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Drachenblut 01 - Die Väter

Drachenblut 01 - Die Väter

Titel: Drachenblut 01 - Die Väter
Autoren: Thomas Herzberg
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hölzern von seinem Pferd ab. Nachdenklich betrachtete er den
Säugling, der in den Armen seiner Amme selig schlief. Der erste und fraglos
wichtigste Teil war getan. Die zweite Hexe hatte den Fluch ihrer Vorgängerin
zunichte gemacht und hier war nun der Knabe, dessen Aufgabe es war, das Leben
seines Herren zu retten. Viele Jahre sollten bin dahin vergehen und es galt
gründliche Vorbereitungen zu treffen. Einen Ritter aus diesem ahnungslosen Wurm
zu machen, der es am Ende sogar mit einem Drachen aufnehmen könnte.

Kapitel 5: Wohlbehütet
     
    Zwölf
Jahre waren nunmehr vergangen, seitdem die Alte es vollbracht hatte, den Fluch
abzuwenden. Man hatte sich auf der Burg damit abgefunden, dass jedes zweite
Kind an die unheimliche Hexe abzugeben war und wie immer im Leben, traf es auch
hierbei die Armen. Die Kinder der Bauern und der einfachen Arbeiter wurden
geopfert. Die der reichen Kaufleute, der Gelehrten und Offiziere in der Regel
verschont. Auf das heimliche Gebären eines Kindes stand die Todesstrafe für die
gesamte Familie. Dass dies Wirkung zeigte, ist wohl nachvollziehbar. Wanderer,
welche die Stadt regelmäßig besuchten, berichten über grauenvolles Wimmern und
Schreie, die sie in den nahegelegenen Wäldern gehört hätten. Wirklich wissen
wollte niemand, was mit den Kindern geschehe. Es wurde zwar viel hinter
vorgehaltener Hand gemunkelt, aber klare Aussagen gab es nur selten.
     
    Ein
elfjähriger, stattlicher Knabe, lief an diesem Tage durch den Garten der Burg,
als er von einem der Diener gerufen wurde: »Siegfried! Der Graf will dich sehen
- sofort«, schallte es ihm mürrisch entgegen. Es wäre wohl besser ihn nicht
warten zu lassen, denn der Graf hatte nie wieder zu alter Lebensfreude
zurückgefunden. Er war ein grimmiger, jähzorniger Mann geworden, an dem auch
das Alter nicht spurlos vorübergegangen war. Man sah ihn eigentlich nur bei
Hinrichtungen oder Folterungen lachen, was seiner Freude eine zweifelhafte Note
verlieh.
    Siegfried
eilte in den großen Saal der Burg und fand seinen Stiefvater, sogar in relativ
heiterer Stimmung vor.
    »Siegfried«,
begann er in mildem Ton, »du feierst heute deinen elften Geburtstag. Es wird
nun Zeit, dass wir uns Gedanken um deine Ausbildung machen. Du bist ein kräftiger,
gesunder Bursche«, lobte der Graf ihn. Man hatte ihn selten so freundlich
erlebt.
    »Welchen
Beruf soll ich erlernen, Sire?«
    »Du
kennst Henry, meinen ersten Ritter?«
    »Natürlich,
Sire!« Jeder auf der Burg kannte Henry und war tunlichst darum bemüht, dem grimmigen
Hünen aus dem Wege zu gehen.
    »Er ist
Ausbilder meiner Leibwache und der beste Ritter weit über die Grenzen meiner
Grafschaft hinaus. Er hat mehr Männer getötet, als vierzig Weiber zu gebären
imstande sind«, fügte der Graf seltsam lächelnd hinzu.
    »Und
was soll ich von Henry lernen?«, erkundigte sich Siegfried aufgeregt.
    »Er
wird dich zu einem Ritter ausbilden, der, wenn Gott es will, ihn selbst noch an
Kampfkraft und Eifer übertreffen wird.«
    Siegfried
stand vor dem Grafen und fühlte, wie seine Beine weich wurden. Erst vor kurzer
Zeit hatte er im Burghof einen Streit zwischen Henry und zwei anderen Kerlen
miterlebt. Diese Narren hatten es gewagt, den jähzornigen Ritter
herauszufordern. Dass sie diesen Frevel am Ende mit ihrem Leben bezahlen
mussten, wunderte keinen.
     
    Und so
war es dann. Von nun an trainierte Siegfried an jedem Tag von Sonnenaufgang,
bis es wieder dunkel wurde. Schwerter, Keulen, Schilde und Morgensterne
gehörten zu seinen ständigen Begleitern. Kein Tag verging, an dem er nicht mit
Schmerzen oder gar Verletzungen in sein Bett gekrochen wäre. Das nur, um auch
am nächsten Tage wieder neue Hiebe einzustecken. Ritter Henry kannte kein
Erbarmen. Er nahm seinen neuen Schüler so hart heran, dass dieser jeden Tag die
letzten Grenzen seiner Kraft erlernte. Viele Männer waren in ihrer Ausbildung
zum Ritter ums Leben gekommen. Nicht selten sah man auf der Burg einen Krüppel,
dem mindestens ein Arm oder ein Bein fehlte.
    »Er
hätte ein guter Ritter werden können«, sagte man in solchen Fällen über diese
traurigen Invaliden. Aber Henry hielt sich an Grenzen. Immer dann, wenn
Siegfried wehrlos am Boden lag, beließ er es dabei, statt nachzusetzen.
Offensichtlich hatte er strenge Anweisungen vom Grafen erhalten.
    Einzige
Vertrauensperson war für Siegfried seine Amme geworden, der er auch seinen
Namen zu verdanken hatte. Als Graf Mordal sie damals nach einem Namen für den
Knaben fragte, da
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