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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin
Autoren: Heidi Rehn
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den Kameraden zu folgen. Stattdessen begann er, die Strohhalme aus Magdalenas roten Locken zu zupfen. Es war bereits die zweite Nacht, die sie gemeinsam auf dem Heuboden verbrachten. Noch immer bekam er nicht genug von ihr, wie seine gierigen Küsse bewiesen. »Vergiss doch endlich die Franzosen! Auch wenn sie letztens ehrenvoll mit Pauken und Trompeten aus Freiburg abgezogen sind, sind sie vorerst geschlagen. Unser tapferer Mercy jagt ihnen viel zu viel Angst ein. Solange er mit seinen Truppen hier ist, trauen die sich nicht wieder zurück. Der Bau von neuen Schanzen hat also noch viel Zeit. Unterdessen sollten wir uns lieber Wichtigerem widmen.« Damit wollte er sie von neuem sanft, aber entschieden ins Heu ziehen.
    »Du redest, als wärst du immer schon einer von uns gewesen.« Magdalena widersetzte sich erfolgreich seinem Begehren und betrachtete nachdenklich den Geliebten. Das sanfte Licht der Morgendämmerung hob die Konturen seines wohlgestalteten Körpers hervor. Selbst im Sitzen war Eric sehr groß. Die meisten Männer des Regiments überragte er um einige Handbreit. Sein muskulöser, sonnengebräunter Oberkörper zeugte von der harten Arbeit, die er als Zimmermannsgeselle zu verrichten hatte. Die feingliedrigen Hände mit den langen, grazilen Fingern verrieten, dass er eigentlich nicht zu dieser Arbeit geboren worden war. Auch das Profil seines Gesichts wies edle Züge auf. Hell flimmerte der Bartflaum auf Kinn und Wangen. Wenn er lächelte, so wie im Moment, gruben sich auf beiden Seiten des Mundes zarte Grübchen ein. Ebenmäßig blitzten die weißen Zähne zwischen den Lippen hervor. Schweren Herzens unterdrückte Magdalena den Wunsch, ihn abermals zu umarmen. Ihre kleinen, apfelgleichen Brüste dürsteten nach der Berührung mit seiner warmen Haut, vorwitzig reckten sich die Brustwarzen hervor. Gewiss aber war es besser, sie ließen es für dieses Mal bewenden. Die Aufbruchsstimmung unten im Hof wurde dringlicher. Bedauernd sprang sie auf, schlüpfte in das leinene Mieder, knöpfte es zu und streifte sich den Rock über. Abschließend fuhr sie mit den schlanken Fingern durch das gelockte, offen fallende Haar. Dabei verharrte der Blick ihrer smaragdgrünen Augen weiterhin auf Eric. Sie liebte ihn, wie sie noch nie einen Menschen geliebt hatte. Seit ihrer ersten Begegnung, nachdem er seine Familie bei der Magdeburger Hochzeit verloren und sie aus den Trümmern der brennenden Stadt gerettet hatte, zog er im kurfürstlich bayerischen Heerestross mit. Jahrelang hatten sie sich aus den Augen verloren, bis sie sich erst in diesem Frühjahr wiedergefunden und rettungslos ineinander verliebt hatten. Seither teilten sie jede freie Minute miteinander. Keiner konnte ahnen, wie viel Zeit ihnen vergönnt war. Umso wichtiger war es, dass sie jeden Augenblick miteinander auskosteten. Längst hatte sie das Gefühl, jedes einzelne Haar seines Körpers zu kennen, jeden Gedanken in seinem Kopf erraten zu können, bevor er ihm selbst überhaupt bewusst wurde. Und dennoch spürte sie, dass etwas an ihm ihr fremd blieb, trotz aller Liebe und Vertrautheit nicht so recht in ihr Leben im Tross passen wollte.
    »Du täuschst dich gewaltig.« Zärtlich strich sie ihm über die glattrasierte Wange. »Vater meint, die Franzmänner warten nur auf Verstärkung aus dem Hinterland. Sobald die eintrifft, schlagen sie von neuem los. Immerhin liegt Turenne kaum zwei Meilen von hier auf dem Batzenberg mit zehntausend Mann bereit. So schnell geben die Franzosen Freiburg nicht auf, noch dazu, wenn auch der Weimarer an ihrer Seite gegen uns mit von der Partie sein will.«
    »Wenn dein Vater das sagt, wird es schon stimmen, meine kleine geliebte Söldnerin. Dann ist es erst recht höchste Zeit, dass wir zuvor noch unsere privaten Angelegenheiten regeln. Wer weiß, wie viel Zeit uns bleibt.« Lächelnd kniff er sie in die Wange und küsste sie erneut leidenschaftlich auf den Mund. »Tut mir leid, dass ich vergessen habe, wie sehr dir als Soldatentochter das Verständnis für die kriegerischen Ränke im Blut liegt. Ich dagegen bleibe wohl für immer der unbelehrbare Kaufmannssohn, der nie verstanden hat, was da gespielt wird. Wahrscheinlich bin ich dir ganz und gar verfallen, weil mir einzig die Liebe zu dir noch das Überleben garantiert.«
    Ehe sie sich versah, hatte er ihr den Rock hochgeschoben, das Mieder geöffnet und das unterbrochene Liebesspiel wieder aufgenommen. Dabei störte ihn die Unruhe im Hof nicht im Geringsten, auch das
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