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Die Wunderheilerin

Die Wunderheilerin

Titel: Die Wunderheilerin
Autoren: Ines Thorn
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die Nachbarinnen fragen, die Boten von der Zunft Nachrichten wollen und die Krämer auf dem Markt erneut fragen. Nach Florenz ist er gegangen, um Juwelen zu kaufen. Oder besser noch: Er ist nach Florenz gegangen, um Susanne zu ihrem Bräutigam zu bringen. Das ist gut, dann habe ich eine Begründung für die Abwesenheit der beiden und kann selbst allmählich in den Alltag zurückfinden. Susanne hat einen Juwelenhändler zur Messe kennen gelernt. Einen Witwer, der viel älter ist, aber ein sorgenfreies Leben zu bieten hat. David begleitet sie, verheiratet sie. So haben die Leute nichts zu schwatzen, und ich kann an seiner Stelle die Werkstatt weiterführen. Wenigstens für eine Weile noch.»
    «Aber das werden sie Euch nicht glauben», warf der Priester ein. «Die Nachbarn wissen mehr, als Ihr glaubt. Eine Hochzeit und eine solche Reise erfordern Vorbereitungen, die nicht unbemerkt bleiben. Die Händler kennen sich untereinander. Bald schon wird man Euch fragen, wer der glückliche Bräutigam ist. Was wollt Ihr dann sagen?»
    Eva zuckte mit den Schultern. «Ich weiß es nicht, Johann. Aber die Wahrheit muss verborgen bleiben. Wem wäre gedient, wenn ich sagen würde, wie es wirklich war? Dass David sich zum Herrn über Leben und Tod aufgeschwungen hat und sich größer und klüger dünkte als alle Ratsherren zusammen? Dass er gemordet hat? Zuerst dasBademädchen in Frankfurt, dann den Ratsherrn und Kaufmann Andreas Mattstedt. Und am Ende ich. Erschlagen hätte mich David wie einen Hund.»
    Johann schüttelte entschlossen den Kopf. «Ihr müsst die Wahrheit sagen, Eva. Eure Lügen werden über kurz oder lang ans Licht kommen. Sagt, wie es war. Schlimmer als jetzt kann es nicht mehr werden.»
    «Ich soll den Leuten erzählen, dass David mich töten wollte und danach mit meiner Schwester durchgebrannt ist? Sagen soll ich, dass ich eine Verlassene bin, eine, die es nicht verstanden hat, ihren Mann zu halten?»
    «Seit wann schert Euch das Gerede der Leute?»
    Eva zuckte die Schultern und sah über Johann von Schleußig hinweg an die Wand. «Es ist schwer, stark zu sein, wenn man allein ist», sagte sie leise. «Ich habe nur wenige Freunde hier in der Stadt und ertrage es nicht, nun noch mit Hohn und Spott überschüttet zu werden. Ich bin schwanger, Johann.»
    «Ihr seid schwanger von ihm?»
    Johann von Schleußig blickte verstohlen auf ihren Leib.
    Sie nickte und warf den Kopf trotzig in den Nacken. «Was ist dabei? Er ist mein Ehemann. Mein Kind ist ehrlich gezeugt.»
    Johann von Schleußig verzog das Gesicht. «Was redet Ihr da, Eva? Das wird Euch auch nicht helfen, wenn die Wahrheit herauskommt. Ihr braucht einen Beschützer. Ihr müsst zur Ruhe kommen. Die letzte Zeit war sehr schwierig und anstrengend für Euch. Allein werdet Ihr nicht bestehen können – vergesst nicht, Ihr seid eine Frau», mahnte der Priester.
    «Ihr sagt das? Ausgerechnet Ihr, der Ihr immer gepredigthabt, dass ein jeder selbst seines Glückes Schmied sei, dass eine Frau ebenso viel wert sei wie ein Mann?» Evas Wut färbte ihre Wangen rot.
    Johann von Schleußig senkte den Kopf. Sie hat Recht, dachte er. Es sind meine Worte. Aber ich möchte sie schützen. Sie braucht jemanden, der ihr beisteht.
    «Ich sorge mich um Euch. Könnt Ihr das nicht verstehen?»
    Evas Züge wurden weich. «Es ist freundlich gedacht von Euch. Ihr wart mir immer ein guter Freund, ein Helfer in der größten Not. Ich habe Euch so sehr gebraucht, als David noch da war. David hat   …»
    «David, immer wieder David.» Johann von Schleußig konnte diesen Namen nicht mehr hören. «Er sitzt Euch in den Knochen wie ein immer währender Schnupfen. Er trübt Euch den Blick, macht das Ohr taub und den Kopf schwer. Ihr werdet Mutter, Eva. Allein schafft Ihr das nicht», setzte er erbost nach. Dann erschrak er über seine eigenen Worte. Er konnte nicht mehr ganz bei Trost sein.
    Evas Gesicht hatte sich verdunkelt. Sie stieß sich mit den Händen vom Tisch ab, als brauche sie Schwung, und stand auf. Dann trat sie vor ihn, streckte ihre Hände nach ihm aus.
    «Johann, Ihr wisst, wie lieb und teuer Ihr mir seid. Ja, Ihr seid mir lieber, als ich möchte, lieber, als für einen Priester gut ist. Ihr wisst es doch. Warum zwingt Ihr mich, es auszusprechen?»
    Sie lachte schrill auf, was Johann von Schleußig an das Krächzen einer Krähe erinnerte.
    «Die Sitzengelassene und der Priester», fuhr sie fort, «ein schönes Gespann sind wir.»
    «Auch ein Priester kann nicht allein von
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