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DoppelherzTOD

DoppelherzTOD

Titel: DoppelherzTOD
Autoren: Henner Kotte
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Die Chefin entnahm die volle Tasse. »Toleranz scheint für Sie ein Fremdwort zu sein. Ich denke, Sie studieren?« Frederike stäubte Kakaopulver über den Milchschaum. »Jeder Gast ist willkommen.«
    »Ich meine ja nur…« Isabell griff zum nächsten Glas, putzte und schwieg. Vielleicht bereute sie ihre Worte. Frederike schloss kurz die Augen und atmete durch. Kain hätte gern gewusst, was Isabell meinte, trug aber, ohne Fragen zu stellen, den Milchkaffee zu Rebecca Loepki an den Tisch.
    »So, Ihr Kaffee, bitte sehr. Haben Sie sich noch für etwas anderes entschieden?«
    Rebecca Loepki lächelte wirklich, aber für sich. »Nein, erst mal nicht. Danke.« Ihre Stimme war kaum zu verstehen, sie senkte ihren Blick. Kain zuckte die Schultern und wandte sich wieder der Theke zu. Er litt mit Rebecca Loepki, nicht so sehr wie Frederike, aber auch Kain hoffte auf die Rückkehr Annettas. Er blieb noch kurz am Tisch stehen. Dem Schönheitsideal der Plakate und Magazine entsprach Rebecca Loepki nur mit ihrer Jugend. Kaum hatte sie mit ihrem eigenen Leben begonnen, war sie bereits wieder geschieden. Kain sah die abschätzenden Blicke von Isabell und hatte manchmal denselben Gedanken: Hatte Rebecca Dijamal Kaya geheiratet, um endlich jemanden an ihrer Seite zu haben? Oder war es eine Ehe, die dem Gatten den Aufenthalt in Deutschland sicherte? Binationalen Paaren traute man ihre Liebe so einfach nicht zu. Kain war froh, Eva gefunden zu haben. Und wenn sie in Bialystock, Burgas oder Kinshasa geboren wäre, es wäre im herzlich egal, redete er sich ein. Rebecca Loepki schlürfte Milchkaffee und blickte aus dem Fenster und sah nichts. Vor allem nicht ihre Tochter.
    »Wie immer«, sagte Kain und nahm seine abwartende Haltung vor Frederike an der Theke wieder ein. »Sag mal, wollten heute nicht Bruno und Walter…«
    »Pensionär ist für Bruno kein Job. Der geht mir vor die Hunde, und Walter hat Mitleid. Ist doch schön, wenn sie sich treffen und über alte Zeiten plaudern.«
    Frederike wischte mit dem Lappen über die saubere Theke. »Stell mal auf Tisch zwölf das Schild Reserviert.«
    »Der Laden wird doch nicht voll, außerdem sitzen die beiden eh bei dir hier am Tresen.«
    »Können wir ja dann wieder wegnehmen. Jetzt stell’s erst mal hin. Sicher ist sicher.«
    Isabell knallte ihr geputztes Glas aufs Metall der Theke. Es zersprang. Frederike schob sich ein Splitter in ihren Finger. Isabell hatte den Glasbruch gar nicht bemerkt, denn ihr liebster Gregor hatte das Lokal betreten. Frederike verzog das Gesicht, sie bezahlte nach Stunden. Die junge Liebe knutschte, als hätte Gregor eine zwölfjährige Haftstrafe verbüßt. Man hörte es schmatzen. Kain wendete leicht pikiert den Blick ab. Frederike drückte Blut aus ihrer Wunde. Rebecca Loepki hob zaghaft die Hand. Kain machte sich auf den Weg.
    »Einmal Cornflakes mit Milch und Honig.«
    »Aber es ist 17 Uhr durch!« Kain konnte seine Überraschung nicht verbergen. »Frühstück bis zwölf.«
    »Milch und Honig tun’s auch. Mir ist gerade so. Und Annetta trinkt’s gern.«
    Isabell wurde von Gregor gefressen. Ihr Ohr hatte er bereits verschlungen. Sie lachte sehr schrill. Kain rief die Bestellung zur Küche. Frederike trank einen Schluck Selters. Um den blutigen Finger wickelte sie ein Wischtuch aus Krepp. »Natürlich bekommt sie ihre Cornflakes. Sie hätte auch ein Irisches Frühstück haben können, wenn sie gewollt hätte.«
    »Auf der Karte steht nur bis zwölf. Seit wann lässt du denn Ausnahmen zu?«
    »Das Mädchen weiß doch nicht mehr, welcher Tag heute ist. Für Mütter sind Stunden ohne die Kinder wie nicht gelebte Jahre.«
    »Du musst es ja wissen.«
    »Das weiß ich.« Frederike wandte sich ab und sagte durch die Luke zum Koch: »Doppelt Honig. Die junge Frau kann’s vertragen.«
    Kain lief ein wenig beleidigt mit dem Reserviert -Schild zu Tisch Nummer zwölf. Die Knutschenden mussten ihre Leidenschaft unterbrechen. Reserviert! Achtzig Prozent der Tische waren in drei Stunden noch frei. Oder mehr. Gäste kamen in Leipzig am Abend nach neun oder gar nicht. Das Rauchverbot tat ein Übriges.
    »Du solltest die traurige Mutter mal fragen, ob du etwas für sie tun kannst.« Frederike stellte die Cornflakes, Milch und Honig vor Kain auf die Theke.
    »Frag sie doch selbst! Ich eigne mich nicht als Tröster verlassener Frauen.«
    Isabell musste lachen und flüsterte ihrem Gregor etwas ins Ohr.
    »Und Eva?« Der Name stand wie ein Fels im Waschsalon. Auch seine Eva war vom
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