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"Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)

"Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)

Titel: "Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)
Autoren: Peter Großmann , Gerald Asamoah
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allerdings nicht ganz freiwillig. Denn obwohl Ghana heute zu den politisch stabileren Ländern in Afrika zählt, gab es Ende der 1970er-Jahre eine Zeit, in der auch mein Heimatland politisch etwas unruhiger war. In meinem Geburtsjahr 1978 putschte das Militär. Mein Vater, der damals bei der Ghanaian Times arbeitete, war aktives Mitglied der oppositionellen People Front Party, bekam eine Warnung, dass es gefährlich für ihn werden könnte, da es demnächst Verhaftungen geben sollte. William Asamoah floh also Hals über Kopf aus dem Land – und war plötzlich aus meinem Leben und dem meiner Familie verschwunden. Über Italien und Polen gelangte er nach Deutschland, wo er nicht als Journalist, sondern als Straßenkehrer und Fabrikarbeiter seinen Lebensunterhalt verdiente. Es muss hart für ihn gewesen sein, seine kleinen Kinder zurückzulassen, um seine Familie durch seine Flucht zu schützen. Aber er hatte wohl keine andere Wahl. Auch wenn ich mich an diese Zeit natürlich nicht mehr erinnern kann – schließlich steckte ich noch in den Windeln –, prägte mich dieses Ereignis sehr. Es ist vielleicht auch der Grund dafür, dass ich in späteren Jahren von meinem Vater mehr Aufmerksamkeit bekommen wollte, als es für Jugendliche üblich ist. Ich wollte ihm einfach zeigen, dass ich jemand bin, der stark und selbstständig ist und in seine Fußstapfen treten kann.
    Doch noch war ich klein, verstand von solchen psychologischen Dingen herzlich wenig und hatte noch weniger Ahnung davon, was alles auf mich zukommen sollte. Aber eines wusste ich genau: Meine Nana würde mich und meine beiden Schwestern schon beschützen. Priscilla war jünger und Rexmond älter als ich. Damals wusste ich noch nicht, dass ich sogar noch einen älteren Bruder gehabt habe, der im Alter von drei Jahren gestorben war. Er war auf einen Lastwagen geklettert und hinuntergefallen. Dabei hatte er sich am Kopf verletzt, aber meiner Mutter aus Angst davon nichts erzählt – so wie Kinder nun mal sind, wenn sie keinen Ärger riskieren wollen. Als es ihm dann plötzlich schlechter ging, merkte meine Mutter, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmen konnte und wollte mit ihm sofort ins Krankenhaus fahren. Wir aber lebten in Afrika und das nächste Hospital war natürlich weit weg und es gab keine Krankenwagen. Da selbst das herbeigerufene Taxi nicht kam, starb mein großer Bruder, ohne dass ihm geholfen werden konnte. Meine Eltern sprechen bis heute nicht über dieses tragische Ereignis, ich aber denke oft daran, denn ich hätte gerne einen größeren Bruder gehabt. So aber war ich immer der größte Mann bei den Asamoahs, trug als solcher jede Menge Verantwortung und musste mich schon früh um viele Dinge kümmern.
    Gestatten, ich heiße Dienstag
    Den Namen »Gerald« hatte mein Vater für mich ausgesucht. Wenn Menschen in Deutschland in der ersten Zeit hörten, wie ich heiße, tippten sie entweder auf den Einfluss einer deutschen Kolonie oder auf deutsche Vorfahren. Was gar nicht so schlecht geraten war, denn beides gibt es in Afrika ja relativ häufig. Aber es ist viel einfacher und banaler: Mein Vater war ein riesiger Fan des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Gerald Ford. Und schon hatte ich meinen Vornamen weg.
    In der Tat gäbe es auch eine historisch motivierte Erklärung für einen deutschen Vornamen, denn am 6. März 1957 wurden die Goldküste und das Ashanti-Land unter Premierminister Nkrumah als Ghana unabhängig. Nach einer Volksabstimmung trat auch das britische Mandatsgebiet Britisch-Togoland, also der seit dem Ende des Ersten Weltkriegs unter britischer Verwaltung stehende Teil der ehemaligen deutschen Kolonie Togo, dem neuen Staat bei. Die Folge war, dass sich heute viele deutsch klingende Vornamen in Ghana finden lassen. Otto Addo ist so ein Beispiel, ein guter Freund, der mit mir in Hannover Fußball gespielt hat. Anthony Yeboah hingegen, mein großes Vorbild und auch der Grund, warum ich unbedingt Fußballer werden wollte, verdankt seinen Vornamen dem kolonialen Einfluss der Engländer.
    Wäre es allerdings nach ghanaischer Tradition gegangen, würden mich heute alle »Dienstag« nennen. Denn in Ghana heißen Mann und auch Frau automatisch wie der Tag, an dem man geboren wurde. In meinem Falle also Kwabena Asamoah, Dienstag Asamoah! Kaum vorstellbar, Jürgen Klinsmann oder Huub Stevens hätte mich vor einem Spiel zu sich gerufen und dann gesagt: »Dienstag, du spielst am Mittwoch.«
    Da war ich echt lieber Gerald oder wie mich
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