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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens
Autoren: Fay Juliette
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schlafen.«
    Morgan war nie eine gute Schläferin gewesen, nicht einmal im Mutterleib, und selbst jetzt schlief sie nur selten durch. Dunkelheit und Einsamkeit wirkten wie Appetithappen zu einem mehrgängigen Menü der Sorge – über eine Englischarbeit oder über die Frage, ob ihr Haar am nächsten Morgen richtig liegen würde oder ob Kimmi Kinnear sie hasste oder nicht. Schlaf war die Trumpfkarte, und Morgan hatte sie ausgespielt.
    »Also gut, dann schläft sie im Fernsehzimmer. Das bedeutet aber, dass ihr beide , du und Grady, im Keller fernsehen müsst. Ohne Streitereien. Verstehst du?« Dana biss sich auf die Daumenspitze. »Ich hoffe, sie fasst das nicht als Beleidigung auf.«
    »Beleidigung?«, schnaubte Morgan. »Sie ist sechzehn, Mom. Mit einer dummen Sechstklässlerin will sie ganz bestimmt nichts zu tun haben.«
    »Morgan, mein Schatz, du bist nicht …«
    »Ich weiß, ich weiß.« Morgan aß auf, was Grady von seinem Steak mit Pommes übrig gelassen hatte, wobei ihre Hand zwischen Teller und Lippen nur so hin- und herflog. »Das sagt man nur so.«
    »Dana«, sagte Alder, die auf der Ausziehcouch im Fernsehzimmer lag. Sie benutzte nie das formalere »Tante Dana«, so wie sie ihre Mutter auch nie »Mom« nannte. Connie fand die Begriffe für »Mutter« archaisch und einengend. Sie hatte Alder beigebracht, sie Connie zu nennen.
    »Ja, meine Süße.« Dana deckte Alder bis über die spitzen Schultern mit der kaugummirosa Fleecedecke zu.
    »Ich will auf keinen Fall zurück.«
    Dana seufzte. »Da sollte ich mich wohl lieber raushalten.«
    Alder schlug die Decke zurück und setzte sich auf. »Dana. Sie ist verrückt. Komm schon, das weißt du doch.«
    »Deine Mutter ist sehr intelligent und absolut … Sie kann schwierig und stur sein, aber sie ist deine Mutter, und sie liebt dich. Das zählt.«
    »Ich spreche nicht von Liebe . Ich spreche von dieser bescheuerten Schule, auf die sie mich geschickt hat. Das ist nicht mal eine richtige Kunstschule! Da geht’s nur um so Hippiezeug wie ›freie Meinungsäußerung‹ und so. Das hab ich ihr immer wieder gesagt, aber sie interessiert sich nur für den ›kreativen Flow‹, was immer das ist. Ich hab die Nase voll davon!« Verärgert schüttelte sie den Kopf. »Sie kapiert nicht, dass die Highschool langweilig und sinnlos sein muss . Und jetzt kann ich nicht mehr in meine langweilige, sinnlose Highschool zurück, weil ich das Trig-Girl mit der verrückten Mutter bin.«
    »Und du möchtest wirklich wieder auf eine ganz normale Highschool gehen?«
    Alder seufzte geduldig, so als erklärte sie einem begriffsstutzigen Kind die Regeln von Monopoly Junior. »Niemand hat so recht Bock darauf, Herrgott noch mal. Aber wenn man in Amerika aufwächst, gehören die vier Jahre Highschool einfach dazu – wie bei einem Kombi-Menü von McDonald’s. Vielleicht magst du die riesengroße Cola light ja gar nicht, aber sie ist einfach mit dabei. Sieh zu, was du damit machst.«
    Darüber dachte Dana nach, während sie die rosafarbene Fleecedecke glatt strich. Alder hatte einen ungewohnt scharfen Ton, den sie vor Kurzem an etwas Schartigem gewetzt haben musste. Das Mädchen war nie zynisch gewesen – im Gegenteil, Connie hatte ihr eingeflößt, dass ihr Schicksal unmittelbar von ihr selbst abhing; sich mit dem Status quo abzufinden, heiße aufzugeben. Da könne sie sich genauso gut eine Schürze umbinden und für den Rest ihres Lebens Törtchen backen. »Törtchenbäckerinnen« war Connies spöttische Bezeichnung für die Frauen, deren Leben sich um die Oboenstunden ihrer Kinder drehten, die ihre Termine an die Geschäftsreisen ihrer Ehemänner anpassten, sich im Elternbeirat engagierten und Hot Yoga im Fitnessclub betrieben. Frauen, die sich nicht so sehr von Dana unterschieden.
    Alders Niedergeschlagenheit machte Dana heimlich Sorgen. Es konnte alles Mögliche dahinterstecken – Rebellion gegen ihre Mutter, aber vielleicht auch irgendein Teenagerhormon, das eine Spritztour durch ihr Gehirn machte und sie aufforderte, irgendetwas Untypisches zu tun. Vielleicht, dachte Dana, war sie auch nur müde. Anders zu sein, sich ständig einen neuen Weg durch den Hindernisparcours der Pubertät zu bahnen, musste anstrengend sein. »Alder, Liebes«, sagte sie zögernd, »ist mit dir alles in Ordnung?«
    Alder blinzelte sie mit gespielter Verblüffung an. »Machst du dir Sorgen um mich, weil ich meine, ich sollte eigentlich in der Schule sein? Ist mit dir alles in Ordnung?« Ihre Frotzelei war
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