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Die Zeit des Boesen

Die Zeit des Boesen

Titel: Die Zeit des Boesen
Autoren: Vampira VA
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fast in der Weise emotionslos, wie die meisten seiner Worte klangen. Diese Gefühllosigkeit, so meinte Justus, mochte eine Art Selbstschutzmaßnahme Wenzels sein. In seinem Geschäft konnten Gefühle - nun, vielleicht nicht tödlich, zumindest aber doch zermür-bend sein. Vielleicht aber hatte das Geschäft, in dem er tätig war, seine Gefühle auch absterben lassen .
    »Das ist es«, antwortete Matthäus Wenzel. »Sie brächte vielen Menschen Unheil und Tod, wenn wir sie am Leben ließen. Überdies sehe ich ihre Hinrichtung als eine Erlösung ihrer Seele an.«
    »Aber«, erwiderte Justus, »hätte es nicht Sinn gemacht, sie einer Befragung zu unterziehen, bevor .«
    Wenzel winkte ab.
    »Es gibt nichts, das sie mir verraten könnte, was ich nicht schon wüßte.«
    »Ihr kennt ihre Art also?« fragte Justus verunsichert.
    »Schon lange«, erklärte Matthäus Wenzel. »Ich weiß um ihre Triebe, und es ist mir bekannt, daß sie diese Stadt und viele andere unterwandert haben. Wie Ratten beinahe. Wie sehr kluge Ratten allerdings.«
    »Aber ... muß man sie denn nicht ausmerzen? Ich meine.«
    »Würde man konzentriert gegen diese Vampire vorgehen, wäre es wie mit der Hydra aus der griechischen Sage«, erwiderte Matthäus Wenzel. »Man könnte einen Kopf abschlagen, und es würden drei neue nachwachsen. So würde die Gefahr nur größer, ihre Zahl wachsen. Sie würden vielleicht nicht mehr nur aus dem Verborgenen heraus zuschlagen, sondern offen angreifen und die Herrschaft anstreben. Und ich glaube nicht, daß man ihrer dann noch Herr werden könnte.«
    »So begnügt Ihr Euch gewissermaßen mit Warnungen«, mutmaßte Justus.
    Wenzel nickte. »Ja. Ab und an locke ich einen der ihren in eine Falle, so wie wir es mit diesem Weib getan haben, und statuiere ein Exempel. Immer dann, wenn ihre Umtriebe auszuufern drohen. Das genügt meist, um sie in ihre Schranken zu verweisen. Für eine Weile jedenfalls. Bis zum nächsten Mal eben .«
    Sie erreichten eine Gegend, die nicht mehr Teil Dresdens zu sein schien. Alt und heruntergekommen, verlassen von jeglichem Leben schien alles um sie her. Nur für den Tod war dies der rechte Ort, und er wartete bereits hier, unsichtbar, aber doch nicht zu leugnen.
    Dies war nicht der Ort, an dem Hinrichtungen sonst vollzogen wurden. Hierher kamen keine Schaulustigen, um sich am Tode Verurteilter zu ergötzen. Was hier getan wurde, geschah heimlich und unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Denn es hätte gehörig für Unruhe im Volke gesorgt, wenn bekannt geworden wäre, welche Art von Wesen die hier Hingerichteten waren .
    So war hier im blutigen Licht des jungen Tages auch nur eine Handvoll Personen versammelt. Wenzel kannte sie freilich allesamt, nickte ihnen wortlos zu. Justus fühlte sich unbehaglich unter ihren fragenden Blicken. Niemand schien zu verstehen, weshalb Wenzel ihn mitgebracht hatte; die meisten schienen die Gegenwart des Jungen sogar zu mißbilligen.
    Einer sprach es offen aus. »Haltet Ihr es für klug ...?« Sein Blick ging von Wenzel hin zu Justus und vollendete seine Bemerkung ohne Worte.
    »Das tue ich«, nickte Matthäus Wenzel. »Sonst wäre Justus nicht hier.«
    »Wie Ihr meint«, sagte der andere.
    »So meine ich es.«
    Auf Wenzels Aufforderung hin traten sie an ein ohne große Sorgfalt zusammengenageltes Podest heran.
    Justus schluckte heftig, als ihr Blick ihn von dort oben traf. Alle anderen schien sie zu ignorieren, nur ihn zu sehen. Er hätte Haß darin in ihren Augen erwartet, Verachtung - doch nichts von alledem fand er in den tiefgrünen Augen, deren Glanz alsbald verloschen sein sollte. Nur - Schmerz und ein Flehen, das ihn tief rührte und .
    »Spürst du es?«
    Wenzel sprach den jungen Mann an, ohne ihm den Blick zuzuwenden. Aber er lächelte, bitter und müde.
    Justus sah fast erschrocken zu ihm hin. Der seltsame Bann brach.
    »Ja«, nickte er, »ich habe es gespürt.«
    »Sie versucht dich zu betören. Und sie wird es so lange versuchen, bis ...«, den Rest des Satzes ließ Matthäus Wenzel unausgesprochen.
    Dennoch sah Justus wieder zu der Vampirin hin, über die drohend ein dunkler Schatten fiel. Der Schatten eines Mannes, dessen Gesicht eine lederne Kapuze verhüllte und der beide Fäuste auf eine schwere Axt gestützt hatte. Augenblicklich nahm er es wieder wahr, diese tieftraurige Empfinden, das von ihr in ihn strömte, lautlos und gefährlich wie Gift. Doch diesmal ging er dagegen an. Auch wenn es ihm nur leidlich gelang, sich dagegen zu wehren
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