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Die Werwolfbraut (German Edition)

Die Werwolfbraut (German Edition)

Titel: Die Werwolfbraut (German Edition)
Autoren: Earl Warren
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grundsätzlich jungfräulich in die Ehe gehen, oder sie galt als entehrt, und der Bräutigam konnte sie verstoßen. In dieser ländlichen Gegend hatte sich manches erhalten wie vor hundert und mehr Jahren. In den Großstädten wieder sah es anders aus.
    Während sie munter redeten und sich wohlig über den Werwolf-Marchese gruselten, hatten die drei nicht bemerkt, dass die Sonne immer tiefer sank. Es war allzu lauschig und schön an der Quelle. Endlich einmal konnte man ausspannen und sich ein wenig ausruhen und zerstreuen. Annunciata bemerkte als erste, dass die Schatten zwischen den Bäumen immer dunkler und länger wurden. Die Vogel- und Tierstimmen wurden seltener.
    Die Natur schickte sich zur Ruhe für die Tagtiere an. Annunciata sprang hoch.
    »Auf mit euch, ihr faulen Hühner. Es dämmert schon, und wir haben unsere Körbe noch nicht einmal halb voll mit Beeren. Ich werde geschimpft, wenn ich mit einem halbvollen Korb zu meinen Eltern komme.«
    Den andern ging es genauso. Rasch trockneten sie sich die Füße ab und liefen barfuß in den Wald. Das waren sie so gewöhnt. Eilig sammelten sie Brombeeren, Himbeeren und Heidelbeeren. Doch so sehr sie sich auch beeilten, die Körbe wollten und wollten nicht voll werden. Endlich, als schon der Vollmond silbern am Himmel stand, hatten sie ihre Beeren gesammelt.
    »Das gibt ein Heidentheater, wenn wir so spät nach Hause kommen«, sagte Rosanna. Es war September und noch sehr heiß in der Gegend. Die Tage waren noch lang. »Doch immer noch besser, als nur halbverrichteter Dinge zurückzukehren.«
    »Wir sagen einfach, wir hätten solange gebraucht, um die Beeren zu sammeln«, schlug Rita vor. »Heuer würden sie spärlich wachsen.«
    »Das ist eine Lüge«, wandte die fromme Annunciata ein.
    »Na und?«, fragte Rita. »Willst du dich ausschimpfen lassen? Außerdem ist spärlich eine Frage der Auslegung. Auf einem Haufen zusammen wachsen die Beeren nun wirklich nicht.«
    »Wenn du es so siehst...«
    Die kräftigen, braungebrannten Mädchen in ihren einfachen bunten Sommerkleidern gingen den Pfad durch den Wald entlang. Unheimlich war es. Die Nacht und das Mondlicht veränderten alles. Silbrig strahlte der Vollmond wie eine Laterne und entfaltete seine magische Kraft, die auch grob strukturierte Gemüter anrührte. Tiefschwarz waren die Schatten. Es raschelte im Gebüsch. Hinter den Bäumen schienen die Schatten zu leben und sich zu bewegen.
    Die Werwolfgeschichten, die sie sich erzählt hatten, hatten die Mädchen in eine ängstliche Stimmung versetzt. Ein großer Unterschied war es, sich zu Hause in der sicheren Stube im Haus von einem Werwolf zu erzählen. Oder in einer Vollmondnacht allein im Wald unterwegs zu sein, nachdem das geschehen war.
    Annunciata umklammerte das silberne Kreuzchen an ihrem Hals. Rosanna betete flüsternd zur Mutter Gottes. Selbst die kecke Rita murmelte Beschwörungen, die noch aus der Zeit Etrusker stammten und böse Geister bannen sollten.
    Plötzlich knackte es hinter den Dreien. Sie zuckten zusammen und stellten sich nahe beieinander.
    »Was war das?«
    Sie wagten nicht, laut zu reden.
    »Ein Reh vielleicht«, flüsterte Rosanna.
    Schuhu, erklang es schaurig. Eine Eule öffnete auf einem Zweig sitzend die glühenden Augen und flog über die drei Mädchen weg. Rosanna erschrak so, dass sie ihren Korb mit den Beeren fallen ließ. Sie rollten über den Pfad und ins Moos.
    »Das ist nur eine Eule«, sagte Rita. »Ihr seid vielleicht Angsthasen.«
    »Mein Gott, heilige Jungfrau Maria!« Rosanna griff sich an die Brust. »Ich habe fast einen Herzschlag erlitten. – Was fange ich jetzt nur an? In der Dunkelheit kann ich die Beeren nicht aufsammeln. Ich fürchte mich auch viel zu sehr, um im Wald zu bleiben. – Annunciata, bitte, sei eine gute Freundin und gib mir deinen Korb. Deine Eltern werden nicht so sehr mit dir schimpfen, wenn du mit leeren Händen nach Hause kommst.«
    »Ich? Wie komme ich denn dazu?«, fragte Annunciata empört. »Du hast nicht aufgepasst. Warum soll ich es ausbaden?«
    Die drei einigten sich schließlich, dass Annunciata und Rita Rosanna beide etwas aus ihren Körben abgaben, so dass alle den Korb zu gleichen Teilen gefüllt hatten. Schließlich waren sie Freundinnen. Wenn, würde jede die gleiche Strafe treffen. Sie hatten sich alle drei verplaudert und waren schuld, dass es so spät geworden war.
    Eng beieinander gingen sie weiter und spähten nach rechts und nach links. Es knackte und raschelte unheimlich im
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