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Die zweite Wirklichkeit

Die zweite Wirklichkeit

Titel: Die zweite Wirklichkeit
Autoren: Vampira VA
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lang hatte er den Eindruck, seine Umgebung wie durch einen Purpur-Filter wahrzunehmen, dann verging auch das, so rasch, daß es eine Täuschung sein konnte.
    Aber der junge Mann wußte, daß nichts von all dem eine Täuschung gewesen war. Wenn ihm auch der wahre Sinn verwehrt blieb. Noch ...
    Er spürte, daß etwas ihn erleuchtet hatte und wissen ließ, daß seine Entscheidung, sich in den Dienst der Kirche zu stellen, richtig gewesen war.
    Denn seine »Bewährungsprobe«, sein ganz persönlicher »Fall der Fälle«, stand bevor.
    Weil etwas geschah.
    Nicht weit entfernt .
    * Lilith hatte es geschafft. Seit Minuten lag sie nun schon auf ihrem Bett - und dachte an nichts. Fast jedenfalls .
    Zumindest aber hatte sie eine Methode gefunden, wie sie dem, was wieder und wieder tief aus ihrem Innersten aufsteigen wollte, Herr werden konnte. Wann immer sie spürte, daß etwas nach ihren Gedanken griff, um sie zu verändern, zu fälschen, dachte sie an etwas völlig Belangloses.
    Daran, wie sie als Kind die Vögel draußen in den Bäumen beim Nestbau beobachtet hatte; wie sie mit ihrer Mutter zum Einkaufen ging; wie sie in der Schule ihre Mathematiknote mittels einer halbgeöffneten Bluse verbessert hatte; wie sie und Harold zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten .
    Trotzdem schien ihr selbst an diesen Gedanken irgend etwas falsch. Sie waren da, in ihrem Kopf, waren Teil ihrer Erinnerung. Und doch schien es Lilith auf seltsame Weise, als ob sie diese Dinge doch nie selbst wirklich erlebt hatte - sondern nur . geträumt?
    Auch diesen Gedanken bekämpfte Lilith, indem sie ihm einen anderen entgegensetzte, und sie hatte Erfolg damit. Das Gefühl, sich zu täuschen, verging - oder zog sich vielmehr zurück, legte sich auf die Lauer, um sich wenig später von neuem in ihr Denken zu stehlen.
    Doch Lilith wurde nicht müde, dagegen anzugehen. Wie sie überhaupt nicht müde werden durfte, weil sie fürchtete, der Traum könne wiederkehren - oder gar eine Fortsetzung finden.
    Mit offenen, fast schon aufgerissenen Augen starrte sie zur Decke hoch - und dachte daran, wie sie ihrem Vater geholfen hatte, sie zu weißeln. Wie lange war das her? überlegte sie. Zwei, allerhöchstens drei Monate. Eine feine Nase wie die ihre konnte sogar jetzt noch den Geruch der frischen Farbe wahrnehmen. Sie hatten eine Menge Spaß gehabt bei ihrer kleinen Zimmerrenovierung .
    Lilith lächelte. Nicht in der Erinnerung an die Aktion, sondern weil sie merkte, daß die falschen Gedanken ein weiteres Mal verwehten .
    Sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde, und wandte den Kopf. Kupferfarben leuchtete das Haar ihrer Mutter im Türspalt, ihr Lächeln empfand Lilith wie eine Woge von Wärme, doch der Ausdruck von Sorge in Creannas schönen Augen beunruhigte sie. Offenbar hatten ihre Eltern - oder zumindest ihre Mutter - die Angelegenheit nach ihrem Gespräch im Speisezimmer doch nicht so leicht abgetan, wie sie sich den Anschein gegeben hatten.
    »Hast du geschlafen, mein Mädchen?« fragte Creanna.
    »Nein«, sagte Lilith und fügte in Gedanken hinzu: Ich werde mich hüten ...!
    »Geht es dir besser?«
    Lilith nickte lächelnd. »Ja, alles in Ordnung, Mutter.«
    Creanna trat nun ganz ins Zimmer und wies mit einem Lächeln, aus dem die Sorge um ihre Tochter zu verschwinden begann, zum Fenster hin. Dahinter tauchte die Sonne die Welt in warme Goldtöne.
    »Du solltest einen so schönen Tag nicht als Stubenhockerin zubringen«, meinte Creanna. »Warum unternimmst du nicht etwas, hm? Geh doch rüber zu deiner Freundin Marsha .«
    Lilith sah ihre Mutter verwundert, beinahe schon entsetzt an.
    »Was redest du da, Mutter? Marsha ist doch tot ...!«
    * »Was?«
    Creanna starrte ihre Tochter an wie einen Geist - gelinde ausgedrückt. Was Lilith tatsächlich im bestürzten Blick ihrer Mutter sah, kündete von etwas anderem: vom Zweifel, den sie an der geistigen Unversehrtheit ihrer Tochter hegte.
    Die wenigen Sekunden, in denen Lilith durch das kurze Gespräch mit ihrer Mutter abgelenkt gewesen war, hatte dem, was sie als »die Macht des Traumes« bezeichnete, genügt, um ihr Denken ein weiteres Mal zu durchsetzen, zu vergiften. Aber, und Lilith erkannte es mit sprunghaft wachsendem Entsetzen, es war im Grunde noch schlimmer: Denn so wie sie sich beim Aufwachen heute morgen des Todes ihrer Eltern gewiß gewesen war, wußte sie nun auch, daß Marsha, ihre beste Freundin von frühester Kindheit an, gestorben war, denn .
    ... sie selbst war ja dabei gewesen!
    Als
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