. Wir sind ihr gefolgt, weil es hier drau-
    ßen für ein Mädchen allein gefährlich sein kann.«
    Erdrick mochte ein ärgerlicher Schwächling sein, aber für gewöhnlich sagte er die Wahrheit. Dank der Magie der Zwerge gab es in den Abflusskanälen keine Ratten und Insekten. Mein Bruder Tosten hatte sie allerdings in seinen Geschichten mit allen Arten von Ungeheuern bevölkert.
    Die Öffnung, durch die der Racker geschlüpft war, war nicht annähernd groß genug für mich. Ich zog fest an dem Gitter, aber es schepperte nur.
    »Du wirst nicht durchpassen«, prophezeite Beckram, der sich hingesetzt hatte und vorsichtig sein Auge betastete. Er musste wirklich ein schlechtes Gewissen haben, denn sonst hätte er versucht zurückzuschlagen. »Erdrick und ich konnten es auch nicht. Sie wird schon rauskommen, wenn sie bereit ist.«
    Inzwischen war es beinahe Zeit zum Abendessen.
    Ich konnte es nicht ertragen, wenn Vater sie schlug.
    Ich würde es nicht noch einmal zulassen, aber es war zu früh, ich war noch nicht gut genug, um ihn zu besiegen. Also zog ich mein dickes Lederwams aus und legte es zu den Jagdutensilien.
    »Bringt meine Sachen in die Burg«, sagte ich, packte das Gitter fest und zog. Es gab selbstverständlich eine einfachere Möglichkeit, aber die würde einem Idioten nicht einfallen. Ich musste mich weiterhin anstrengen, bis meine Vettern gegangen waren oder Beckram die Geduld verlor …
    »Nimm den Stift heraus, dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher