Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Donaugrund (German Edition)

Donaugrund (German Edition)

Titel: Donaugrund (German Edition)
Autoren: Sonja Silberhorn
Vom Netzwerk:
Haupteingang zum Dienstwagen zurückzulegen, schüttelte es mich. Draußen war es bitterkalt, und ich hatte jetzt schon das Gefühl, dass dieser Winter einfach kein Ende nahm. Dabei war es erst Mitte Januar. Es würde noch einige Wochen dauern, bis die ersten Halme durch die Schneedecke spitzten.
    »Aha … Und wo genau?« Herbert klemmte den Hörer zwischen Schulter und Ohr und suchte seinen in mehreren Schichten vermüllten Schreibtisch fieberhaft nach Zettel und Stift ab.
    »Das kann man ja nicht mit ansehen.« Seufzend drückte ich Raphael meinen Kugelschreiber und meinen Block in die Hände. »Bitte hilf unserem Messie mal.«
    Pflichtschuldig kam Raphael meiner Bitte nach.
    »Aha«, brummte Herbert und riss Raphael den Block aus den Händen. »Mhm. … Ja, hab ich notiert«, sagte er, während Raphael ihm über die Schulter spähte und angesichts von Herberts Geschmier resigniert mit den Achseln zuckte.
    »Mhm. … Okay, alles klar. … Ja freilich, ich schick die beiden gleich.« Herbert legte auf und sah uns mit angespannter Miene an.
    »Jetzt sag endlich.« Wenn ich schon meinen gemütlichen Platz am Schreibtisch verlassen musste, wollte ich mich wenigstens noch kurz mental darauf vorbereiten.
    Mit widerwillig verzogenem Mund kratzte Herbert sich erneut am Hinterkopf. »Ihr müsst nach Kruckenberg. Da hat ein Spaziergänger eine Leiche gefunden.«
    »Krucken– was?«
    »Kruckenberg.« Herbert sah mich vorwurfsvoll an. »Hinter Bach an der Donau, an der Weinroute. Als eingefleischte Regensburgerin solltest du das aber wissen.«
    »Kann ja nicht jedes Kaff kennen«, gab ich zurück. Wenigstens kannte ich nun die grobe Richtung.
    »Weinroute?«, fragte Raphael. »Hier?«
    »Freilich«, antwortete Herbert und warf sich stolz in die Brust. »Das kleinste Weinbaugebiet Deutschlands. Hast du noch keinen Regensburger Landwein probiert?«
    »Sei froh«, sagte ich, als Raphael bedauernd den Kopf schüttelte. »Obwohl … Wenn dir die viele Säure erst mal die Mundhöhle verätzt hat, schmeckt er eigentlich gar nicht mehr so übel.«
    »Dann lassen wir das lieber«, antwortete Raphael, nahm seinen Anorak vom Garderobenständer, schlüpfte hinein und hielt mir meine Jacke entgegen. »Herbert, gibt’s eigentlich noch ein paar mehr Infos?«
    Notgedrungen erhob ich mich aus dem Drehstuhl.
    »Ja, also …« Herbert rümpfte die Nase. »Der Spaziergänger war an der Flurbereinigungsstraße unterwegs, die an der Donau entlangführt. Und da hat er die Leiche am Ufer entdeckt. Ist wohl angeschwemmt worden.«
    »Eine Wasserleiche?« Unweigerlich beschleunigte sich mein Herzschlag. Leichen waren zwar, meiner bescheidenen Meinung nach, ohnehin selten hübsch anzusehen, aber Wasserleichen gehörten zweifelsfrei zur Spitzenklasse der Grausigkeiten. Speziell dann, wenn sie schon eine geraume Weile im Wasser lagen.
    »Ja«, antwortete Herbert zögerlich. »Und zwar anscheinend eine, die schon länger in der Donau vor sich hin dümpelt.«
    So viel dazu. Besten Dank auch.
    »Bestimmt nicht so tragisch bei der Kälte.« Raphael stupste mich aufmunternd an. »Ist sicher mehr schockgefrostet als verfault.«
    Mein beruflicher und privater partner in crime war wirklich ein Optimist, das musste man ihm lassen. Einfühlsame Formulierungen hingegen waren leider nicht seine Stärke.
    Mit einem leichten Schlittern lenkte Raphael den Dienstwagen auf die ungeräumte Flurbereinigungsstraße Richtung Donauufer. Der Schnee war längst platt gefahren und knirschte kaum noch unter den Reifen. Natürlich waren die Kollegen von der Dienststelle in Wörth an der Donau, in deren Einzugsgebiet wir uns hier befanden, schneller vor Ort gewesen. Das Gelände war flach, und schon nach kurzer Zeit, in der wir Felder und vereinzelte eingeschneite Bäume passierten, sah ich das Polizeiaufgebot am Donauufer und die großräumige Absperrung. Drei Streifenwagen ließen wie zur Abschreckung ihr Blaulicht rotieren, vom Sprinter des Erkennungsdienstes war noch nichts zu sehen.
    »Dann wollen wir mal«, sagte Raphael, als er den Dienstwagen hinter dem letzten Streifenwagen zum Stehen brachte und den Motor abschaltete.
    »Von Wollen kann gar keine Rede sein.« Mich schauderte, und das nicht nur wegen der Kälte, die mir durch den Parka, die Jeans und die Moonboots kroch, sobald ich die Beifahrertür öffnete. Sofort schlug uns das wütende Kläffen eines Hundes entgegen. Mit unverminderter Energie trieb vor uns die Donau vorbei, deren Lauf an dieser Stelle weitaus
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher