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Dopingmixer

Dopingmixer

Titel: Dopingmixer
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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Mensch auf der Welt normalerweise nichts umsonst bekommt, sondern eine Gegenleistung erbringen muss.
    »Danke, Philosoph«, sagte Justus. »Im Übrigen wohnt Mrs Sharp in der Chicago Street, Ecke Port Avenue.«
    »Ich schwinge mich auf meinen Drahtesel«, flötete Bob, »und bin in – sagen wir – achtundvierzig Minuten am Tatort. Ich hoffe, auch der Erste Detektiv der erfolgreichsten Nachwuchsdetektei der Welt gibt mir die Ehre seiner Anwesenheit.« Dann legte er auf.
    Wenn er so daherredet, muss Bob tatsächlich fabelhafter Laune sein, dachte Justus, während er im bedächtigen Dauerlauf den Hügel hinunter der Bushaltestelle entgegenstrebte. Hoffentlich vergeht sie ihm nicht bei der eigenwilligen Mrs Sharp.
    Es war ein herrschaftliches Haus, das wahrscheinlich schon ein ganzes Jahrhundert auf dem Buckel hatte und dafür noch sehr gut erhalten war. Über der Eingangstür und den Fenstern zur Straßenseite hin prangte viel in Stein gehauenes wildes Getier wie Löwen und Adler. Das verlieh der Fassade etwas Geheimnisvolles. »Also dann«, sagte Bob und drückte auf den Klingelknopf.
    Als hätte sie dahinter auf die beiden gewartet, öffnete eine Frau die schwere Eichentür. Sie hatte schon leicht angegrauteHaare und trug ein Kleid mit einem scheußlichen Blumenmuster. So weit, dachte Justus, muss Pflanzenliebe eigentlich nicht gehen.
    Mrs Sharp betrachtete die beiden Besucher von oben bis unten. »Ich bin Elenor Sharp.« Sie gab Justus die Hand. »Und du musst Justus sein. Du hast die Nase deines Onkels.« Das hatte ihm bisher noch niemand gesagt. Aber an der Art wie Mrs Sharp ihre Feststellungen traf, merkte Justus gleich, dass sie Widerspruch nicht gewohnt war.
    »Und ich bin Bob Andrews.« Der dritte Detektiv war immer noch so glänzend aufgelegt und wollte Justus ein bisschen die Schau stehlen. Er machte einen formvollendeten Diener, nahm Mrs Sharps Rechte und zelebrierte einen Handkuss, wie ihn ein Baron nicht besser hinbekommen hätte.
    Justus verdrehte die Augen.
    »Wie wir hören«, sagte Bob, »haben Sie ein Problem. Sie sollten es uns anvertrauen. Ich selbst bin übrigens Spezialist für Pflanzen aller Art.« Während er sprach, kniff er Justus in den Rücken, damit der nicht losprustete. Justus revanchierte sich mit einem sehr gekonnten, weil vollkommen unauffälligen Tritt gegen Bobs Schienbein.
    »Was du nicht sagst, junger Mann.« Mrs Sharp klang ziemlich kühl. Zugleich machte sie eine einladende Handbewegung und ging vor den beiden her ins Wohnzimmer. Unterwegs wettete Justus mit sich selbst, dass die Tapete ein Motiv aus der Pflanzenwelt haben würde, und gewann. Die Wände und sogar die Decke zierte ein lindgrünes Ensemble von Kakteen und allerlei Schlinggewächsen. Aber auch der Raum selbst war an allen Ecken und Enden bestückt mit allen möglichen Pflanzen. Justus kam sich vor wie in einem Herbarium, während er staunend an der riesigen Palme hochsah, die an der Glastür zum Garten stand. Sie nahm viel Licht weg, sodassdas Wohnzimmer einen ziemlich dämmrigen Eindruck machte.
    Bob trat neben ihn und stieg ihm vorsichtshalber gleich sanft auf die Zehen. »Aha«, sagte er dann, »ein sehr schönes Exemplar einer Bougainvillea glabra.«
    Justus wandte sich zu Mrs Sharp, um zu sehen, welche Reaktion diese Mitteilung bei ihr auslöste.
    Sie stand da, hatte die Hände über ihrem Blümchenkleid gefaltet und verzog keine Miene. »Ganz recht, junger Mann. Als ich sie vor zweiundzwanzig Jahren zusammen mit meinem seligen Mann kurz vor der mexikanischen Grenze kaufte, war sie so klein.« Sie zeigte mit der Hand auf ein niedriges Tischchen.
    Justus atmete auf. Mrs Sharp schien wirklich zu glauben, dass sie mit Bob Andrews einen Botanik-Experten vor sich hatte. Dabei wusste Justus ganz genau, dass der dritte Detektiv sich noch weniger für Grünzeug interessierte als er selbst. Es gab nur eine Erklärung: Bob musste zwischen seinem Anruf und der Fahrt hierher in einem Lexikon geschmökert haben. Aber dass er sich gerade den lateinischen Namen gemerkt hatte, den er prompt brauchen konnte! Bob Andrews, dachte Justus und grinste still in sich hinein, ist einfach ein Sonntagskind.
    Der fühlte sich auch so und spielte sein Spiel weiter. Er beugte sich fachmännisch über einen großen Blumentopf, aus dem auffällige rote Gebilde mit feinen borstenartig angeordneten Nadeln quollen. »Sieh mal«, sagte er so laut zu Justus, als wäre der schwerhörig, »eine sehr schöne Callistemon citrinus, früher auch
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