Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held
Autoren: Andrew Offutt
Vom Netzwerk:
gerade
bemerkt!«
    Hanse mußte lachen. Humpelnd und O-beinig ging er zu ihr und
nahm sie in die Arme. Sie hielten einander umschlungen, bis er
schluckte und sich wünschte, sie aus all diesen Kleidern zu
schälen, seine Hände über ihren ganzen Körper
wandern zu lassen, sie zu Boden zu werfen und… Er löste
sich aus der Umarmung, streckte die Schultern, zuckte immer noch
zusammen, als er die Beine bewegte, und entledigte sich des langen
Gewandes mit der Kapuze.
    »Arrr! Wenn die Götter gewollt hätten, daß
Männer auf Pferden reiten, hätten sie… ich weiß
es nicht. Sie hatten es ganz einfach nicht für uns vorgesehen,
das ist alles!«
    »Versuch dir doch einmal vorzustellen, wieviel schlechter es
dir gehen würde, wenn wir den ganzen Weg hätten laufen
müssen.«
    Er warf ihr einen grimmigen Blick zu. »Hör doch endlich
auf, so verdammt vergnügt und praktisch zu sein! Wenn ich mich
beklagen will, will ich mich beklagen. Das ist ein heiliges
Recht.«
    »Ay-ay, Hochwürden«, gab sie lächelnd
zurück und pellte sich ebenfalls aus ihrem Gewand. Beide waren
froh, aus den weiten Kleidungsstücken herauszukommen. Der Stoff
war weiß, weil Weiß die Hitze der Sonne nicht speicherte,
sondern sie im Gegenteil zurückstrahlte, wie der
Viehhändler behauptet hatte, der sich wirklich als
Wüstenexperte erwiesen hatte.
    Hanses alte, ausgebleichte rostbraune Tunika hatte dreiviertel
lange Ärmel und Lederriemen um den V-Ausschnitt am Hals, er trug
eine dunkle Hose und gute weiche Stiefel. Natürlich trug er auch
sein Messer, obwohl er das große Ilbarsi-›Messer‹,
das so lang war wie Mignureals Arm, um seinen Sattelknauf geschlungen
hatte. Er wirkte weder schäbig noch wohlhabend, und genauso
wollte er auch aussehen. Auch Mignureal sah weder nach dem einen noch
nach dem anderen aus, doch man konnte sie schwerlich übersehen.
Sie war eine S’danzo, und sie war Mondblumes Tochter. Der Haufen
ihrer Kleider gab ihr den Anschein, als würde sie 200 Pfund
wiegen. Aber das tat sie nicht.
    Sie trug jetzt drei der unzähligen Ringe ihrer Mutter, und
ihre Kleider hatten fast unendlich viele Farben und Muster.
Vielleicht waren es auch nur ein Dutzend. Dazu gehörten ein
gestreifter Schal und ein blaues und grünes Kopftuch, das ihr
tiefschwarzblaues Haar aus dem Gesicht fernhielt, das man ihr nur
einmal, als Teil ihres Initiationsrituals, im Alter von zwölf
Jahren geschnitten hatte. Sie trug ein Unterhemd, eine Bluse und eine
Weste, drei Röcke und zwei Überkleider. Erstaunlicherweise
paßte sogar einer der Röcke farblich zu ihrem Stirnband.
Das war Hanse aufgefallen. Er hatte sich einen klugen Spruch dazu
einfallen lassen, daß sie konservativ gekleidet herumlief, aber
den wollte er sich für eine passendere Gelegenheit aufheben.
Für eine bessere.
    »Wie kannst du es nur in all diesen Klamotten
aushalten?«
    Mignureal zuckte die Achseln und errötete ein wenig.
    Sie hatten an einem grünen Fleck Rast gemacht, wo sie ihr
Nachtlager aufschlagen wollten. Ein kleiner Brunnen, mit Steinen
ummauert und einem Schild versehen, gestattete einem schmalen
Streifen struppigen Grases und zweieinhalb kümmerlichen
Bäumen ein klägliches Dasein. Mignureal las die Inschrift
auf dem Schild laut vor; es wies sie an, keine Gegenstände in
das Wasser zu werfen und den Dung ihrer Tiere in gebührendem
Abstand vom Brunnen für andere Reisende zurückzulassen.
    »Ihhh«, stieß Mignureal hervor und schnitt eine
Grimasse. »Wozu ist das Schild denn da? Als ob wir den Mist
unserer Pferde mitnehmen würden!«
    Hanse lachte leise in sich hinein. »Du bist nie arm
gewesen«, stellte er fest.
    Sie wirbelte mit dem beleidigten Gesichtsausdruck zu ihm herum,
den so viele Leute zeigen, wenn man ihnen vorwirft, ein bequemes
Leben geführt zu haben.
    »Glaubst du etwa, wir wären reich gewesen? Wir waren zu
neunt zu Hause!«
    »Nein, aber ich meine, daß du nicht arm genug warst.
Nicht richtig arm, nicht bettelarm, nicht völlig abgebrannt. Ich
habe das früh genug gelernt. Ziegenmist ist der beste, und ich
habe gehört, daß Kamelmist noch besser sein soll. Aber
jeder Dung gibt einen guten Brennstoff her, wenn man ihn länger
liegen und trocknen läßt. Er brennt, und er brennt
langsam. Abwind wimmelt von Menschen, die sich nicht einmal ein
Stückchen Brennholz für ihre Kochöfen leisten
können, Mignue.«
    Sie legte ihre Hände fast so schnell zusammen, als würde
sie klatschen. »Oh. Ich schätze, du weißt eine Menge
Dinge mehr als ich.«
    »Wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher