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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer
Autoren: Dennis Vlaminck
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Konrad von Hochstaden selbst, der gerade durch die niedrige Tür in das dunkle Gewölbe trat. »Ich weiß, ich verlange viel von euch, aber tut es einfach. Es ist das Werk von guten Christenmenschen, das ihr da verrichtet. Die drei Verstorbenen bekommen, was ihnen zusteht. Wir müssen ihre Körper haltbar machen.«
    Das Salz rieselte durch Konstantins Finger. »Und was steht ihnen zu?«
    »Das erkläre ich dir gern, Büttel«, sagte Konrad und beugte sich vor, um Konstantin etwas ins Ohr zu flüstern.
    »Ist Jenne da? Oder Jax?«
    Lisgen schaute durch den Spalt der Tür. Sie schien misstrauischer zu sein als bei ihrer ersten Begegnung und sah an ihm vorbei. Offenbar prüfte sie, ob er allein war. Paulus war allein.
    »Was willst du schon wieder hier?«, fragte sie schließlich.
    »Wie gesagt, Jax oder Jenne besuchen.«
    »Hör zu, es interessieren sich zu viele Leute für den kleinen Jungen, vor allem zu viele Leute, die Henner schickt. Mir wäre es lieb, wenn du verschwindest. Das ist alles zu viel für mich. Und wenn du Jenne siehst, sag ihr, sie soll ihr Blag endlich abholen.«
    »Wenn du einfach nur dafür Sorge tragen könntest, dass sie mich –«
    »Nichts werde ich«, schnitt Lisgen ihm das Wort ab. »Sieh zu, dass du fortkommst. Bitte.«
    »Ich komme wieder.«
    »Tu, was du nicht lassen kannst. Aber lass uns jetzt einfach in Ruhe. Bitte.«
    Ruhe, bitte, nur etwas Ruhe, dachte Konstantin, als er auf schweren Beinen nach Hause ging. Die vergangenen Tage hatten ihm viel zu viel Aufregung und viel zu wenig Schlaf beschert. Als er in die Gasse einbog, in der sein Häuschen stand, sah er schon von ferne, was für ihn das größte Glück bedeutete. Jedenfalls für den Augenblick.
    Die Tür seines Hauses war geschlossen. Dieses Mal erwartete ihn kein ungebetener Besucher.
    Nur ein weicher Strohsack.
    Der Gestank von kalter Asche war widerlich. Paulus ließ sich von ihm dennoch nicht verscheuchen. Er schlenderte durch die Reste des Doms und stocherte mit den Füßen im verkohlten Holz, als könne er hier Antworten finden. Antworten. Die fehlten ihm. Fragen hatte er genug.
    Er war nicht allein in der Ruine. Im Auftrag des Domkapitels waren einige Männer bereits dabei, den Schutt wegzuräumen und nach Dingen zu suchen, die vielleicht noch von Wert waren, etwa das geschmolzene Gold der beiden Leuchter oder das zu Tränen verlaufene Blei des Domdachs. Argwöhnisch sahen sie zu ihm herüber, als vermuteten sie in Paulus einen Plünderer. Sollten sie doch denken, was sie wollten. Er hatte Schlimmeres erlebt als Misstrauen.
    »Paulus?«
    Diese Stimme. Paulus traute seinen Ohren nicht und fuhr herum. Da stand sie vor ihm, wie ein Traum inmitten von Trümmern. Sie neigte den Kopf leicht zur Seite und lächelte ihn an.
    »Jenne?«
    Das Weiß ihrer Zähne überstrahlte das Schwarz der Asche um sie herum. »Wer sonst?«
    »Jenne!«, rief Paulus. Er rannte, nein, stolperte zu ihr und schloss sie fest in die Arme. »Jenne!«
    Sie lachte auf und schob ihn ein Stück von sich weg. Er ließ seine Hände auf ihren Hüften. »Schon gut, Paulus, ich kenne meinen Namen.«
    »Wie hast du mich gefunden?«
    »Ich bin dir gefolgt. Ich war bei Lisgen, als du sie aufgesucht hast. Ich musste prüfen, ob du keinen von Henners Männern im Kielwasser hattest, und dann bin ich dir hinterher, bis ich mir sicher sein konnte.«
    »Ich dachte, du wärest tot.«
    »Das habe ich nie behauptet.«
    Paulus lachte. »Nein, so wie du nie behauptet hast, Jungfrau oder die Geliebte dieses Lümmels namens Jax zu sein. Warum hast du mir keine Nachricht geschickt?«
    »Woher sollte ich wissen, wo du steckst?«
    »Sag mir wenigstens, wie du überlebt hast.«
    »Indem ich mich an ein Stück Holz geklammert habe. Ich bin nicht gerade die beste Schwimmerin, weißt du. Mit den Beinen habe ich so lange gestrampelt, bis meine Füße auf Kies getreten haben. Und du?«
    »Ich habe mich von Barthel aus dem Wasser ziehen lassen. Sagt er zumindest. Ich habe davon nichts mitbekommen.«
    Mit den Fingerknöcheln klopfte Jenne an Paulus’ Stirn. »Und? Bist du jetzt wieder auf der Höhe?«
    »Leider ja. Ich habe schlechte Nachrichten.«
    »Noch schlechtere als bisher?«
    »Dein Geldgürtel – er ist mit Barthels Mühle im Rhein versunken. Es tut mir leid, Jenne.«
    Sie erblasste, und für einen Augenblick glaubte Paulus, Jenne würde in seine Arme sinken. Doch sie blieb stark.
    »So ist alles verloren«, sagte sie mit matter Stimme. »Ich hole nur noch schnell den kleinen
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