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Dönerröschen

Titel: Dönerröschen
Autoren: Jaromir Konecny
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Wenn alle türkischen Omas so brutal drauf waren, dann war’s in Neuperlach lebensgefährlich. Oder stand auf Fischraub in der Türkei die Todesstrafe? Zum Glück ahnte ich da noch nicht, welchen Kampf ich mir mit einer türkischen Oma noch liefern würde. In der NORDSEE durfte ich mich in den nächsten Wochen auf jeden Fall nicht blicken lassen. Hier war ich jetzt hinreichend bekannt. Zum Glück schob Dok im Einkaufszentrum nur Nachtschichten. Wäre er jetzt dagewesen, hätte er seinen Sohn wegen Mundraub festnehmen müssen.

Plastiktiere
    Schnauze hockte auf der Bank in der Einkaufspassage gegenüber der Traublinger-Bäckerei und kaute an den Resten seines Döners. »Mann! Der neue Gerät von dem Typ in Dönerbude is’ voll Hightech.«
    »Das heißt DAS Gerät: das Radio, das Auto, das Gerät!«
    »Alta, du musst Deutsch lernen«, sagte Schnauze. »Der Gerät is’ nich’ das Auto oda das Radio. Der Gerät is’ das geile elektrische Messer zum Dönerschneiden. Kapito?«
    Ich lachte. »Ach so! Das Gerät zum Dönerschneiden heißt der Gerät!«
    »Genauso is’s, Mann!«
    »Das muss ich meinem Vater sagen«, sagte ich. »Der mag solche Sachen!«
    »Was macht dein Alta?«
    »Äaaah … er ist nur Nachtwächter im PEP!«
    »Geil!«
    »Geil?«
    »Klar! Da kannste die andern rumkommandieren … kann man mit Hauptschulabschluss Nachtwächter machen?«
    »Sicher! Solche Jobs bekommst du aber erst ab achtzehn, oder?«
    »Muss mal deinen Vater fragen.«
    »Hmm«, sagte ich, kriegte aber gleich die Panik. Dok war echt irre. Den sollte keiner meiner neuen Freunde hier jemals kennenlernen. Die Türken schon überhaupt nicht. Sonst war ich hier erledigt. Die Türken haben doch eine ganz andere Kultur als Dok. Na ja, jeder hat eine andere Kultur als mein Vater.
    »Zwei Jahre krieg ich schon irgendwie rum«, sagte Schnauze. »Hab Moneten genug. Soll ich uns was zum Trinken holen?«
    »Spezi wäre super!«, sagte ich. Schnauze bretterte zu vinzenzmurr . Mann! Schnauze war der erste Jugendliche, der meinte, genug Geld zu haben. Blödsinn! Kein Jugendlicher hat genug Geld. Sonst würde er es ja sofort ausgeben und dann wieder nicht genug haben, oder?
    Schnauze tauchte wieder auf und reichte mir meine Spezi. Krass cremig, das Leben im PEP, oder? Wir chillten auf der Bank und guckten uns die vorbeilaufenden Models aus dem Supermarkt an. »Hätte mir besser etwas bei McDonald’s zum Essen kaufen sollen«, sagte ich.
    »Meggi muss nich’ immer sein«, sagte Schnauze. »Ich häng dort Tag und Nacht rum.«
    Auf einmal hob Schnauze die Hand und klatschte einen Dunkelhaarigen ab. »Naber, Danis!« Das Gesicht des dunklen Typen kam mir bekannt vor. Woher sollte ich den aber kennen? Wohl ein Trugbild! Wieder eins von diesen komischen Bildern, die in der letzten Zeit in meinem Kopf auftauchten. Wie vorhin in der NORDSEE . Hatte ich Heuschnupfen im Hirn, oder was?
    »Selam, Schnauze!«
    »Sers!«, sagte ich.
    »Na, was geht in Perlach, Danis«, fragte Schnauze. Wollte mir wohl auf die feine Art mitteilen, wo der Checker her kam.
    »Dich kenn ich doch, oder?«, fragte mich Danis.
    »Kann sein!«, sagte ich. »Meine Tante hat in Perlach gewohnt. Bis sie gestorben ist, war ich oft bei ihr. Meine Mutter hat damals Konzerte gegeben und mein Vater war mit ihr viel unterwegs.« Hmm … komisch! Meine Tante war gestorben, als ich zehn gewesen war, das hatte Anne mal gesagt, aber ich konnte mich an meine Zeiten bei der Tante überhaupt nicht erinnern, nicht einmal wie meine Tante ausgesehen hatte. Nur dass ich oft bei ihr gewesen bin. Oder hatte mir das auch Anne gesagt? Plötzlich leuchtete etwas in meinem Kopf auf. Ich guckte Danis in die Augen, auf einmal stand die Szene so in meiner Erinnerung, als hätte sie sich gestern abgespielt. »Ich erinnere mich, dass ich mich an einem Bach mit einem türkischen Jungen geprügelt habe!«, sagte ich. »Wir spielten Indianer, und er wollte, dass ich Nscho-Tschi bin.«
    »Das war ich«, sagte Danis.
    »Nscho-Tschi?«, fragte Schnauze. Mann! Dem fiel echt immer was Lustiges ein.
    »Nee, der Türke!«, sagte Danis.
    »Cool!«, sagte ich.
    »Macht’s gut!«
    »Du musst nicht davonlaufen«, sagte ich. »Ich spiele keine Indianer mehr. Du kannst ruhig Winnetou bleiben. Oder von mir aus auch Old Shatterhand.«
    »Ich muss schnell ins Kaufland und dann in meinen Schachverein.«
    »Schachverein?«, fragte Schnauze. »Bisdu krank, Lan?«
    »Schach ist gut fürs Hirn!«
    »Wozu brauchsdu Hirn?«
    »Bis
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