Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang

Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang

Titel: Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang
Autoren: Jo Nesboe
Vom Netzwerk:
als wäre das Ende der Welt nicht mehr fern«, entgegnete Doktor Proktor trocken und stapfte durch den Schnee auf die Eingangstür zu.
    »Haben Sie einen Tipp, was wir tun können?«, fragte Lise.
    »Selbstverständlich«, sagte Doktor Proktor.
    »Und das wäre?«
    »Das, was wir immer tun. Karamellpudding essen.«
    »Also«, sagte Doktor Proktor, nachdem die drei sich am Küchentisch des Professors anderthalb Meter Karamellpudding einverleibt hatten. Auf der Arbeitsplatte stand der Modellhelikopter, den er zum Sahneschlagen benutzte, daneben der Toaster zum Turbotrocknen von Handschuhen und Strümpfen und ein Topf für Fischsuppe, in dessen Boden er ein großes Loch gebohrt hatte, weil er Fischsuppe nicht ausstehen konnte.
    »Du hast also was gesehen«, sagte Doktor Proktor.
    »Jepp«, sagte Bulle, begleitet von einem lauten Rülpser. »Entschuldigung.«
    »Zum Wohl. Was hast du gesehen?«
    »Schwer zu sagen. Nach Gregor Galvanius’ Zusammenstoß mit der Schneewehe war es mit Schnee bedeckt. Da habe ich Umrisse erkannt. Aber dann ist der Schnee geschmolzen und da wurde das, was darunter gewesen ist, sozusagen unsichtbar.«
    »Mensch oder Tier?«
    »Keine Ahnung. Die Spuren stammten jedenfalls von keinem Tier, das ich kenne. Genauso wenig von einem nackten menschlichen Fuß oder Schuh oder Stiefel. Irgendwie sah es aus, als hätte es …« Bulle kniff ein Auge zu und schien ganz konzentriert darüber nachzudenken, was er gesehen hatte.
    »Hm, sagte Doktor Proktor. »Und auf der Fahne, sagt ihr, stand Blaskapelle mit nur einem L! Und als ihr zum zweiten Mal nachgesehen habt, waren es wieder zwei L?«

    Lise nickt.
    Doktor Proktor rieb sich das Kinn.
    »Socken!«, rief Bulle.
    Lise und Doktor Proktor sahen ihn an.
    »Das waren Sockenabdrücke«, sagte Bulle. »Ihr wisst schon, wie man sie hinterlässt, wenn man mit feuchten Socken aus den Schuhen steigt und über den Boden läuft.«
    »Sockenklauer?«, flüsterte der Professor, mehr zu sich selbst. »Sprachfehler. Mondcham…«
Als er sah, dass Lise und Bulle noch an seinem Küchentisch saßen, verstummte er abrupt. »Sockenklauer?«, sagten Lise und Bulle im Chor.
    »Sprachfehler!«, sagte Doktor Proktor. »Wollte sagen … Ich habe mich versprochen.« Er zeigte aus dem Fenster. »Jesses! Seht mal, es hat angefangen zu schneien.«
    Sie schauten nach draußen. Und richtig, dort trudelte die eine oder andere Schneeflocke vom Himmel.
    Lise sah Doktor Proktor an. »Was ist ein Sockenkl…«
    »Ich arbeite übrigens an einer neuen Erfindung«, fiel Doktor Proktor ihr ins Wort, ehe sie den Satz zu Ende gebracht hatte. »Eine mutierte Kreuzung zwischen Weihnachtsbaum und gewöhnlicher Tanne, an der Glitter, Papierengel und Kerzen wachsen, sodass man sie fertig geschmückt fällen und im Wohnzimmer aufstellen kann. Wie findet ihr das?«
    Bulle schüttelte den Kopf. »Blöde Idee. Das Baumschmücken ist doch das Lustigste.«
    »Wirklich?«, fragte Doktor Proktor.
    »Jepp«, sagte Bulle und kratzte den Teller sauber. »Wollen Sie nicht lieber etwas erfinden, das dafür sorgt, dass unsere Blaskapelle gut klingt?«
    »Diese Erfindung gibt es nicht«, sagte Doktor Proktor. »Aber wie wäre es mit Weihnachtsbrei mit Karamellpuddinggeschmack?«
    »GUT, dass Sie mich daran erinnern!«, rief Bulle und schielte gierig auf den Rest Karamellpudding auf dem Teller. »Falls sonst keiner mehr will, könnte ich …«
    »Doktor Proktor«, sagte Lise. »Was meinten Sie mit Sockenklauern?
    »Noch nie was davon gehört«, sagte der Doktor. »Und ihr auch nicht.«
    Lise sah Bulle an. Seine Wangen beulten aus wie zwei Ballons und der Puddingteller war leer.
    »Ach je, so spät schon«, sagte Doktor Proktor und gähnte laut und deutlich.
    »Fandest du Doktor Proktor heute Abend nicht auch etwas sonderbar?«, sagte Lise, als sie draußen auf der Treppe standen.
    »Nein«, sagte Bulle, rülpste laut und grinste glücklich.
    »Aha«, sagte Lise und verdrehte die Augen.
    Nachdem Lise das Haus betreten und gegessen, die Hausaufgaben gemacht und Klarinette geübt hatte, rief ihre Mutter unten aus dem Wohnzimmer, dass Lise jetzt mal bald ins Bett müsste. Das fand Lise eigentlich auch. Nach dem Zähneputzen ging sie ins Wohnzimmer, um ihren Eltern Gute Nacht zu sagen. Sie saßen vor dem Fernseher und sahen einer Gruppe Männer und Frauen zu, die aus voller Kehle sangen und sich im Takt mit der Musik bewegten, sodass ihre langen weißen Umhänge wie Gardinen in einer Sommerbrise flatterten. Lise dachte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher