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Dinner for one, Murder for two

Dinner for one, Murder for two

Titel: Dinner for one, Murder for two
Autoren: Auerbach , Keller,
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von Kestring erbleichte. Die Journalisten hielten den Atem an. Die gegenseitige Abneigung der beiden war in den einschlägigen Kreisen bekannt und garantierte gute Schlagzeilen.
    Für einen Moment sah es so aus, als würde der Regisseur die Fassung verlieren, aber dann entspannten sich seine geballten Fäuste wieder.
    »Ich verstehe meine Kollegen«, säuselte er. »Wenn Sie sich auf einen besseren Posten beworben hätten und man hätte Sie mangels Eignung nicht genommen, würden Sie das in der Öffentlichkeit zugeben, Kwiatkowski? Ich glaube nicht.«
    Von Kestring starrte den verhassten Journalisten herausfordernd an, und der erwiderte den Blick, ohne mit der Wimper zu zucken, sagte aber nichts. Die Presseleute lachten und klatschten Beifall.
    Barbara-Ellen von Kestring lenkte die Aufmerksamkeit auf sich, indem sie auf ihre zierliche Armbanduhr blickte und ausrief: »Es ist schon spät, und wir halten hier den Betrieb auf!«
    »Darum kann Berkel sich kümmern«, zischte von Kestring und warf seinem Assistenten einen auffordernden Blick zu.
    Barbara-Ellen zog Tickets aus ihrer Handtasche und winkte Johannes Berkel heran. »Johannes, sei doch bitte so nett und nimm uns die lästigen Formalitäten ab«, zwitscherte sie.
    Der junge Mann empfing die Flugscheine aus ihrer perfekt manikürten Hand und wieselte eilfertig zum Schalter der Business-Klasse, um das berühmte Ehepaar einzuchecken.
    »Sie ist anders als die anderen. Sie ist eine natürliche Schönheit«, hauchte Freddy ergriffen.
    »Und er ist ein unnatürlicher Popanz«, schnappte Pippa. »Hoffentlich sind die bald fertig mit ihrer Selbstbeweihräucherung. Kotztüten gibt es ja leider erst im Flugzeug.«
    Aber noch war kein Ende abzusehen. Die Journalisten reckten weiterhin die Hände; Mikrofone und Diktiergeräte warteten auf Informationen, und die Kameras surrten unverdrossen, um jede noch so kleine Geste des glamourösen Paares einzufangen und sie dem Fernsehpublikum noch zum Abendessen präsentieren zu können.
    Hasso von Kestring deutete auf einen Mann und nickte ihm huldvoll zu.
    »Der Tagesspiegel, Brönner mein Name«, sagte dieser. »Was sind Ihre Pläne für England, Herr von Kestring? Wie werden Sie Ihr Land – unser Land – vertreten?«
    »Ich werde die englische Theatertradition ins 21. Jahrhundert führen«, gab der Regisseur salbungsvoll Auskunft. »Ich katapultiere sie dorthin, wo das deutsche Theater längst angekommen ist: in den modernen Theaterolymp.«
    Würg, dachte Pippa. Sieht so aus, als sollte ich um eine gewisse Inszenierung in Stratford einen riesigen Bogen machen. Danke für die Warnung, von Kestring.
    »Glauben Sie, dass das englische Theaterpublikum Ihnen folgen möchte? Es heißt doch, dass in England wesentlich mehr Menschen ihren Shakespeare lesen und kennen als wir zum Beispiel unseren Goethe.«
    »Und dass die Theater in England immer voll sind«, rief ein Reporter, den ein Anstecker am Revers als Vertreter der Süddeutschen Zeitung auswies.
    Von Kestring lächelte milde. »Meine Herren, da es dort nur eine Handvoll Theater gibt, sind diese natürlich auch immer voll. Ganz egal, wie verstaubt die Inszenierungen sind, man will einfach dabei gewesen sein. So wie man hierzulande mindestens einmal im Leben auf dem Oktoberfest oder im Europapark gewesen sein muss, um mitreden zu können, auch wenn man sich dort zu Tode gelangweilt hat.« Er hob beide Hände in einer dramatischen Geste zum Himmel und rief: »Das reicht mir nicht! Ich will die Engländer aufrütteln und ihnen begreiflich machen, was Shakespeare meinte, als er schrieb: Die ganze Welt ist eine Bühne .«
    Pippa war zugleich angewidert und fasziniert von diesem Schauspiel. Genau, dachte sie sarkastisch, du musst England unbedingt aus seinem kulturellen Jammertal erlösen. Die warten ausgerechnet auf einen wie dich, um ihnen die Augen zu öffnen. Ich hoffe, sie wenden sich stattdessen vor so viel dramaturgischer Überheblichkeit ab und jagen dich aus dem Land …
    »Müller, Frankfurter Allgemeine Zeitung. Ist das Ensemble aus diesem Grund so international, Herr von Kestring? Ist dieses Konzept ein direkter Bezug zum gerade erwähnten Shakespeare-Zitat?«
    Von Kestring nickte. »Auch. Die Inszenierung, für die mein Konzept ausgewählt wurde, ist ein Stipendienprojekt der Europäischen Gemeinschaft. Verschiedene Mitgliedsstaaten stellen jeweils ein Ensemblemitglied. Es handelt sich bei den Stipendiaten um außergewöhnlich talentierte Nachwuchskräfte, die sich in
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