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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer
Autoren: Dennis Vlaminck
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ihr Leben bedeuten konnte. Seit sich dieser Gedanke zwischen sie und Paulus geschoben hatte, waren sie auf ewig getrennt.
    Sie bereute ihren Verrat, oh ja, sie hätte sich selbst ohrfeigen wollen für ihre Torheit. Auf die Belohnung habe sie keinen Anspruch, weil Paulus nicht der Mörder gewesen sei, hatte man ihr knapp beschieden. Und nun war es Paulus, dem alle Herzen zuflogen. Alle, nur ihres nicht, denn er würde sie nicht mehr wollen. Oder hatte er vielleicht nicht erfahren, dass ihn jemand verraten hatte und dass sie es gewesen war? Sollte sie es darauf ankommen lassen und ihr Glück noch einmal mit ihm versuchen?
    Konrad von Hochstaden hielt Paulus noch immer eng umschlungen. Was mochte der Erzbischof ihm nur die ganze Zeit ins Ohr flüstern? Als der Erzbischof Paulus ein weiteres Mal auf die Schulter klopfte, versteckte Angela sich hinter dem hohen Rücken eines stark nach Schweiß riechenden Mannes. Ihr Herz klopfte so laut, dass sie es im Hals spüren konnte. Nein. Sie konnte seinem Blick nicht standhalten.
    Der Erzbischof bohrte seinen Daumen tief in Paulus’ Oberarm. »Ich hoffe, wir haben uns verstanden. Kein Sterbenswort zu irgendjemandem.«
    Paulus verzog vor Schmerzen das Gesicht und versuchte, sich aus der Umarmung zu winden, doch der Erzbischof packte noch fester zu. »Aber warum nicht?«
    »Weil ich keinen Ärger mit Mailand haben will. Was ich und das Reich am wenigsten gebrauchen können, ist ein neuer Krieg mit den Lombarden.«
    »Aber wenn es doch Mailänder waren, die uns die Heiligen Drei Könige rauben wollten.«
    »Dann waren es eben Mailänder. Doch niemand weiß, ob sie im Auftrag ihrer Stadt nach Köln gekommen sind oder auf eigene Faust gehandelt haben. Und ich will es auch nicht wissen. Ich will nur eines – kein Aufhebens um diese Sache.«
    »Vielleicht werden sie es wieder versuchen.«
    »Dann versuchen sie es eben. Sie werden abermals scheitern. Ich dulde keine Widerrede, sonst nehme ich dir wieder ab, was ich dir gerade zugesteckt habe. Was ist nun? Kann ich mich auf dich verlassen? Kein Sterbenswörtchen?«
    Paulus nickte. »Kein Sterbenswörtchen.«
    Er war enttäuscht. Alles Mögliche hatte er erwartet, aber gewiss nicht die Ermahnungen, die Konrad von Hochstaden ihm gerade ins Ohr gezischt hatte. Der Erzbischof lächelte zufrieden, tätschelte ihm noch einmal die Wange und ging dann zu seinem Pferd zurück. Paulus blieb unter dem Apfelbaum zurück. Langsam setzte sich der Zug wieder in Bewegung.
    Nur ein Mensch blieb länger stehen als die anderen. Sie sah so schön aus wie bei ihrer ersten Begegnung, als er mit Matthias vor Sankt Maria im Kapitol gebettelt hatte.
    Doch Paulus erschrak, als Angela sein Lächeln nicht erwiderte. Sie schlug die Augen nieder, so schnell, dass er augenblicklich wusste, was geschehen sein musste.
    Angela, seine Angela. Sie musste doch vor Sorge um ihn fast gestorben sein. Zuletzt hatte sie ihn gesehen, als er ihr blutüberströmt und auf der Flucht vor den Hunden ihres ermordeten Hausherrn gegenüberstand. Warum sah er keine Erleichterung in ihren Augen? Warum freute sie sich nicht, dass der Erzbischof ihn vor aller Augen zum Helden erhoben hatte?
    Es gab nur eine Erklärung. Sie hatte seinen Beteuerungen nicht geglaubt. Sie war zu den Bütteln gerannt, hatte seinen Namen genannt und ihn des Mordes an Hermann Mummersloch bezichtigt. Für vierhundert Silbermark.
    Verrat.
    Ließ sich dieses Wort nicht auf ewig aus seinem Kopf verbannen? Eine Träne rann über Paulus’ Wange. Eine nur, mehr nicht.
    Nachdem sie die Leichen in ein Kellergewölbe des erzbischöflichen Palastes geschafft hatten, ging alles sehr schnell. Ein Zimmermann hatte bereits drei Kisten zusammengehämmert, in welche die Toten nun gelegt wurden. Konstantin half mit, als die anderen Büttel das Salz in die Särge gaben.
    »Achtet darauf, sie zur Gänze zu bedecken. Nicht einmal die Nasenspitze darf herausschauen.«
    Je schneller die Leichen mit Salz überschüttet waren, desto besser – Konstantin fand den Anblick der Körper alles andere als erbaulich. Sie waren schwarz verkrustet wie ein Spießbraten, der zu lange über dem Feuer gehangen hatte. Die Haut war aufgeplatzt, Arme und Beine waren im Todeskampf seltsam verdreht.
    »Mir ist nicht wohl bei dieser Sache, Konstantin«, sagte einer der anderen Gewaltrichterdiener, während er das Salz verteilte. »Wir stehen doch gar nicht in Diensten des Erzbischofs. Warum befolgen wir seine Befehle, was soll das Ganze?«
    Die Antwort gab
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