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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held
Autoren: Andrew Offutt
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hat?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, das nicht. Irgend etwas
Kleines. Nur ein kleiner schwarzer Fleck, der sich bewegte. Wie ein
kleines Tier, weißt du. Als ob es uns folgen würde. Aber
jetzt kann ich nichts sehen. Wirklich nicht.«
    Mignureal erschauderte, kniff die Augen zusammen und hob ihre Hand
an die Brauen. Sie starrte ebenfalls den Weg zurück, den sie
gekommen waren.
    Sie erblickte Sand und abermals Sand, sonst nichts. Kein Tier, sei
es klein oder groß. Keine Pflanzen, nicht einmal das verkommen
aussehende Wüstengras oder die Imitation von Gras, das sie hier
und da gesehen hatten. Selbst der Onager hatte nur mäßiges
Interesse an dem Zeug gezeigt. Sie erblickte nicht einmal
größere Steine oder die Spitzen von Felsen. Die Felsen
waren nur sanfte Erhebungen, fast unheimlich wirkende Klumpen
unterschiedlicher Größe unter dem gelblichen Sand, der
sich wie der Schleier eines einfallslosen Kleides um sie herum
kräuselte. Der Himmel im Hintergrund hatte die Farbe
geschmolzenen Kupfers, mit silbernen und orangefarbenen Tupfern
durchzogen. Er hätte schön aussehen können. Aber das
tat er nicht. Er sah heiß aus.
    »Kannst du jetzt irgend etwas sehen?«
    »Nein«, sagte Hanse, drehte sich wieder um und zog das
vordere Teil der Kapuze seines Gewandes gerade. Wie bei Mignureal war
sie oben nach hinten zurückgefaltet, aber sie konnte so weit
nach vorne gezogen werden, bis sie das ganze Gesicht bedeckte. Wie
man ihnen gesagt hatte, war das Gewand ein Sandkaftan, und wenn man
in einen Sandsturm geriet, durfte man sich nicht bewegen und
mußte die Kapuze ganz herunterziehen. Obwohl sie dankbar
für das Pferd Inja und die Gewänder waren, die man ihnen
geschenkt hatte, hatten die Ratschläge sie nicht gerade froh
stimmen können. Ein Sandsturm? Ein Sturm aus Sand? Hanse
und Mignureal hofften inbrünstig, daß das etwas war, was
sie hoffentlich nicht erleben mußten.
    »Wahrscheinlich habe ich vorhin gar nichts gesehen«,
sagte Hanse. Er rieb seinen Oberschenkel und schnalzte seinem Pferd
zu. »Tschk, tschk. Tut mir leid, daß ich dir davon
erzählt habe. Wir haben jetzt lange genug zurückgeschaut.
Da ist offensichtlich nichts. Nur… Sand.« Beim letzten Wort
klang seine Stimme bitter.
    »Das muß dir nicht leid tun, Hanse. Versuche nicht, den
Helden zu spielen und irgendwelche Dinge vor mir zu verheimlichen,
›weil das zu meinem eigenen Besten ist‹, in Ordnung? Ich
bin nicht so eine Frau. Wenn dir irgend etwas Sorgen macht, dann
möchte ich es auch erfahren, einverstanden? Du mußt mich
nicht davor bewahren, gewisse Dinge zu wissen.«
    Er nickte wortlos. Sie konnte nicht umhin, einen weiteren
besorgten Blick zurückzuwerfen. Da war nichts. »Erst hast
du etwas bemerkt, und jetzt können wir weit zurücksehen,
und da ist nichts. Das gefällt mir nicht!«
    Hanse gefiel es ebenfalls nicht, aber das wollte er ihr nicht
sagen. »Ich habe gesagt, ich dachte, ich hätte etwas
gesehen. Man hat uns erzählt, daß die Sonne und die
Wüste unseren Augen Streiche spielen können, erinnerst du
dich?«
    »Ja. Man hat mir aber auch gesagt, daß man einige Dinge
sehen und dann nicht mehr sehen kann, und dann…«
    »Hör auf!« Er warf den Kopf zurück. »O
Gott, o Vater Ils! Nicht das, nur keine Zauberei. Ihr Götter,
wie sehr ich Zauberei hasse!«
    Ein paar Minuten lang ritten sie schweigend dahin, und Mignureal
überlegte sich ein völlig anderes Thema, über das sie
reden könnten. Oh, natürlich, sie erinnerte sich wieder, wo
sie ihr Gespräch unterbrochen hatten.
    »Hast du gesagt, ›als du eine Geige gestohlen
hast‹?« fragte sie.
    Sein Kopf ruckte herum, und er starrte sie mit diesen dunklen,
dunklen Augen an. »Was? Warum sollte ich behaupten, du
hättest eine Geige gestohlen?« Er hob den Kopf.
»Allerdings wäre das gar nicht einmal schlecht. Hast du
eine gestohlen?« .
    »Nein, nein, nicht ich. Du. Ich meine, äh… da
hinten. Bevor wir angehalten haben. Als wir uns unterhalten haben. Du
hast gesagt, du könntest dich an siebzehn Jahre erinnern, aber
dann… Irgend etwas von wegen… eine Geige
stehlen…?«
    »Oh!« Ein Lächeln flog über sein dunkles
Gesicht, wie ein kurzer Sonnenstrahl an einem bewölkten
Winterhimmel. »Nein, Ffffeige«, betonte er den ersten
Buchstaben, und dann wandte er den Blick von ihr ab, und seine Stimme
wurde leise und träumerisch, als hinge er Erinnerungen nach.
»Aber er hat mich auch dazu gebracht, sie wieder fallen zu
lassen.«
    Nachdem sie sich versichert hatte, daß
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