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Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
Autoren: Oliver Henkel
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erwies ihm den Gruß, der einem Magister gebührte. Andreas nickte schroff und stieg dann auf das Pferd, das der Diener aus dem Stall gebracht hatte. Der Bote, dem man offenbar die Dringlichkeit seines Auftrags eingeschärft hatte, trieb ungeduldig sein Pferd an, kaum dass Andreas im Sattel saß, und ritt voran durch das Tor zur Straße.
    Das Knallen der Hufe auf den nachtfeuchten Pflastersteinen hallte von den Häusermauern wider, während die beiden Reiter den schlafenden Distrikt Pagus Ianiculensis durcheilten. Während sie sich der Aemiliusbrücke näherten, dachte Andreas angestrengt nach, warum ihn Marcellus Sator zu dieser unchristlichen Zeit auf den Palatin zitieren mochte. Zweifellos gab es dafür gewichtige Gründe, aber welche? Eigentlich konnte es sich nur um Sorgen mit einem der Föderatenvölker des Imperiums handeln, doch das war kaum möglich. Solche Krisen in den Beziehungen zu den Föderaten entstanden nicht über Nacht, und in den vergangenen Monaten hatte es auch keine Entwicklungen gegeben, die dazu hätten führen können. Selbst die Ostgoten, die sich sonst ständig beklagten und Änderungen der Verträge wünschten, verhielten sich schon längere Zeit ruhig. Keine der Möglichkeiten, die Andreas in Gedanken durchging, erschien ihm hinreichend bedeutend, um den nüchternen Marcellus aufzuschrecken. Aber es musste eine Angelegenheit von größter Wichtigkeit sein, und das brachte Andreas plötzlich zu einer ganz neuen Frage: Welches Problem könnte Marcellus haben, dass er gerade ihn zwei Stunden vor Sonnenaufgang unverzüglich sehen wollte?
    Inzwischen hatten die Reiter den Tiber überquert und durchquerten den Distrikt Velabrum am Fuß des Hügels Palatin. Anstelle der höchstens zweistöckigen Peristylvillen wie sie in Andreas’ Viertel standen, säumten nun hohe insulae die Straße und vermittelten den Eindruck, man befinde sich in einer finsteren Schlucht. Auch die Fenster dieser Mietshäuser waren noch dunkel, aber die Straßen waren bereits belebt. Lastträger schleppten ihre schweren Bündel und Kisten, und die rumpelnden Karren der Fuhrleute bahnten sich dazwischen ihren Weg. Noch immer galt das uralte Gesetz des Gaius Julius Caesar, dass während der Tagesstunden die Straßen Roms für Fuhrwerke gesperrt waren, und daher wurden alle Geschäfte, Markthallen und Lagerhäuser der Stadt in der Nacht beliefert. Als sie das Forum Boarium erreichten, wurde es besonders schlimm, denn hier endete die Straße, die zum Emporium, dem Güterhafen Roms, führte. Unzählige der schwer beladenen, von Ochsen gezogenen Lastwagen stauten sich hier unter den Flüchen der Fuhrleute. Wer von ihnen nach Sonnenaufgang noch hier stand, würde eine Strafe von hundert denarii zu zahlen haben, und diese Gewissheit vergrößerte das Chaos nur noch, denn jeder versuchte, sich einen Weg durch das Gedränge zu erkämpfen, wobei sich die Karren manchmal mit den hohen Rädern verkeilten und dadurch den zähen Strom des Verkehrs völlig zum Stillstand brachten.
    Andreas und der Bote kamen dennoch einigermaßen rasch voran, denn die Uniform des Officiums ähnelte stark derjenigen der Polizeipräfektur. Alle Fuhrleute glaubten, einen Polizisten vor sich zu haben, der sich bereits seine Kandidaten suchte, bei denen er in zwei Stunden die Strafgelder kassieren würde. Niemand wollte ihn unnötig verärgern, und wohin der Bote kam, öffnete sich für ihn auf wundersame Weise eine Gasse zwischen den Karren, durch die ihm Andreas rasch folgte, ehe sie sich hinter ihm genauso schnell wieder schloss. Auf diese Weise erreichten sie schließlich die gewundene Straße, die den Palatin hinaufführte.
    In den Palästen auf dem Hügel hatten einst die Caesaren gelebt, aber diese Zeiten waren lange vorüber. Schon Rufus I. hatte es vorgezogen, innerhalb der sicheren Festungsmauern der Castra Praetoria Wohnung zu nehmen, und heute residierte der Imperator offiziell in einer Villa auf dem Ianiculum-Hügel vor den Toren der Stadt. Nun beherbergten die prunkvollen Bauten auf dem Palatin das Herz der Verwaltung des Weströmischen Reiches, hier befanden sich das Amt des Militärtribunen, die Finanzpräfektur und natürlich das Föderatenbüro, in dessen Diensten Andreas Sigurdius stand.
    Angesichts der Art und Weise, mit der er aus dem Bett gejagt worden war, hatte er erwartet, hier auf hektische Aktivität zu treffen. Doch das Domus Flavia, in dem das Officium Foederatii seinen Sitz hatte, lag als stiller dunkler Schatten vor dem sich
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