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Die zweite Wirklichkeit

Die zweite Wirklichkeit

Titel: Die zweite Wirklichkeit
Autoren: Vampira VA
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Geschehenes machen wollte.
    An etwas, das in einem anderen Leben geschehen war. In einem Leben, das in einer anderen Welt stattfand.
    In einer Welt, die von anderen Wesen aus dem Verborgenen beherrscht und regiert wurde. Nicht von Menschen. Sondern von ...
    ... Vampiren!
    Ein Splitter aus arktischer Kälte senkte sich in Liliths Herz!
    Der Blick in den Spiegel über der Frisierkommode weckte neues Entsetzen in ihr. Weil ihr Ebenbild darin ebensogut das einer anderen sein konnte! Allein das wogende Schwarz des Haares ließ erahnen, daß sie es war, die sich darin spiegelte. Alles andere war verschwommen, durchscheinend, als betrachtete man sich in der Oberfläche eines Teiches, dessen Wasser nicht ganz still stand.
    Sie besaß kein Spiegelbild! So wie die Vampire!
    Lilith schrie auf, spitz, aber nicht sehr laut, weil sie den Schrei erstickte, indem sie hastig die Schneidezähne in ihre Unterlippe grub. So fest, daß eine schimmernde Perle aus der kleinen Wunde quoll. Lilith strich mit dem Finger darüber - und erschrak von neuem. Denn der Tropfen war nicht blutrot, sondern von der Farbe eines Rubins; viel dunkler, als menschliches Blut es war. Dunkler, als es immer gewesen war - vor diesem Traum .
    Eine Täuschung! Lilith klammerte sich an den Gedanken, daß dies alles nicht mehr war als ein Streich ihrer Phantasie, die der Traum in einen kochenden Pfuhl verwandelt hatte, in dem Widersinniges neben Unmöglichem brodelte.
    Dennoch vermied sie es, ein weiteres Mal zum Spiegel auch nur hinzusehen, geschweige denn hinein, als sie fast fluchtartig aus ihrem Zimmer lief und die Tür hinter sich förmlich ins Schloß riß.
    »Nicht darüber nachdenken«, mahnte Lilith sich mit halb erhobenen Händen, während sie langsam ein paar Schritte den düsteren Korridor im Obergeschoß des Hauses hinablief. »Einfach nichts denken, an gar nichts.«
    Doch das war einfacher gesagt denn getan. Zumal es mit einemmal merkwürdig ruhig um sie her war - als wäre sie nicht länger Teil dieser Wirklichkeit. Die Stille war von sonderbar absoluter Art.
    Totenstille?
    Lilith schluckte hart, lauschte angespannt und mit angehaltenem Atem.
    Kein Klappern von Geschirr oder sonst irgendein Geräusch drang von unten herauf. Die Stimmen ihrer Eltern, die sie im Bett liegend noch leise vernommen und jetzt doch eigentlich viel lauter hätte hören müssen, waren verstummt. Oder waren sie nie wirklich dagewesen? Weil ihre Eltern am Ende doch tot ...?
    Lilith straffte sich - nicht halb so energisch, wie sie es sich zur Festigung ihrer Selbstsicherheit gewünscht hätte - und lief weiter den Flur hinab. Licht gelangte nur durch ein nicht sonderlich großes Buntglasfenster am Ende des Korridors in diesen Teil des großen Hauses. Die verschieden farbigen Teile ergaben ein sinnverwirrendes Muster, dessen Bedeutung sich Lilith nie erschlossen hatte.
    Heute morgen jedoch fiel ihr etwas daran auf, dem sie nie besondere Beachtung geschenkt hatte - Rot war darin die vorherrschende Farbe, in verschiedenen Schattierungen, doch nur eines davon war so dunkel wie ihr eigenes Blut .
    Sie schaffte es, das Frösteln zu unterdrücken, kaum daß es in ihrem Nacken begonnen hatte.
    »Verdammt«, zischte sie, »was ist nur mit mir los?«
    Nicht mir dir, meldete sich jene tonlose und doch so boshafte Stimme zwischen ihren Gedanken wieder. Die Frage muß heißen: Was ist mit deiner Umgebung los - mit deiner Welt, deiner Wirklichkeit?
    »Halt die Klappe!« fauchte Lilith, beseelt von einer Art Wut, die allein Jugendliche zu empfinden in der Lage waren - wenn sie meinten, die Welt selbst hätte sich gegen sie verschworen .
    Sie erreichte die letzte Tür auf der rechten Flurseite, faßte nach der Klinke und zögerte noch einen winzigen Moment, ehe sie sie dann doch reichlich ungestüm aufriß.
    Das geräumige Zimmer dahinter war leer. Das breite Doppelbett mit dem (blut)roten Baldachin darüber schien unbenutzt ...
    Ein Anblick, wie Lilith ihn seit eh und je kannte.
    Wenn ihre Mutter die Betten machte und das Schlafzimmer am Morgen in Ordnung brachte, sah es hinterher stets aus wie auf einem Bild in einem Möbelhauskatalog.
    Sie schloß die Tür und ging zurück. Einen Augenblick lang wollte Lilith direkt zur Treppe und hinuntergehen, nur um wirkliche Gewißheit zu haben, daß tatsächlich alles in Ordnung war. Doch sie blieb eisern und tat es nicht, weil sie dem bösen Stimmchen damit nur in die Hände gespielt hätte - denn es hätte nur gezeigt, daß sie eben doch nicht
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