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Dornenliebe

Titel: Dornenliebe
Autoren: Christine Feher
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fröhlicher als die Gegend, in der sie selber wohnt. Der kalte Wind von vorhin hat sich gelegt, lässig gekleidete junge Leute ziehen in großen oder kleineren Gruppen durch die Straßen, Kneipen und alternative Cafés reihen sich aneinander, die Besitzer haben skurrile alte Sessel und Bierbänke nach draußen gestellt, um an diesem lauen Abend auch draußen bedienen zu können. Aus den Restaurants strömen Düfte exotischer Gewürze ins Freie, aus den kleinen Spätkaufgeschäften tragen Jugendliche ihren Alkoholvorrat nach draußen und verstauen sie in ihren Rucksäcken und Umhängetaschen. Überall lehnen rostige Fahrräder an den Straßengeländern und Hauswänden, manche nicht einmal angeschlossen, Lunas Vater dürfte das nicht sehen.
    »Prenzelberg, Friedrichshain - das gehörte früher alles zu Ostberlin«, fährt Sarah fort. »Jetzt ist es der angesagteste Kiez der Stadt, alle Studenten wollen hier wohnen.«
    »Warum?«
    »Hier gibt es die tollsten Klubs und Kneipen, die Leute sind locker drauf und für Studenten gibt es in vielen Läden Sonderpreise. Rund um den Stutti, wo du jetzt wohnst, soll es früher auch ein bisschen so gewesen sein. Mach dir nichts draus - vielleicht kannst du ja bald umziehen, auch in eine WG oder so.«
    »Ich weiß nicht, ob ich der Typ dafür bin.« Mit klopfendem Herzen blickt Luna an der Fassade des Hauses hinauf, vor dem Sarah jetzt stehen bleibt. Sie drückt auf einen der obersten Klingelknöpfe. »Mit Leuten zusammenziehen, die ich gar nicht kenne …«
    Der Summer ertönt, Sarah wirft sich gegen die Tür. »Alleine in einer fremden Stadt ist es doch öde«, wendet sie ein. »Du wirst sehen, an der Uni lernst du ganz schnell jede Menge Leute kennen. Und heute Abend auch. Sei einfach du selbst, dann wird das schon. Und gleich morgen musst du dich unbedingt im Online-Netzwerk für Studenten anmelden, dann kannst du mit Kommilitonen chatten und bist mit ihnen schon vertraut, bevor es richtig losgeht. Aber komm, jetzt ist erst mal Party angesagt.«
    Luna stapft hinter Sarah die Treppen hoch, einen Fahrstuhl gibt es nicht. Von oben dringt laute Musik ins Treppenhaus, nicht ganz ihr Geschmack, Luna hört auf Partys gern die neuesten Charts, dies hier jedoch ist Swing oder eine Art Free Jazz, genau weiß sie es nicht, unmelodische Bläser sind es jedenfalls, meistens bekommt sie schnell Kopfschmerzen davon. Auch Sarah verdreht die Augen.
    »Wenn so was läuft, kann das nur eines bedeuten: Falk ist da«, sagt sie.
    »Falk?«, wiederholt Luna. »Was ist das für’n Typ?«

    »Eine Art Cousin von Johannes, der die Party hier schmeißt. Der ist perfekt. Keine Frau kommt an ihn ran. Sieht super aus, verdient wohl ziemlich gut, ich glaube, er ist Immobilienmakler. Und er kann richtig charmant sein, wirkt aber auch ein bisschen unnahbar, deshalb will ihn ja auch jede. Bloß mit seinem Musikgeschmack nervt er manchmal etwas. Aber jetzt komm, du wirst ihn ja gleich kennenlernen.«
    »Ach, so’n Älterer. Lass mal, interessiert mich nicht wirklich.«
    »Älter ist er nicht. Zwei, drei Jahre vielleicht, mehr auf keinen Fall.« Sarah klingelt an der Wohnungstür. Während sie warten, dass geöffnet wird, fragt sich Luna im Stillen, was ein reicher Typ wie dieser Falk wohl auf einer Studentenparty macht. Na gut, der Gastgeber ist sein Cousin. Eigentlich ist es Luna egal.
    Irgendjemand öffnet die Tür, dann wird Sarah auch schon von mehreren Leuten gleichzeitig begrüßt und verschwindet in dem abgedunkelten großen Zimmer, aus dem die Musik kommt. Ein Mädchen nimmt Luna lächelnd die Jacke ab und bringt sie in ein unaufgeräumtes Schlafzimmer, schließt gleich danach die Tür wieder, Luna versucht, sich zu merken, welche der Türen in diesem langen Altbauflur es war. Dann ist sie allein.
    Ein paar Augenblicke lang bleibt sie unschlüssig im Flur stehen, die Party ist in vollem Gange. Sie scheint die Einzige zu sein, die niemanden kennt, doch durch Sarahs unkompliziertes Vorstellen glauben wahrscheinlich alle, Luna gehöre ganz selbstverständlich dazu. So selbstverständlich, dass niemand nach ihr sieht, sie in der Wohnung herumführt, ihr zeigt, wo das Buffet steht. Zögernd sieht sie sich um, entdeckt das Badezimmer, riegelt sich ein, wäscht sich die Hände, bleibt etwas länger als nötig. Der Hunger meldet sich wieder, in der Küche trifft man
auf Partys immer die meisten Leute, auch Luna gehört zu denen, die irgendwie immer dort festhängen. Auf dem Flur lauscht sie nach Stimmen,
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