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Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord
Autoren: Anna Kalman
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zurückhalten können.
    »Tja dann, alles Gute.«
    »Dir auch«, würgte sie tapfer hervor und ging in die Küche.
    Draußen fiel die Tür ins Schloß.
    Alles war ganz still und undramatisch abgelaufen. Ein banales »Alles Gute« – mehr war nach zwei Jahren nicht geblieben. Edward hatte nicht um sie gekämpft, und Mandy hatte nicht geweint.
    Nicht einmal Erich Löschke, dem sonst kein Piepsen einer Maus entging, hatte etwas bemerkt. Er saß am Frühstückstisch und löffelte aufgeregt seine Milchsuppe. Die nachbarliche Wohnung interessierte ihn heute nicht. Der Aufmacher in der Zeitung befriedigte seine Sensationsgier voll und ganz.

3
    Mit der Lüge kommt man durch die ganze Welt,
    aber nicht mehr zurück.
    POLNISCHES SPRICHWORT
     
    Ein zerknülltes Taschentuch flog in den Papierkorb. Wenig später folgte ein weiteres. Es war Mandys zehntes. Edward war weg. Unwiderruflich. Weil sie es so gewollt hatte. Trotzdem: Der Schmerz bohrte tief in ihr, und die Zweifel waren wieder da. Ich bin frei. Ein Single, bis daß der Tod sich erbarmt.
    Doch schließlich siegte ihr Trotz, und sie putzte sich ein letztes Mal die Nase. Sie räumte gerade das Frühstücksgeschirr weg – Edwards Tasse war noch halbvoll –, als ihr Blick unvermittelt auf die erste Seite der Morgenzeitung fiel:
     
    Mona und Kerstin –
    eine Stadt sucht den Dornröschenmörder
    Beide Frauen haben
    ihren Killer vermutlich gekannt
     
    München. Fieberhaft ermittelt die Polizei im Fall der Dornröschenmorde. Immer noch fehlt jede Spur des Serienkillers, der am Sonntag die 29jährige Immobilienmaklerin Kerstin Wallner in ihrem Bogenhauser Apartment kaltblütig ermordet hatte.
    Genau wie die 32jährige Mona Krug, die vor vier Wochen, am 23. August, in ihrer Sendlinger Wohnung umgebracht wurde. Dabei, so Polizeisprecher Egon Gutknecht, nimmt die Kriminalpolizei an, daß es sich beim Täter um dieselbe Person handeln muß, denn beide Frauen starben an einem Kreislaufzusammenbruch mit anschließendem Herzversagen. Ob es eine persönliche Verbindung zwischen den Ermordeten gab, ist bisher ungeklärt.
    Rätselhaft ist auch der Tathergang. Sicher ist, daß sowohl Kerstin Wallner als auch Mona Krug ihren Mörder kannten, denn keine der Wohnungen wies Einbruchsspuren auf. In der Wohnung von Kerstin Wallner fand die Polizei einen gedeckten Kaffeetisch vor, wobei nur eine der noch gefüllten Tassen Fingerabdrücke aufwies: Kerstins eigene. Auch die Finanzmaklerin Mona Krug muß sich mit ihrem Mörder verabredet haben, denn auf dem Couchtisch standen zwei Gläser Cognac – eines davon war unberührt geblieben …
    Für beide Opfer muß der Tod völlig überraschend eingetreten sein, da nach den Ermittlungen der Polizei kein vorheriger Kampf stattgefunden hat. Bei den Leichen hatte der Täter Rosen zurückgelassen.
    Was verbirgt sich hinter den grausigen Morden? Warum mußten Kerstin Wallner und Mona Krug sterben? Die Familien sind verzweifelt. Die Polizei erbittet Hinweise aus der Bevölkerung.
     
    Für einen Augenblick vergaß Mandy ihren Kummer. Sie schauderte und betrachtete eingehend die Fotos der Mordopfer. Äußerlich hatten sie nichts gemeinsam. Kerstin Wallner war eine sportliche junge Frau gewesen: knabenhafte Figur, moderner blondgesträhnter Meg-Ryan-Schopf. Sie blickte fröhlich in die Kamera, der ungeschminkte Mund lächelte, und die grünen Augen blitzten.
    Mona Krug war Kerstins genaues Gegenteil. Das glänzende braune Haar war lässig hinter die Ohren gestrichen, das blasse Gesicht wurde von großen dunklen Augen dominiert. In den Mundwinkeln lag ein beinahe geheimnisvolles Lächeln, und in ihren Ohren funkelten von winzigen Brillanten umkränzte Saphire.
    Eingehend studierte Mandy Monas Gesicht und blickte prüfend in die schwarzen Augen. Sie stellte sich vor, wie sie wohl gestorben war, versuchte ihre grauenvolle Panik nachzuempfinden, die plötzliche Einsicht, daß an diesem Punkt alles zu Ende sein würde. Der Tod der Frauen kam ihr wie eine Hinrichtung vor. Doch wofür? Sie waren tot und hatten den Augenblick der Wahrheit für immer mit sich genommen.
     
    Grelles Neonlicht fiel auf das Feld dunkelroter Rosen, die sich in den Glaswänden des Treibhauses tausendfach widerspiegelten. Mit einer fast zärtlichen Bewegung griff die Hand nach einem der Terracottatöpfe und hob ihn auf einen morschen Holztisch. Dann machte sie sich vorsichtig daran, die Erde samt Blütenstock aus dem Gefäß zu entfernen. Erfahren untersuchten die Finger die Pflanze
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