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Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Titel: Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert
Autoren: Tina Daniell
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wie einer. Eines Tages kämpfst
du vielleicht wie ein Mann.«
Das war für sie kein Kompliment. Aber als der Fremde ihr
die Hand zum solamnischen Gruß anbot, lächelte sie
unwillkürlich doch. Sie drückte ihm fest die Hand.
Er lachte wieder, setzte sich und biß in den Apfel, den
Kitiara gepflückt hatte. Aus dem Mantel zog er noch einen
Apfel hervor, den er ihr mit durchtriebenem Grinsen anbot.
Sie runzelte verärgert die Stirn.
»Ach, mach dir nichts draus«, sagte der Fremde beruhigend.
»Wie heißt du, Mädchen?«
Mit deutlicher Zurückhaltung nahm sie den Apfel.
»Kitiara Uth Matar«, sagte sie stolz.
Bildete sie es sich nur ein, oder verriet das Gesicht des
Fremden wirklich, daß er diesen Namen schon einmal gehört
hatte? Jedenfalls hatte er deutlich reagiert.
»Irgendwie verwandt mit Gregor Uth Matar?« fragte er
immer noch lächelnd.
»Kennst du ihn?« Sie beugte sich aufgeregt vor.
»Nein, nein«, erwiderte er hastig und wechselte den Tonfall.
»Hab’ natürlich von ihm gehört. Nur von ihm gehört.« Er
schien Kitiara anders anzusehen und ihr Gesicht genauer zu
mustern. »So einen Mann würde ich gerne mal treffen – falls er
zufällig mal in diese Gegend kommt.«
Auf einmal mußte Kitiara gegen Tränen ankämpfen. »Mein
Vater wohnt nicht mehr in Solace«, sagte sie nach ein paar
Augenblicken ruhig. »Er ist bald nach unserer Rückkehr aus
der Schlacht mit ein paar Barbaren von zu Hause
weggegangen. Das ist über ein Jahr her.«
Diesen schrecklichen Morgen würde Kitiara nie vergessen.
Auf einmal war ihr Vater nicht mehr dagewesen, hatte sie beim
Aufwachen nicht mehr angelächelt. Es hatte keine echte
Vorwarnung für seine Abreise gegeben. Er hatte mit Rosamund
Streit gehabt, aber das war nichts Neues. Und der Zettel, den er
ihr dagelassen hatte, hatte auch wenig erklärt.
Leb wohl fürs erste. Kümmere dich um Cinnamon. Sie
gehört dir. Du weißt, daß dein Vater dich liebt. Denk an mich.
Gregor.
Er hatte sein Lieblingspferd dagelassen und war auf einem
kürzlich erst eingetauschten davongeritten. Kitiara hatte das
Papier zerknüllt und tagelang, ja, wochenlang immer wieder
geweint. Jetzt wünschte sie sich, sie hätte wenigstens den
Zettel noch, als Erinnerung.
Keiner in Solace konnte sagen, welchen Weg Gregor
genommen hatte, welche Straße in welche Richtung.
»Hast du in letzter Zeit von ihm gehört?« fragte sie den
Fremden.
»Hmmm. Ich glaube, ich habe etwas über ein paar Abenteuer
im Norden gehört«, antwortete der ausweichend, weil er jetzt
dabei war, aufzustehen und sein Schwert wieder wegzustecken.
»Seine Familie stammt aus dem Norden«, sagte Kit
offensichtlich aufgeregt.
»Oder vielleicht war es auch in der Wildnis von Khur, im
Osten. Ich bin mir nicht sicher.«
»Oh.« Kits Stimme wurde leise.
»Ein Mann wie er bleibt nie lange am gleichen Ort«, fuhr er
fort.
»Was soll das heißen?« fragte Kit etwas aufgebracht. »Ein
Mann wie er?«
Als er aufblickte, sah er den Ärger, der über Kits Gesicht
zog. »Ich muß los, Kleine. Falls mir dein Vater über den Weg
läuft, soll ich ihm dann etwas ausrichten?« fragte er nicht
unfreundlich.
Kitiara wog ab, was sie diesem Fremden sagen sollte, der sie
in mancher Hinsicht an Gregor erinnerte, obwohl er weder so
groß noch so schön war. »Sag ihm einfach, daß ich trainiere«,
meinte sie schließlich. »Und daß ich bereit bin.«
Sie standen jetzt gerade außer Sichtweite von Kits Zuhause
auf einer Lichtung unter den hohen Wegen zwischen den
Vallenholzbäumen. Kit kam oft hierher, um mit dem Schwert
zu üben. Der Fremde wollte schon aufbrechen, als Kit noch
daran dachte, ihn nach seinem Namen zu fragen.
»Ursa II Kinth, aber du kannst Ursa zu mir sagen, falls wir
uns mal wieder begegnen.«
»Warte!« schrie Kit fast verzweifelt, als er sich umdrehte.
»Nimm mich mit, Ursa. Ich brauche nur ein richtiges Schwert
oder ein Messer, und dann könnte ich dich unterwegs auch
beschützen. Ich mach’ dir keinen Ärger. Ich habe Verwandte
im Norden; die können mir helfen, meinen Vater zu finden.
Oh, bitte, bitte, nimm mich mit!«
»Du mich beschützen?« schnaubte Ursa. »Ich hoffe doch, es
dauert noch ein paar Jahre, ehe ich den Schutz eines Kindes
brauche!«
Wieder brach er in höhnisches Gelächter aus.
»Wenn schon ein Kind, dann du, kleine Kitiara«, sagte Ursa
über die Schulter, während er einige Schritte von ihr fortging.
Nachdem er einen scharfen Pfiff durch die Zähne
ausgestoßen hatte, kam eine kräftige, graue Stute aus
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