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Doppeltes Spiel (German Edition)

Doppeltes Spiel (German Edition)

Titel: Doppeltes Spiel (German Edition)
Autoren: Franziska Hille
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zu einer Luxusvilla umbauen lassen, in der er hauptsächlich seine Wochenenden verbrachte. Die nicht weniger luxuriöse Wohnung im Haus seiner Tante in Avignon bewohnte er inzwischen nur noch unter der Woche.
    Lysette schloss die Augen und genoss das sanfte Schnurren des starken Motors und den Luftzug, der durch den Fensterspalt ihre Haare zerzauste.
    Sie ließen die letzten Ausläufer der Stadt hinter sich und fuhren durch das flache Rhônetal auf die gezackten Bergkämme der Dentelles de Montmirail und den höchsten Berg der Vaucluse, den Mont Ventoux, zu. Die sonnenverbrannte Landschaft der Provence flog vorüber, Oliven- und Feigenbäume und kleine Ortschaften säumten ihren Weg.
    Lysette warf ihrem Begleiter einen verstohlenen Blick zu. Nicholas hatte beim Einsteigen seine Jacke auf den Rücksitz geworfen, darunter trug er ein sandfarbenes Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln. Seine Arme waren genauso sonnengebräunt wie sein Gesicht, aber es war nicht die künstliche Sonnenbankbräune der Stadtmenschen, die Lysette so scheußlich fand, sondern eine gesunde Farbe, wie sie nur Wind und Wetter der Haut verleihen konnte.
    Nicholas schaltete, weil sie sich einer kleinen Ortschaft näherten. Seine Hände waren groß und kräftig, sie strahlten Stärke und Zuverlässigkeit aus. Man konnte ihnen ansehen, dass ihr Besitzer kein Schreibtischmensch war, aber sie waren dennoch gepflegt, mit kurzen, sorgfältig manikürten Nägeln. »Bauer« hin oder her, Nicholas Gaillard schien Wert auf sein Aussehen zu legen, ohne übertrieben eitel zu sein.
    Er bemerkte, dass Lysette ihn betrachtete, und wandte kurz den Kopf, um ihren Blick zu erwidern. »Also wird es jetzt ernst mit euch, hein ?«, sagte er mit einem ironischen Zwinkern.
    Lysette hatte ein schwummriges Gefühl im Magen. »Was meinst du?«, fragte sie reserviert zurück.
    »Na, mein Bruder und du. Er hat schon öfter eine seiner Gespielinnen zu Tante Geneviève mitgebracht - aber du bist die erste, die ein drittes Mal zu einem Familienfest eingeladen wird.« Er überlegte kurz und korrigierte sich: »Die zweite. Aber das erste Mal, da hat er noch studiert. La gonzesse hat ihm damals den Laufpass gegeben.« Wieder traf Lysette ein Blick, und er erschien ihr warnend. »Du meinst es hoffentlich ernst? Denn Philippe scheint es zu tun.«
    Lysette nickte stumm. ›Gespielinnen‹. Das klang nicht sehr freundlich. Worauf hatte sie sich da bloß eingelassen? Das konnte auf keinen Fall gut gehen. Nicholas schien sie als Margo zu akzeptieren, aber die beiden hatten nicht viel miteinander zu tun gehabt, wie Margo ihr versichert hatte. Das würde ganz anders aussehen, wenn sie Philippe gegenüber stand. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er die Täuschung nicht sofort bemerkte. Immerhin wollte er Margo heiraten, das hatte sein Bruder ja gerade bestätigt. Sie atmete tief und ein wenig zittrig ein und wieder aus.
    »Du wirkst nervös«, meinte Nicholas. »Gar nicht so tough wie bei unserem ersten Zusammentreffen. Du warst ganz schön zickig.« Er lachte leise. Sein Lachen war wie seine Stimme - dunkel und ein wenig rau, wie zärtliche Berührung einer Katzenzunge. Lysette fühlte, wie ein kleiner Schauder über ihren Rücken rann.
    »War ich das?«, erwiderte sie so ›tough‹ wie sie konnte. »Tut mir leid. Aber du warst auch nicht sehr freundlich zu mir.« Das war geraten. Aber Nicholas schien eine unverblümte Sprache zu bevorzugen, und Lysette wusste, dass Margo das verabscheute, weil sie es unhöflich fand. Und wenn sie jemanden nicht mochte, konnte sie durchaus sehr - nun ja - zickig sein. Lysette lächelte in sich hinein.
    Eine Weile fuhren sie ohne zu reden. Dann brach Nicholas erneut das Schweigen. »Wir hatten keinen guten Start, Margo. Dafür entschuldige ich mich. Wenn ich Philippe richtig verstehe, wirst du bald meine Schwägerin, und wir Gaillards haben einen eisernen Grundsatz: Die Familie geht über alles!« Er sah sie nicht an, sondern blickte auf die Straße.
    Lysette rieb sich fahrig über die Schläfe. »Ja«, brachte sie heraus. »Das ist sehr schön. Familienzusammenhalt und so.« Sie fand, dass sie faselte, aber das nervöse Kribbeln in ihrem Bauch nahm eher zu als ab, je näher sie ihrem Ziel kamen. Sie würde sich in einem fremden Haus zurechtfinden müssen. Margo hatte ihr erklärt, dass ihr dort das Gästezimmer gehörte.
    »Kein gemeinsames Zimmer?«, hatte Lysette erleichtert gefragt. Margo lachte. »Philippe schnarcht«, sagte sie. »Außerdem kennst
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