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Doppeltes Spiel (German Edition)

Doppeltes Spiel (German Edition)

Titel: Doppeltes Spiel (German Edition)
Autoren: Franziska Hille
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er hängt noch in der Kanzlei fest.« Er stand auf und reichte ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen. Dann sah er sich um. »Ist das alles? Oder hast du irgendwo noch ein paar Koffer versteckt?« Er griff nach Lysettes Reisetasche.
    Sie murmelte eine Antwort und folgte ihm über den Vorplatz. Seine langen Beine griffen weit aus, und Lysette musste sich anstrengen, um mit ihm Schritt zu halten. Ihre Gedanken rasten. Margo hatte ihr gesagt, dass sie Philippes Bruder erst auf der Geburtstagsfeier begegnen würde. Auf einem Weingut gab es ständig Arbeit und Nicholas überließ sie nicht gerne anderen Leuten. Er war ein Perfektionist, der in den letzten Jahren aus einem relativ unbedeutenden Gut eine Domaine mit ausgezeichnetem Ruf geformt hatte, die langsam auch überregional bekannt wurde.
    Nicholas sollte jetzt eigentlich in seinem Weinberg herumstapfen und tun, was immer ein Winzer um diese Jahreszeit zu tun hatte, statt hier vor ihr herzulaufen und sie in echte Bedrängnis zu bringen. Was hatte Margo ihr über Philippes Bruder erzählt? Lysette grub verzweifelt in ihrem Gedächtnis herum. Er war, nach Margos Worten, ein maulfauler, stoffeliger, nicht sehr charmanter Bauernbursche, ein richtig grober Klotz. Margo mochte ihn ganz offensichtlich nicht, was wohl auf Gegenseitigkeit beruhte. Lysette schüttelte den Kopf und wurde unwillkürlich langsamer. Margo konnte niemanden aus Philippes Familie wirklich leiden. Das fiel ihr jetzt erst auf, und es würde ihr den Aufenthalt hier nicht gerade erleichtern. Oder?
    Sie sah dem breiten Kreuz des »Bauern« hinterher. »Nicholas«, rief sie, »nicht so schnell, bitte. Ich bin ein wenig erschöpft von der Reise.«
    Er verlangsamte seinen Schritt und wartete, bis sie zu ihm aufgeschlossen hatte. »Warum bist du nicht geflogen?«
    Sie konnte ihm schlecht sagen, dass sie es hasste, zu fliegen. »Ich wollte einmal in aller Ruhe hier ankommen«, sagte sie. »Nicht abgehetzt, sondern schon auf meine Zeit hier bei euch eingestimmt.«
    Er sah sie schräg an. Seine Lippen kräuselten sich amüsiert. Lysette bemerkte, dass sie den Blick nicht von seinem Gesicht wenden konnte. Wie hatte Margo Philippes Bruder nur als »ungehobelten Bauernburschen« bezeichnen können? Nicholas hatte ein markantes, ausdrucksstarkes Gesicht mit einem kräftigen Kinn und wunderschönen Augen unter dunklen Brauen, deren Farbe an einen grünschimmernden, eiskalten Gebirgsfluss erinnerte. Obwohl er nicht viel älter Mitte oder Ende Dreißig sein konnte, war sein dichtes Haar nicht blond, wie sie von den Fotos her vermutet hatte, sondern silbergrau, was ihn aber dennoch eher jünger als älter erscheinen ließ.
    »Und?«, fragte er. Lysette sah ihn verdutzt an. »Würdest du mich wiedererkennen, wenn ich dir jetzt abhanden komme?«, setzte er ironisch hinzu.
    Lysette wandte hastig den Blick ab. »Habe ich dich angestarrt? Es tut mir leid. Ich bin müde und war in Gedanken.«
    »Das Auto steht dort vorne.« Er ging weiter, ohne sich darum zu kümmern, ob sie ihm folgte oder nicht. Er steuerte auf einen silbernen Peugeot 607 zu und betätigte die Fernbedienung.
    »Meine Güte, was für ein Schlitten«, entfuhr es Lysette.
    Nicholas, der ihre Tasche in den Kofferraum stellte, sah lächelnd zu ihr hin. »Philippes neuestes Spielzeug. Hat er dir nicht davon erzählt?« Er schloss den Kofferraum und kam ums Auto herum, um ihr die Tür zu öffnen.
    Lysette ließ sich dankbar in die butterweichen Lederpolster sinken. »Nein«, antwortete sie.
    Nicholas startete den Motor, der mit einem sanften Bullern zum Leben erwachte. »Ich wollte dir nicht zumuten, in meinem Jeep zu fahren«, sagte er und ließ das Auto aus der Parklücke rollen. »Deshalb habe ich Philippes Schätzchen vom Parkplatz geklaut und ihm den Jeep da gelassen.« Er schmunzelte.
    Sie glitten die Schnellstraße entlang, die vom Fluss fort nach Nordosten führte. Lysette sah sich fragend um. »Wohin fahren wir?«
    Nicholas schaltete einen Gang höher und pfiff leise vor sich hin. Die schöne Limousine schien ihm auch zu gefallen. »Villes sur Auzon«, antwortete er nach einer Weile. »Wir treffen uns im Mas mit Philippe. Es ist Wochenende, er hat die Nase voll von der Stadt.«
    In Villes sur Auzon stand das alte Mas, das Landhaus, das Philippe gehörte. Margo hatte ihr davon erzählt. Das große Haus mit dem alten Park rundum hatte einer Großtante seines Vaters gehört und war zwischendurch in andere Hände gelangt. Philippe hatte das Mas zurückgekauft und
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