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Dopingmixer

Dopingmixer

Titel: Dopingmixer
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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Callistemon lanceolatus genannt. Braucht ganz kalkarme Erde.«
    »Deshalb gieße ich sie auch nur mit enthärtetem Wasser«, sagte Mrs Sharp. Jetzt klang sie richtig herzlich. Sie bot den beiden etwas zu trinken an, aber sie lehnten dankend ab.
    »Wir sind ja gewissermaßen im Dienst«, meinte Bob mit todernster Miene. Justus nahm sich vor, später mit Bob zu diskutieren, ob es erlaubt war, eine Dame wie Mrs Sharp derart auf den Arm zu nehmen.
    Aber die merkte entweder nichts oder wollte sich nichts anmerken lassen. »Nun denn«, sagte sie, »an die Arbeit.« Sie ging voraus in den Garten. Es war, wie Tante Mathilda geschildert hatte: Draußen auf der Straße hätte kein Mensch vermutet, dass sich hier, mitten in der Stadt, hinter dem Haus mit der tierischen Fassade eine grüne Insel erstreckte. Mrs Sharps Reich, schätzte Justus mit einem Blick, mochte sich bis hinüber zu der hässlichen Betonwand, an der das Grundstück des Nachbarn anfing, über kaum weniger als zweitausend Quadratmeter ausdehnen. Von der Gartentür aus konnten sie in der Mitte des Geländes dessen Prunkstück sehen, ein richtiges Gewächshaus. Ringsum wuchsen und wucherten Pflanzen, Büsche und kleine Bäume in einer Vielfalt und in einer Sinfonie von Farben, wie sie Justus noch nie gesehen hatte. Das Wegesystem war unter all den Blättern, Blüten und Ästen kaum mehr zu sehen.
    Andächtig standen Bob und Justus auf der kleinen Terrasse. Dann begann die Führung. Die Hausherrin streifte, mit den beiden im Schlepptau, eine Viertelstunde lang durch ihren kleinen Dschungel, erklärte dieses und jenes und begeisterte sich, als sähe sie die grüne Pracht zum ersten Mal. Vor einer Kakteenart, aus deren dickem Fleisch bedrohlich spitze Nadeln ragten, raunte Justus Bob ins Ohr: »Jetzt wärst du aber mit deinem Latein am Ende, wie?« Er wartete die Antwort gar nicht erst ab und folgte Mrs Sharp weiter ins Gewächshaus. Es war so niedrig, dass man sich nur gebückt darin aufhalten konnte, und außerdem war es entsetzlich schwül darin.
    »Dort drüben ist es«, rief Mrs Sharp und wies anklagend aufeine Stelle, wo die Erde noch zerwühlt war.
    Bob sah Justus erschrocken an. Es durfte nicht wahr sein. Wegen der zwei oder drei Pflanzen, die hier einmal gestanden haben mochten in diesem botanischen Ozean, machte Mrs Sharp so viel Aufhebens? »Und das ist alles?«, platzte er heraus.
    »Natürlich nicht«, erwiderte Mrs Sharp würdevoll. »Die anderen Spuren der Verbrecher hat der Gärtner bereits beseitigt.«
    Bob begleitete Justus zur Bushaltestelle. Er schob sein Fahrrad neben sich her und war immer noch prächtig aufgelegt. Beide standen unter dem Eindruck der grünen Insel, die sie eben durchwandert hatten.
    »Nicht zu fassen«, sagte Bob.
    »Der Garten oder die Diebe?« Justus grinste.
    »Weder noch. Ohne Spuren ist ja wohl nichts zu machen.«
    »Das fürchte ich auch. Im Übrigen finde ich es ja sehr sympathisch, dass Mrs Sharp sich nicht so wie viele andere Leute regelrecht verbarrikadiert, aus lauter Angst vor Einbrechern. Aber unpraktisch ist es schon.«
    Mrs Sharp hatte den beiden die Türen gezeigt, durch die die unwillkommenen Besucher hatten eindringen müssen. Die schmiedeeisernen Gitter waren mit vorsintflutlichen Schlössern ausgestattet. Auf Justus’ erstaunten Blick hin hatte Mrs Sharp nur mit den Schultern gezuckt und gemeint, außer ihren Pflanzen gebe es hier ja keine Schätze. Und die Pflanzen habe bisher noch niemand stehlen wollen. Jedenfalls war es ein Kinderspiel, in Mrs Sharps Abwesenheit mit einem Dietrich in ihr Haus einzudringen.
    Bob summte und pfiff vor sich hin. Nichts konnte seine Ferienstimmung trüben, auch nicht die Aussicht, dass die drei ??? diesen schwierigen Fall wohl kaum würden lösen können. Er lehnte das Fahrrad gegen seine Hüfte, streckte die Arme theatralisch in die Luft und sang aus Leibeskräften: »Vielleicht war es der Gärtner!«
    Ein paar Leute, die an der Bushaltestelle warteten, zuckten zusammen.

Ü berfall auf Mrs Sharp
    Peter kauerte sich in den Startblock. Er atmete zweimal tief durch und dann flach. Er schloss die Augen, konzentrierte sich, öffnete die Augen wieder und sah vor sich die rote Tartanbahn. Der Geräuschpegel im Stadion schien leiser zu werden, und die anderen Bahnen rückten aus seinem Blickfeld. Es gab nur noch seine, die Innenbahn.
    Stumm erteilte er sich selbst die Kommandos. Achtung! Mechanisch lösten sich die Knie vom Boden. Kopf, Rücken und Gesäß formten eine Linie.
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