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Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth

Titel: Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth
Autoren: Colin Cotterill
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im Hinterzimmer. Im Radio lief Flötenmusik aus dem Norden, eine Direktübertragung aus dem Studio der Armee. Im Eisschrank stand frischer Zitronentee bereit. Im Reiskocher dampfte das Mittagessen.
    Siri saugte derart viel Energie aus dem staatlichen Stromnetz, dass er jeden Augenblick mit einer Razzia rechnete. Als es plötzlich am Gartentor klingelte – eine Klingel, die nur Fremde benutzten -, wusste er, dass das Spiel aus war.
    »Besuch«, rief Fräulein Vong.
    »Das höre ich«, brummte Siri. »Sie möchten nicht zufällig nachsehen, wer es ist?«

    »Ich nähe.«
    »Soso.«
    Das alte Fräulein Vong wäre beim ersten Schrillen der Türglocke mit Fernglas und Notizblock ans Fenster gestürzt. Das neue Fräulein Vong kümmerte sich nicht darum. Siri kletterte widerstrebend aus seiner Hängematte und schlurfte steif über den Flur. Die Klingel schellte noch zwei Mal Sturm, bis er endlich vor dem Haus angekommen war.
    »Gemach, gemach«, sagte er und öffnete das knarrende Tor, das weder verschlossen noch verriegelt war.
    Zu seinem Erstaunen sah er sich Frau Fah, der Gattin seines alten Nachbarn Herrn Soth, gegenüber. Sie hatte geweint und zitterte am ganzen Körper.
    »Frau Fah. Was ist denn los?«
    »Dr. Siri, können sie bitte mitkommen?«
    So viele Worte hatten sie in all der Zeit, die sie Tür an Tür gewohnt hatten, nicht gewechselt.
    »Was ist denn?«
    »Mein Mann liegt im Sterben, und er gibt Ihnen die Schuld.«
    Siri holte seine Tasche, lud Frau Fah auf sein Motorrad, und sie fuhren los. Sie wies ihm den Weg. Zu seiner Verwunderung waren die Nachbarn nur gut anderthalb Kilometer weiter in einen ähnlichen Vorort gezogen. Die Frau wollte unbedingt außer Sichtweise des Hauses absteigen und vorausgehen, damit ihr Mann sie nicht bemerkte. Ihr neues Haus sah fast genauso aus wie das alte, das sie so überstürzt verlassen hatten. Es war alles höchst absonderlich.
    Da Frau Fah zur Krankheit ihres Mannes keine näheren Angaben gemacht hatte, wusste Siri nicht, was ihn erwartete. Er stellte das Motorrad auf der Straße ab und folgte der Frau
durch das luxuriöse Haus ins Schlafzimmer. In der Mitte des riesigen Doppelbettes lag ein auffällig geschrumpfter Herr Soth. Seine Haut war grau, und seine Wangenknochen standen hervor.
    »Herr Soth, was ist denn mit Ihnen passiert?«
    Der Mann schlug langsam die Augen auf und funkelte Siri wütend an.
    »Wie Sie sehen, hat es mich erwischt, Doktor.«
    »Was denn?«
    Er wollte Soths Handgelenk ergreifen, doch der wich zurück.
    »Ich brauche Ihre Medizin nicht. Ich kann mir ein Dutzend richtiger Ärzte leisten. Keiner von ihnen konnte mir helfen.«
    »Ich verstehe das nicht. Was hat Sie nur so krank gemacht?«
    Soth sah an Siri vorbei.
    »Das.«
    Siri wandte den Kopf und war wie versteinert. In der Ecke lag der sichtlich abgemagerte Saloop und leckte sich die Pfote.
    »Saloop? Ja, ist es denn die Möglichkeit? Hier steckst du also. Wie geht’s dir, alter Junge?«
    Soth machte große Augen. »Dann können Sie ihn also sehen.«
    »Selbstverständlich.«
    »Selbstverständlich? Meine Frau kann ihn nicht sehen. Die Kinder auch nicht. Der Einzige, der den blöden Köter sehen kann, bin ich. Gleich drei Wahrsager haben mir bescheinigt, dass er nicht existiert.«
    Siri starrte Saloop an, der sein altes Herrchen nicht wiederzuerkennen schien. Seine Augen waren glasig und rot
wie Cocktailkirschen. Sein Fell war stumpf. Sein linkes Ohr schien etwas tiefer zu sitzen als das rechte. Abgesehen von seiner unregelmäßigen Atmung rührte er sich nicht. Siri überkam ein Gefühl wehmutsvoller Trauer.
    Was er da sah, war nicht sein Hund; es war der böse Geist eines Tieres, das eines unnatürlichen Todes gestorben war.
    »Er ist tot«, sagte Soth, und eine Träne erschien in seinem Augenwinkel.
    »Was macht er hier?«
    »Er verfolgt mich. Und er wird keine Ruhe geben, bis ich in die Grube fahre. Er lässt mich weder schlafen noch essen. Er bleibt hier sitzen, bis ich vermodert bin.«
    »Aber warum?«
    »Warum? Warum? Weil ich ihn getötet habe, darum.«
    »Sie haben meinen Hund getötet?«
    »Ja, aber nur Ihretwegen. Weil sie einen Narren aus mir gemacht haben. Sie haben mir keine andere Wahl gelassen. Ich habe ihn in meinen Garten gelockt und ihm mit einer Schaufel den Schädel eingeschlagen. Ich wollte mich an Ihnen rächen. Das ist alles Ihre Schuld.«
    »Der Hund hatte damit nichts zu tun.«
    »Es war Ihr Hund. Ich wusste, wie viel er Ihnen bedeutete. Es war ein Racheakt, weiter
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