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Dollbohrer!

Dollbohrer!

Titel: Dollbohrer!
Autoren: Hendrik Nachtsheim
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Jahrzehnte geglänzt wie Edelmetalle, und jetzt auf einmal das! Hässlicher Rost, der nicht nur blöd aussah, sondern einen auch noch deutlich älter machte.
    Also war das Monster heute Morgen zu dieser Praxis für Schönheitschirurgie gefahren, fest davon ausgehend, dass man ihm dort helfen würde. Fehlannahme! Man könne ihm, so versicherte ihm ein Doktor, die Nase verkleinern, die Haut straffen, Fett absaugen oder die Brust verkleinern. Oder auch vergrößern! Und … apropos … natürlich wäre es auch ein Leichtes, seinen … na, er wüsste schon … zu verlängern! Aber auf so was wie verrostete Schrauben im Hals sei man nicht eingestellt, hätte auch keinerlei adäquates Ersatzmaterial im Haus, und überhaupt würde eine Korrektur der Halsschrauben nur sehr selten gewünscht. Nein, diesbezüglich könne man ihm nicht helfen, mal ganz abgesehen davon, dass er zudem nicht privat versichert sei, was, bei allem Verständnis, jedweden Eingriff schier unmöglich mache. Aber es sei doch vielleicht mal einen Versuch wert, jemanden aufzusuchen, der von Haus aus mit Metall zu tun hatte.
    Keine halbe Stunde später stand das Monster auf dem ölverschmierten Boden einer kleinen Autowerkstatt (»Alle Marken, alle Teile«), um dem dortigen Meister sein Problem zu erklären. Die Redewendung, dass etwas »seinen Mann ernährte«, schien im Fall dieses Unternehmens mehr als zuzutreffen, denn zwischen dem Werkstattchef und dem Michelin-Mann auf der Reifendrucktabelle an der Wand bestand figurtechnisch eigentlich keinerlei Unterschied.
    »So, so, die Dinger roste, und des stinkt Ihne! Des glaub ich. Wann ich so Stängelscher im Hals stecke hätt, würd mir des aach net gefalle …!«
    Das Monster betrachtete ihn und fragte sich, von welchem Hals sein Gegenüber da eigentlich sprach, schienen doch dessen Oberkörper und Kopf unmittelbar aneinandergewachsen zu sein.
    »Des Problem is, dass der Rost sich schon so dorschgefresse hat, dass man des mit ’ner Politur oder so aach net mer hiekriescht! Rausziehe will ich se auch net, weil ich net weiß, ob Ihnen dann die Birne einfach nach vorne abknickt und ich hier ’ne Riesensauerei uffwische muss. Sie sehe ja eh schon e bissi krank aus! Und drübberlackiern bringt aach nix, weil der Rost sich eh durch alle Farben nach außen wieder dorschfrisst! Nee, ich glaub, da kann selbst de Walter nix mache!«
    »Wer ist denn Walter?«, murmelte das Monster.
    »Na, ich!«
    Jetzt saß es wieder im Bus und war frustriert. Und der Artikel in der »Sport-Bild« über das andere Monster gab auch keine Antwort auf seine Fragen.
    »Die Fahrkarten bitte!«
    Irritiert blickte es aus seinen tief liegenden Augen nach oben. Der Freundlichkeitsgrad im Gesicht der kräftigen Kontrolleurin, deren mädchenhafter Pagenschnitt einfach nur ein mieser Versuch war, die Wahrheit ihrer kantigen und vollkommen unfemininen Physiognomie zu kaschieren, stand auf einer Skala von eins bis zehn maximal auf minus fünf.
    »Was?«
    »Ich sagte: ›Die Fahrkarten bitte!‹ Hätte ich ›Kalte Getränke!‹ gesagt, dann hätte ich auch welche dabei!«
    »Schade, ich habe nämlich sehr starken Durst!«, antwortete das Monster ernst.
    »Gut, da hat wohl einer heute Morgen einen Clown gefrühstückt, wir haben alle mal herzlich gelacht, aber jetzt widmen wir uns wieder meiner Frage …«
    »Ich habe gar nicht gelacht. Mir ist auch gar nicht nach lachen. Ich bin schon den ganzen Tag unterwegs, weil ich große Probleme habe wegen der Schrauben …«
    »Dass Sie ein Problem mit Ihren Schrauben haben, glaub ich Ihnen aufs Wort, aber was mich einzig und allein interessiert, ist eine gültige Fahrkarte! Also, haben Sie eine oder nicht?«
    Das Monster schüttelte den Kopf. Wie sollte sich denn jemand eine Fahrkarte kaufen können, der den Großteil seines Lebens ohne Geld auskommen musste? Monster bekamen nicht an jeder Ecke einen Job. Und wenn es mal arbeiten durfte, so wie damals im Tierpark Hagenbeck, dann war es erfahrungsgemäß schon wenige Tage später wieder arbeitslos. In diesem Fall, weil sein Typ bei Tieren, egal welcher Spezies auch immer, offensichtlich nicht besonders gut ankam. Ob Affen, Elefanten oder Giraffen, alle hatten sich immer sofort vom Freigehege in die Innenkäfige verzogen, sobald er auch nur in ihre Nähe kam. Selbst die Hyänen blieben heulend in der Tiefe ihrer künstlichen Höhle sitzen! Was zur logischen Folge hatte, dass sich das Publikum, das ihn übrigens einfach nur für einen verkleideten Teil des
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