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Drachenwege

Drachenwege

Titel: Drachenwege
Autoren: Anne McCaffrey
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Klatschge-schichten nicht zu verpassen.
    An der Haupttafel, um die herum sich die anderen
    Tische gruppierten, entdeckte Kindan den Führer der Karawane und seine Gemahlin, doch immer wieder musste er seine Schwester und ihren Verlobten, Terregar, anschauen. Der Schmied war mittelgroß, aber mit kräftigen Muskeln bepackt. Er trug einen gepflegten, kurzgetrimmten Bart, durch den sich häufig ein Lächeln stahl, begleitet von einem fröhlichen Aufblitzen der strahlend blauen Augen. Kindan hatte Terregar gleich bei ihrer allerersten Begegnung gemocht.
    Terregar und Silstra - die Namen hatten einen guten Klang. Aber für ihn und alle anderen Bewohner des Camps würde seine Schwester stets nur »Sis« bleiben.
    Kindan fragte sich, ob es in der Halle der Schmiede-zunft in Telgar bereits eine »Sis« gäbe. Aber vielleicht heiratete diese Dame ja einen Mann, der kein Schmied war, und man brauchte einen Ersatz. In Camp Natalon würde man seine »Sis« schmerzlich vermissen, soviel stand für ihn jetzt schon fest. Denn niemand konnte seine große Schwester ersetzen.
    Kindan merkte, dass seine Augen tränten, und er redete sich ein, der Wind müsse die Richtung gewechselt und ihm ein wenig Asche von den Feuern ins Gesicht geblasen haben. Dass sein Herz plötzlich schwer wie ein Stein wurde, ignorierte er. Er wusste, wie glücklich Sis sein würde; immer und immer wieder hatte sie dies gesagt. Und er konnte nicht abstreiten, dass Terregar ein wirklich netter Mann war. Trotzdem ... ohne seine Schwester würde er sich sehr einsam fühlen, denn sie hatte sich seit dem Tod ihrer Mutter um die gesamte Familie gekümmert.
    Nun blies der Wind tatsächlich aus einer anderen
    Richtung, und die auffrischende Brise trug einen neuen Duft heran - es roch intensiv nach süßen Pasteten.
    Kindan leckte seine Lippen, derweil er versuchte, den Ursprung des Aromas auszumachen. Doch als er aufstehen wollte, drückte eine Hand ihn wieder nach unten.
    »Denk nicht mal daran«, knurrte jemand in sein Ohr.
    Es war sein älterer Bruder, Kaylek. »Dad hat mich geschickt, um nach dir zu suchen. Du sollst Dask baden.«
    »Jetzt gleich?«
    »Natürlich, was denn sonst!«
    »Aber wenn ich zurückkomme, sind alle Pasteten
    aufgegessen!«, protestierte Kindan.
    Kaylek ließ sich nicht erweichen. »Morgen bei der
    Hochzeitsfeier gibt es auch noch welche«, sagte er achselzuckend. »Und Dask muss ganz sauber sein, sonst zieht Dad dir das Fell über die Ohren.«
    »Aber es ist noch nicht dunkel!«, wandte Kindan ein.
    Wie alle Wachwhere, besaß Dask übergroße Augen, die auf Tageslicht mit Schmerzen reagierten. Am besten sah Dask bei Nacht. Ein Wachwher vermochte selbst in tiefster Finsternis noch etwas zu erkennen. Es gab viele Bergleute, die ihr Leben dem Umstand verdankten, dass ein Wachwher sie nach dem Einsturz eines Stollens unter Felsen und Geröll entdeckt hatte.
    Eine hünenhafte Gestalt baute sich drohend vor den beiden jungen Burschen auf. Automatisch zuckte Kaylek zurück; er hatte sich seit jeher vor ihrem Vater ge-fürchtet, viel mehr als Kindan.
    »Ihr zwei stört mit eurem Gezänk die Mahlzeit«, ver-kündete Danil; von der jahrelangen Arbeit im Kohlen-bergwerk hatte seine Stimme einen tiefen, rauen Klang angenommen. Eine große Pranke legte er auf Kayleks Schulter.
    »Ich habe ihm gesagt, er soll Dask baden gehen«, er-klärte Kaylek.
    Kindan hob den Kopf und schaute seinem Vater fragend in die Augen. Danil quittierte den Blick mit einem Nicken.
    »Na ja, das hat Zeit, bis du ein paar von den süßen Pasteten gegessen hast«, meinte er. Kindan drohte er mit dem Finger. »Ich verlasse mich darauf, dass ihr uns keine Schande macht. Morgen soll mich jeder von Brug Crom um meinen Wachwher beneiden.«
    »Jawohl, Sir!«, bekräftigte Kindan voller Enthusias-mus. Auf einmal kam ihm die verhasste Arbeit als ein Beweis dafür vor, dass sein Vater ihm voll und ganz vertraute. »Ich gebe mein Bestes.«
    Danils Hand ruhte immer noch auf Kayleks Schulter, als er vorschlug: »Komm mit, Junge, da ist ein Mädchen aus der Gilde, mit dem ich dich bekannt machen möchte.«
    Selbst im abendlichen Zwielicht sah Kindan, dass
    Kaylek rot anlief. Er war gerade vierzehn Planetenumläufe alt und kaum aus dem Stimmbruch heraus; nicht mehr ein Knabe, und noch kein Mann, verhielt er sich Mädchen gegenüber sehr schüchtern. Kindan musste sich beherrschen, um nicht schallend zu lachen, doch Kaylek sah ihm seine Schadenfreude an und bedachte ihn mit wütenden Blicken.
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