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"Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)

"Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)

Titel: "Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)
Autoren: Peter Großmann , Gerald Asamoah
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Kinderstreiche, schöne Fußballspiele und auch darüber, was für einen Beruf er gefunden hatte: Er ist Schuhmacher geworden!

Unwägbar – Aufbruch in der neuen Heimat
    Auf nach Deutschland
    Mit zehn Jahren wechselte ich von meiner Dorfschule auf ein Internat in der Hauptstadt Accra. Dort teilte ich fast alles mit meinen Schulfreunden: den Tagesablauf, das Essen, den Schlafsaal. Nur in einem Punkt war ich eine Ausnahme. Sie alle hatten ihre Eltern vor Ort oder zumindest in der Nähe. Nur ich war ein Besuchskind.
    Das aber sollte sich dann bald ändern. Denn am 11. November 1990, am Geburtstag meiner Mama, flog ich mit meinen Schwestern nach Deutschland. Zwölf Jahre hatte es gedauert, bis ich das Land zu sehen bekam, in dem meine Eltern mittlerweile Fuß gefasst hatten. Das war ungelogen ein großer Moment, denn ich würde nun auch meinen Bruder kennenlernen, der inzwischen in Deutschland zur Welt gekommen war. Überhaupt Deutschland. Ich hatte wenig Vorstellung von diesem Land. Sicherlich, meine Mutter hatte bei ihren Besuchen in Afrika immer wieder davon erzählt, aber ich konnte mir nie ein richtiges Bild machen. Nur eines wusste ich ganz genau: Deutschland wurde 1990 Fußballweltmeister. Ich hatte zwar kein Spiel gesehen, aber im Radio davon gehört. Mein Traum war, Fußballer zu werden, und nun reiste ich in das Land des Fußballweltmeisters ein!
    In Ghana hatten wir uns von allen herzlich verabschiedet, es flossen Tränen der Rührung, aber ich spürte keinen Schmerz. Die Vorfreude auf meine neue Heimat war zu groß. Alleine der Flieger! Ich war noch nie geflogen und hatte mächtig Angst – wie meine Schwestern natürlich auch. Alle winkten uns zu, als das Flugzeug zur Startbahn rollte. Ich winkte zurück, war aber mit meinen Gedanken ganz woanders. Da, wo mein neues Zuhause sein sollte.
    Meine Mama hatte mich und meine Schwestern gewarnt, es sei November. In Ghana kein Problem, aber in Deutschland sei es kalt. Aber wie sollte ich mir das vorstellen? Frieren kannte ich nicht, höchstens Schlottern, wenn man eben vor Angst zitterte. Deshalb hatte meine Mutter uns Kinder auch ermahnt, ja unsere Jacken in das Flugzeug mitzunehmen. Ich aber hatte nur ein T-Shirt an, die Jacke steckte im Koffer. Doch das sollte mich nicht stören. Vor lauter Aufregung spürte ich ohnehin nichts, keine Kälte, keine Wärme. Und dann war es so weit: In Frankfurt sah ich erstmals lauter »Weiße«.
    Schon im Flieger waren einige an Bord. Nicht, dass ich noch niemals einen Weißen gesehen hätte, aber diesmal war es anders. Wohin man blickte, lauter weiße Haut. In unserem Heimatdorf kam selten einmal ein Weißer vorbei. Wir haben dann immer gesungen, sind zu ihm hingelaufen und haben ihn angefasst. Der arme Kerl wusste natürlich nie, was wir da in unserem ghanaischen Dialekt trällerten, und mochte sich weiß Gott was denken. Aber es war ein Begrüßungslied, das jedes Kind in Ghana kannte: »Weißer Mann, wie geht es dir?« lautete der Text des Liedes. Auch in Accra im Internat, wenn wir Ausgang hatten, sahen wir manchmal weiße Menschen, meist am Strand. Aber Kontakt hatten wir keinen. Der erste, mit der ich je gesprochen hatte, war eine Freundin meiner Mutter, die einmal mit zu Besuch in Mampong war. Anja, ich kann mich noch genau an diese Begegnung erinnern. Das war schon fürchterlich komisch. Aber man muss das verstehen, das war eben nicht normal für uns. Deshalb habe ich bis heute immer Verständnis für Kinder, die mir gegenüber zurückhaltend sind und mich sogar anfassen wollen. Ich kann mich wirklich gut in sie einfühlen, meine Hautfarbe ist für sie nun einmal ungewöhnlich.
    Für mich aber hatten Weiße noch eine andere besondere Note. Wir Kinder in Afrika dachten immer, alle Weißen sind automatisch wohlhabend und kommen aus reichen Ländern, weshalb wir einen gehörigen Respekt vor ihnen hatten. Und nicht wenigen Freunden von mir spukte es damals durch den Kopf: Wer weiß, wenn ich nett bin, dann nimmt mich vielleicht jemand mit nach Europa. Das war für jeden ein Traum.
    Und nun stand ich da an diesem tristen Novembertag am Frankfurter Flughafen. Es war bitterkalt, so wie ich es noch nie erlebt hatte, und bis auf meine Eltern, mich und meine Geschwister nur Weiße um uns herum. Ich hatte Angst vor dem, was kommen sollte, aber auch ein bisschen das Gefühl: Das muss das Paradies sein! Wobei ich auch ein wenig so aussah wie im Paradies: Ich hatte kaum etwas an! Und während meine Schwestern den guten Rat der Mama
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